«Gott sieht alles und wird die Juden in naher Zukunft noch härter bestrafen als zuletzt im 2. Weltkrieg.» Dieser antisemitische Kommentar stand letzten November in der Kommentarspalte eines «Tages-Anzeiger»-Artikels. Er blieb über zehn Stunden lang online.

Und er war nicht der einzige: In einem weiteren Kommentar der Leserschaft wurde der Holocaust offen geleugnet, und es wurde behauptet, die während des NS-Regimes ermordeten Jüdinnen und Juden hätten lediglich «sechsmillionenfach ihre Namen geändert».

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Das berichtet der Verein Fairmedia, der sich für die Interessen von Medienopfern einsetzt. Er konnte Meldungen der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) einsehen und stiess dabei auch auf Online-Hassrede in den Kommentarspalten von Schweizer Medien.

Potenziell strafbare Kommentare

Es sei bekannt, dass auf Social-Media-Plattformen häufig Hasskommentare kursieren, schreibt Fairmedia. «Doch dass in Leserkommentaren von Schweizer Onlinemedien rassistische und potenziell strafbare Äusserungen erscheinen, erstaunt doch sehr.»

Nicht nur antisemitische Inhalte haben aufgrund des Nahostkonflikts zugenommen. 2024 gab es sogar mehr antimuslimische Inhalte als antisemitische.

Und nicht nur das erstaunt: Gemäss den Meldungen der EKR haben nicht nur antisemitische Inhalte aufgrund des Nahostkonflikts zugenommen. 2024 gab es sogar mehr antimuslimische Inhalte als antisemitische. 

Insgesamt gingen bei der Behörde 2024 302 Meldungen wegen Online-Hassrede ein. Im Vorjahr waren es noch 191. Das entspricht einer Zunahme von rund 58 Prozent. Dieses Jahr waren es bis im Juli bereits 464 neue Fälle. 

Zur Kritik von Fairmedia, man habe Leserkommentare «mit klar antisemitischem Inhalt» veröffentlicht, schreibt der «Tages-Anzeiger»: Alle Kommentare würden manuell von Mitarbeitenden geprüft. Dennoch könnten Fehler nicht ausgeschlossen werden. «Nicht jeder problematische Kommentar wird immer erkannt, auch wenn unsere internen Richtlinien klare Ausschlusskriterien definieren – etwa für rassistische, antisemitische oder anderweitig diskriminierende Inhalte.»

Was hilft gegen Hass im Netz?

Doch ab wann sind Kommentare überhaupt problematisch? Und was gilt für Medienhäuser? Wie der Beobachter bereits früher berichtete, schützt die Meinungsfreiheit in der Schweiz zwar auch provokante oder schockierende Aussagen – strafbar wird es jedoch, wenn Menschen wegen Religion, Herkunft oder Hautfarbe als minderwertig dargestellt oder zur Gewalt gegen sie aufgerufen werde. 

Das Gesetz regelt: Wer online Hassrede postet, riskiert bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe – auch ein Like oder das Teilen solcher Inhalte kann rechtliche Folgen haben. Betroffene sollen Beweise sichern – etwa durch Screenshots – und rassistische Kommentare der Polizei oder Beratungsstellen melden. Auch die EKR leitet Meldungen an die Staatsanwaltschaften weiter, wenn sie Kommentare wie etwa die eingangs zitierten als strafrechtlich relevant einschätzt.

Quellen