Es ist ein hübsches Buch, das ich in den Händen halte. Und es ist meins. Ich habe es geschrieben. Habe mit meinem Co-Autor durchgebissen und getüftelt, Unzähliges verworfen und ab und zu frohlockt. Was ich nicht getan habe: es gefeiert.

Warum genau, weiss ich nicht. Ich weiss einzig, dass ich diesbezüglich eine Wiederholungstäterin bin. Diplome, begehrte Jobs, coole Wohnungen, etliche Geburtstage und drei weitere Bücher sind an mir vorbeigezogen, ohne so richtig gewürdigt zu werden. Nur schon diese Dinge aufzuzählen, kommt mir übrigens schräg vor.

Ein kleiner Trost ist, dass ich mit diesem Manko nicht allein dastehe. Erstaunlich viele Leute in meinem privaten und beruflichen Umfeld haben eine Feierhemmung eingebaut. Höchste Zeit also, ein paar der Gründe dafür zu beleuchten.

Buchtipp
Ja Nein Jein – Leichter entscheiden mit der Solo-Kongress-Methode
Buchcover Ja Nein Jein

Viele Feierfaule stolpern über ein ausgeprägtes Leistungs-Mindset. Also die Grundhaltung, dass es normal und selbstverständlich ist, besonders gut sein zu müssen und sich zu beweisen. Menschen dieses Typs suchen und finden oft früh eine Nische, in der sie glänzen können. Nicht selten, um ihre Bezugspersonen zu beeindrucken, aber auch, weil sich Erfolg gut anfühlt. Dass er dadurch zur Selbstverständlichkeit werden kann, ist vielen nicht bewusst. Erfolg wird zu einer Art Sucht, die antreibt, aber immer weniger beglückt.

Andere Erfolgshaderer leiden am sogenannten Impostor-Syndrom, also dem Hochstapler-Syndrom. Sie überzeugt, dass ihre Leistungen eigentlich nur Zufälle sind und dass sie irgendwann auffliegen und als Blender entlarvt werden. Feiern passt da einfach nicht.

Manchmal geht eine Feierhemmung auch weniger tief. Feiern braucht Zeit und Energie. So blockiert eher ein geschäftiger Alltag oder die Vorstellung, dass Feiern von allein passieren müsste, eine nette Sause.

«Machen Sie sich bewusst, was Sie gerade geleistet haben.»

Caroline Fux, Psychologin

Ein weiterer Stolperstein ist fehlende Wertschätzung für die Leistung. Erfolge werden reflexartig oder fein säuberlich seziert und klein gemacht, bis es gefühlt keinen Grund mehr zum Feiern gibt.

«Feiern zu können, ist eine Kompetenz»

Die gute Nachricht: Feiern kann man lernen. Ein erster wichtiger Schritt ist, sich der Gründe für die eigene Feierhemmung bewusst zu werden. Denn je genauer man weiss, was einen vom Feiern abhält, desto gezielter kann man intervenieren.

Tipps:

  • Das Feiern priorisieren. Machen Sie sich bewusst, dass gelebte Wertschätzung nicht von allein passiert. Erklären Sie es zu Ihrer expliziten Aufgabe, Erfolg zu würdigen. Vielleicht wird so Ihre Leistungsmotivation gekitzelt, und Sie können auf diese Weise die andere Seite des zweischneidigen Leistungsschwerts nutzen.
  • Reflektieren Sie Ihren Erfolg. Machen Sie sich bewusst, was Sie gerade geleistet haben. Die Chance ist gross, dass Sie etwas auf die Beine gestellt haben, das nicht selbstverständlich ist.
  • Spannen Sie Freunde ein. Feiermuffel profitieren von sozialer Verpflichtung. Wenn Sie Freundinnen und Familie einweihen, sind Sie der Aktion stärker verpflichtet und können um Unterstützung bitten.
  • Lernen Sie von Feierprofis. Gucken Sie sich ab, wie kompetente Feiernde ihre Erfolge würdigen. Fragen Sie um Rat und kopieren Sie, was Ihnen gefällt.
  • Definieren Sie eine Belohnung. Überlegen Sie, was Sie sich gern gönnen würden. Wenn Sie Ihren Erfolg mit einer Erinnerung verknüpfen, wird er umso reicher.

Üben Sie – und zwar oft. Fangen Sie an, kleine Dinge zu feiern. Ganz bewusst auch solche, die Sie nicht feierwürdig finden. Feiern zu können, ist eine Kompetenz, und Kompetenzen wollen aufgebaut und trainiert werden.

Der Beobachter-Gesundheits-Newsletter. Wissen, was dem Körper guttut.

Lesenswerte Gesundheitsartikel mit einem wöchentlichen Fokusthema. Jeden Montag.

Jetzt gratis abonnieren