Zürcherin bombardiert das Bundesgericht mit 15 Beschwerden
Jahrelang deckte eine Frau ihre Nachbarschaft mit Klagen ein. Ihr Feldzug endete erst in Lausanne: Das Gericht schmetterte gleich fünf ihrer Fälle ab.

Veröffentlicht am 30. Dezember 2025 - 16:54 Uhr

Ruhige Nachbarschaft? Nicht wenn sich eine Stockwerkeigentümerin als Querulantin entpuppt (Symbolbild).
Der Name der Frau ist ihm bestens bekannt. Mit ihr hat Grégory Bovey in seiner Funktion als Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung mehr zu tun als mit den meisten Menschen, die sich ans Bundesgericht wenden. Wir aber wollen sie hier Vrenelore Chrattenbühler nennen, weil der Name nichts zur Sache tut.
Zu wissen braucht man nur: Die Dame aus dem Kanton Zürich gehört zu den unangenehmsten Arten von Nachbarinnen, die man haben kann. Und sie heizt den Schweizer Gerichten gehörig ein, auch dem obersten.
Die Frau lebt in einem Mehrfamilienhaus mit acht Stockwerkeinheiten im Kanton Zürich. Die Probleme begannen 2017 noch relativ harmlos. Frau Chrattenbühler bezahlte ihre Rechnungen für die Nebenkosten nicht. Und auch in den Erneuerungsfonds der Stockwerkeigentümergemeinschaft floss von ihr kein Geld mehr. Jahrelang. Bis sie ihren Nachbarn schliesslich fast 30’000 Franken schuldig war.
Absurde Vorwürfe an die anderen Stockwerkeigentümer
Ende 2019 hatte sich die Stimmung im Haus derart aufgeheizt, dass einer der Nachbarn eine Kamera im Treppenhaus installierte. Doch die war plötzlich weg. Der Nachbar verdächtigte Frau Chrattenbühler, die Kamera entfernt zu haben, und forderte Schadenersatz. Und als sie nicht zahlte, betrieb er sie auf 133 Franken.
Zwei Jahre später standen alle Nachbarn auf Kriegsfuss mit Vrenelore Chrattenbühler. Es fand eine ordentliche Versammlung der Stockwerkeigentümer statt, Beschlüsse wurden gefasst. Aber: Die Unliebsame focht die Entscheide gerichtlich an und wollte sie samt und sonders für nichtig erklären lassen. Sie seien «gravierend widerrechtlich», ja «unmoralisch», schrieb sie in ihrer Klage.
Doch damit nicht genug. Frau Chrattenbühler behauptete sogar, verschiedene Mitglieder der Stockwerkeigentümergemeinschaft seien gar nicht Stockwerkeigentümer und hätten deshalb keine Stimme abgeben dürfen. Sie verlangte Strafanzeigen gegen verschiedene Personen wegen Urkundenfälschung im Zusammenhang mit dem Protokoll – auch wenn ein Gericht dafür definitiv die falsche Adresse ist.
Seitenlange Beschwerden – aber wenig Substanz
Doch mit alldem kam Frau Chrattenbühler nicht weiter. Darum blies sie zum Angriff gegen eine neue Adresse: die Verwaltung. Chrattenbühler forderte, dass der zuständige Verwalter abberufen wird. Schliesslich kam es 2022 zur Eskalation vor den kantonalen Gerichtsinstanzen. Zuerst zog sie das Gesuch um Absetzung des Verwalters zurück, nur um es am nächsten Tag neu zu stellen. Sie focht Kostenauflagen an, verweigerte die Zahlung für die Sanierung, zog die Klage gegen die Versammlungsbeschlüsse weiter.
Im Januar 2025 kam es schliesslich zum Finale vor dem Bundesgericht. 15 Beschwerden gleichzeitig reichte Frau Chrattenbühler ein. Mitte Dezember erledigte Präsident Grégory Bovey gleich fünf auf einen Schlag. Allein die Beschwerde wegen der Kamera umfasst 38 Seiten. Bovey fand darin allerdings «keine konzisen Verfassungsrügen», wie es in der Juristensprache heisst.
Man könnte auch sagen: Was die Frau geschrieben hat, ist zwar langatmig und ausschweifend – aber nicht überzeugend. Und so beginnen alle fünf Urteile mit dem gleichen Satz. «Die Beschwerdeführerin ficht notorisch alle Verfügungen und Urteile sämtlicher Instanzen an.» Auf keinen der Fälle tritt das Bundesgericht ein. Allesamt gehen zurück an die Absenderin.
9000 Franken Gerichtskosten
Damit ist die Sache vorerst erledigt. Allerdings ist es ein teures Hobby, Bundesrichter zu beschäftigen. Insgesamt fallen für die fünf Entscheide 9000 Franken Gerichtskosten an. Für die Nachbarn ist der Sieg in Lausanne wohl ohnehin nur eine Atempause.
Was also tun in solchen Fällen? Das Beobachter-Beratungszentrum rät, jeden Vorfall penibel zu dokumentieren, anstatt die Contenance zu verlieren – denn Emotionen sind das Futter jedes Querulanten. Weitere Strategien finden Sie hier:
- Bundesgerichtsurteil 5A_532/2024
- Bundesgerichtsurteil 5A_789/2024
- Bundesgerichtsurteil 5D_3/2025
- Bundesgerichtsurteil 5D_53/2024
- Bundesgerichtsurteil 5D_54/2024





