«Schauen Sie mal, ich habe gerade einen leichten, kabellosen Handstaubsauger mit Akkubetrieb gekauft, damit ich die Treppe bequemer putzen kann», präsentiert Günter Vock strahlend seine Neuanschaffung.

Der 82-Jährige freut sich, dass er eine Lösung gefunden hat, die ihm das Saugen der Stufen seines Hauses am Stadtrand von Winterthur erleichtert.

Vock ist ein Vorzeigehausmann. Der Witwer putzt das ganze Haus noch selbst, und er kümmert sich um seinen Garten. Den Gemüseanbau hat er allerdings zugunsten einiger pflegeleichter Blütenstauden reduziert. «Ich jäte hie und da ein bisschen Unkraut, mähe den Rasen und reinige bei Bedarf die Gartenplatten mit einem Hochdruckreiniger.» Er wolle keinen perfekten Garten, sondern einfach eine kleine Wohlfühloase ums Haus herum.

Staubsaugen und Treppensteigen

Mit der täglichen Arbeit tut Vock sich und seiner Gesundheit auch Gutes: «Hausarbeit hat einen nicht zu unterschätzenden Trainingseffekt für Kraft, Ausdauer und Gleichgewicht», sagt Cornelia Haag, diplomierte Physiotherapeutin bei Reha ambulant in Frauenfeld. Durch regelmässige Bewegung könne zudem die Leistungsfähigkeit erhalten und der Muskelabbau verlangsamt werden.

«Wichtig ist vor allem, dass man sich bewegt und je nach individueller ­körperlicher Verfassung erkennt, was zum Fitness­erhalt beitragen könnte.»

Cornelia Haag, diplomierte Physiotherapeutin

Wie viel Zeit ältere Menschen pro Tag im Haushalt tätig sein sollen, lässt sich nicht sagen. Zum einen fehlen entsprechende Studien, zum anderen hängt das vom individuellen Gesundheitszustand ab. Klar ist aber: Überfordern sollte man sich nicht.

Wenn beim Staubsaugen aber der Puls etwas höher geht und man ins Schwitzen kommt, sei das durchaus förderlich, sagt Cornelia Haag. «Wichtig ist vor allem, dass man sich bewegt und je nach individueller körperlicher Verfassung erkennt, was zum Fitnesserhalt beitragen könnte.»

Sie empfiehlt deshalb auch regelmässiges Treppensteigen: «Das ist gut für die Beinkraft und das Herz-Kreislauf-System.» Vock steigt täglich mehrmals die Treppen hinauf und hinunter. Auch sonst fühlt er sich im Haus sehr wohl, denn die Hausarbeit macht ihm auch Spass: «Ich putze und koche gern.» Täglich bereitet er sich eine warme Mahlzeit zu. Nur das Abwaschen mag er nicht. Früher war das anders: Als junger Familienvater habe er gemeinsam mit der Frau oder den Kindern nach dem Essen jeweils den Abwasch gemacht, sagt Vock. «Da hatten wir immer gute Gespräche.»

Das Tanzbein schwingen

Vock macht praktisch jeden Tag etwas im Haushalt, «mal hier, mal da, was ich halt gerade sehe». Er kennt aber auch seine Grenzen: Damit er nicht zu viel sehe, sagt er verschmitzt, verlasse er oft das Haus. Um einzukaufen oder Freunde zu treffen, fährt er mit dem Velo. Selten, etwa bei Schneefall oder bei starkem Regen, nimmt er den Bus.

Seit kurzem hat er auch ein Elektrovelo, das er für längere Fahrten einsetzt, denn sein Asthma hat im Alter zugenommen. Der gelernte Buchdrucker leidet an COPD, einer chronischen Lungenerkrankung, die er sich aufgrund der Farbdämpfe in der Druckerei zugezogen hat.

Neben dem täglichen Training durch die Hausarbeit können Seniorinnen und Senioren ergänzend auch in einem Fitnesscenter gezielt an Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit oder am Gleichgewicht arbeiten. «Der Vorteil ist, dass dort individuell auf die eigenen Ziele eingegangen wird», sagt Physiotherapeutin Haag. Dass gezielte Bewegung neben der Hausarbeit Sinn ergibt, ist auch Günter Vock bewusst.

Dreimal in der Woche geht er zum Krafttraining, und freitagnachmittags, an der Tanzveranstaltung für Seniorinnen und Senioren, fegt er praktisch pausenlos übers Parkett.

Wichtig ist für Vock neben der körperlichen auch die geistige Gesundheit. Gesellige Anlässe wie den wöchentlichen Mittagstisch der Kirchgemeinde schätzt der Witwer deshalb sehr. Freundschaften pflegt er ganz bewusst. «Sonst vereinsamt man.» Wenn immer möglich, telefoniert er täglich um 17 Uhr mit seinen beiden Schwestern oder hilft betagten Nachbarinnen beim Einkauf. Solange es geht, möchte er in seinem Haus wohnen bleiben. Dafür hält er sich fit.

So bleiben Sie möglichst lange selbständig

Oft führt eine falsche Körperhaltung oder eine schwache Muskulatur zu Schmerzen. Mit regelmässiger Bewegung kann die Leistungsfähigkeit selbst bei Erkrankungen oder Beeinträchtigungen erhalten und der Muskelabbau verlangsamt werden. «Schmerzt eine bestimmte Bewegung längere Zeit, sollte man sich aber von einer Fachperson beraten lassen», sagt Physiotherapeutin Cornelia Haag. Konkret empfiehlt sie:

  • Hausarbeit möglichst selbst erledigen, wenn nötig unterteilt in Portionen.
  • Treppensteigen statt Lift fahren.
  • Regelmässig über unterschiedlich beschaffenes Gelände (Kopfsteinpflaster, Naturwege, Waldboden) spazieren gehen. Das trainiert Gleichgewicht und Koordination.

Ein wichtiges Thema ist, Unfälle zu Hause zu vermeiden. «Essenziell ist, potenzielle Unfallauslöser zu minimieren, denn ein Sturz hat mit zunehmendem Alter gravierende Folgen», sagt Felix Bohn, Fachberater für altersgerechtes Bauen und Wohnen in Zürich. Die Empfehlungen:

  • Schwellen oder Stufen, über die man stolpern könnte, entfernen. Sonst mit leuchtendem Band kennzeichnen.
  • Auf eine gute Beleuchtung achten, auch im Treppenhaus und im Korridor.
  • Rutschhemmende Matten in der Badewanne, Handläufe und feste Griffe im Bad und im Treppenhaus anbringen.
  • Badewanne wenn möglich durch eine Dusche mit ebenerdigem Einstieg ersetzen.
  • Unterschiedliche, kontrastreiche Farben für Bodenbeläge, Wände, Möbel und Haushaltsgeräte verwenden (bessere Erkennbarkeit bei schlechtem Licht und bei Augenerkrankungen).
  • Sofa mit festem Polster und höhenverstellbaren Füssen sowie, wenn möglich, eine höhenverstellbare Toilette anschaffen und beides auf eine bequeme Sitzhöhe einstellen.
  • Bei Bedarf Hilfsmittel für Haushaltsgeräte zulegen (Beratung im Sanitätsgeschäft, bei Pro Senectute oder in der Ergotherapie; Beratungen für Wohnungsanpassungen bei den kantonalen Beratungsstellen für hindernisfreies Bauen).
  • Um Unfälle zu vermeiden, sollte man keine Leitern benutzen. Zum Fensterputzen ist eine Teleskopstange besser.

Merkblätter, Checklisten, Artikel und praktische Tipps zum Wohnen im Alter: www.wohnenimalter.ch