Jetzt gibts mehr Geld für Asbestopfer
Die Industrie knausert – deshalb ist der Fonds für die Entschädigung von Asbestopfern in finanzieller Schieflage. Das hat das Parlament nun korrigiert.
Veröffentlicht am 4. Juni 2025 - 17:35 Uhr
Asbest ist zwar seit 1989 verboten, lauert aber noch überall.
Sie ist ein typisch schweizerischer Kompromiss: die Stiftung Entschädigungsfonds für Asbestopfer (EFA). Firmen aus dem Bau- und Transportgewerbe zahlen freiwillig in den Fonds ein. Mit dem Geld entschädigt die Stiftung Opfer von asbestbedingten Erkrankungen – respektive deren Angehörige. Das allerdings nur, wenn sie im Gegenzug darauf verzichten, juristisch gegen die Verursacherfirmen vorzugehen.
Das Problem: Die Industrie macht nicht gut genug mit. Die Unternehmen knausern, das machte der Beobachter bereits 2019 publik, zwei Jahre nachdem die Stiftung ihre Arbeit aufgenommen hatte. Seither vergrösserten sich die finanziellen Lücken weiter.
Neu auch mit Suva-Geldern
Gegensteuer gab im letzten Herbst der Bundesrat. Er beantragte eine Änderung des Unfallversicherungsgesetzes (UVG): Künftig soll auch die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt Suva Geld in den Fonds einschiessen können, der die Asbestopfer und ihre Familien unterstützt. In der Frühjahrssession stimmte der Nationalrat der Gesetzesänderung zu, nun winkte auch der Ständerat das Geschäft durch – sehr deutlich mit 34 zu 1 Stimmen.
Ob und in welchem Umfang sich die Suva finanziell beteiligt, entscheidet der Suva-Rat, das oberste Führungsgremium. Gemäss dem neuen Artikel im UVG dürfen dafür nur die Gewinne aus der Versicherung gegen Berufsunfälle und -krankheiten eingesetzt werden – um Prämienerhöhungen vorzubeugen.
«Ein Schritt zur langfristigen Finanzierung»
Die Erleichterung ist gross bei den Verantwortlichen des Entschädigungsfonds. «Der Beschluss des Parlaments ist ein entscheidend wichtiger Schritt zur langfristigen Finanzierung», sagt Urs Berger, Präsident des Stiftungsrats. Zuletzt waren die Unterstützungsanfragen von Asbestopfern rückläufig. Deshalb gehe es jetzt darum, die Angebote der Stiftung bekannter zu machen. «Das können wir aber erst tun, wenn die Finanzierung vollständig gesichert ist. Da sind wir nun auf einem guten Weg.»
Seit 2017 sind insgesamt 340 Gesuche bei der Stiftung eingegangen, rund 140 Personen wurden entschädigt. Die Summe der Unterstützungsleistungen beläuft sich auf gut 14 Millionen Franken.
Erkrankungen werden erst spät sichtbar
Asbest als Baustoff wurde in der Schweiz 1989 verboten. Doch es kann Jahrzehnte dauern, bis die durch das Einatmen von Asbestfasern verursachten Erkrankungen sichtbar werden. Deshalb erkranken bis heute rund 120 Personen pro Jahr an bösartigen Mesotheliomen, einem Krebs des Brust- und Bauchfells.
Nicht alle von ihnen haben Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung. Er besteht nur, wenn sie den gefährlichen Fasern beruflich ausgesetzt waren. Die Stiftung EFA wurde für die Menschen geschaffen, die durch die Maschen fallen.
«Pragmatische Lösung»
Martin Hablützel, Präsident des Vereins für Asbestopfer und Angehörige (VAO), geht davon aus, dass bei etwa 50 Asbest-Todesfällen jährlich eine berufliche Exposition nicht nachgewiesen werden kann. «Diese Personen sind finanziell schlecht abgedeckt, doch sie sollen ähnlich gestellt werden wie solche, die beruflich mit Asbest zu tun hatten.» Schliesslich hänge es stark vom Zufall ab, wer krank wird und wer nicht. «Im Prinzip kann es jeden von uns treffen.»
Entsprechend erfreut ist der Zürcher Schadenanwalt darüber, dass nun die nötigen Geldmittel gesichert sind, damit die Stiftung ihren Zweck weiterhin erfüllen kann. «Opfer und deren Angehörige erhalten rasche finanzielle Hilfe vom EFA. Der Fonds ist eine gutschweizerische, pragmatische Lösung, die unzählige Prozesse verhindert.»
- Stiftung EFA: Anträge für Entschädigungen
- Stiftung EFA: Tätigkeitsbericht 2024
- Bundesamt für Gesundheit: Medienmitteilung zur Unterstützung des Entschädigungsfonds durch die Suva
- Bundesblatt: Botschaft zur Finanzierung der Stiftung Entschädigungsfonds für Asbestopfer