Wer umweltbewusst, ansatzweise tierfreundlich und ein bisschen gesünder einkaufen will, kauft Bio. Sofern das Portemonnaie es zulässt.

Ein Bio-Ei kostet bei Migros fast 40 Prozent mehr als konventionelles. Der Preisunterschied zwischen Bio-Kartoffeln und herkömmlichen beträgt bei Coop 75,6 Prozent. Ein Warenkorb mit Bio-Lebensmitteln ist bei Coop doppelt so teuer. Bei Migros, Lidl und Aldi beträgt der Preisaufschlag mindestens anderthalbmal so viel. Das zeigt ein Preisvergleich des Beobachters.

Irgendeiner in der Futterkette verdient sich offensichtlich eine goldene Nase.

Mathias Binswanger, Wirtschaftsprofessor an der Fachhochschule Nordwestschweiz hat sie identifiziert: Migros und Coop. Die beiden grössten Schweizer Detailhändler beherrschen den Markt mit Bio-Produkten zu drei Vierteln und halten damit eine marktbeherrschende und -diktierende Stellung inne.

Binswangers Analyse zeigt zudem auf, wie wenig die Bauern für ihre Erzeugnisse erhalten. Die Detailhändler schlagen bei Bio-Produkten bis zu 700 Prozent auf. Das ist noch dreister als bei den Pharmakonzernen, die laut einer Beobachter-Recherche Margen von bis zu 400 Prozent anstreben.

Insgesamt, schätzt Binswanger, bezahlten wir im letzten Jahr rund 100 Millionen Franken zu viel für Bio-Produkte, würde man Margen ansetzen, die nicht mehr als 20 Prozent über jenen von konventionellen Produkten liegen.

Binswangers Untersuchung bestätigt Preisüberwacher Stefan Meierhans, der sich bereits Anfang Jahr zur Causa Bio gemeldet hatte. Er ging Meldungen zu möglicherweise missbräuchlichen Preisen bei Bio-Lebensmitteln nach. Das Ergebnis: In vier von fünf Fällen verkaufen Coop und Migros Bio-Produkte mit einem deutlich grösseren Aufschlag als vergleichbare konventionelle Produkte.

Der Anreiz, auf Bio umzustellen, fehlt

Von Preistreiberei wollen Coop und Migros nichts wissen: Sie würden keine höheren Margen mit Bio-Produkten erzielen – den Beweis bleiben sie schuldig.

Leidtragende sind neben den Konsumenten auch die Bio-Produzenten. Coop und Migros würden, so Binswanger, ihre Marktmacht gegenüber den Bauern ausspielen. Der Preisdruck auf die Produzenten sei so hoch, dass sie kaum ihre Produktionskosten decken können. Der Anreiz für Bauernbetriebe, auf Bio umzustellen, fehlt somit.

Womit wir beim dritten Leidtragenden sind: der Umwelt. Je länger konventionell produziert wird, desto schlechter für die Natur. Wie der Preisüberwacher fordert auch Binswanger, dass biologisch produzierte Waren nicht mehr als 20 Prozent teurer verkauft werden dürfen.

Zu hohe Preise machen renitent

Ich persönlich drehe den goldenen Nasen eine lange und kaufe Bio nur sporadisch. Eier beziehe ich bei meinem Nachbarn, der Hühner hält. Die Eier sind nicht bio. Dafür war ich schon im Stall und weiss, wie gut es den Tieren geht. Das ist mir wichtiger als das Bio-Label, das ich nicht kontrollieren kann.

Ich wäre bereit, mehr Geld für Bio-Ware auszugeben, aber wenn die Lebensmittel in der Bio-Version zwischen 57 und 100 Prozent teurer sind als normale Ware, werde ich renitent.

So dürfte es nicht nur mir gehen. In den letzten fünf Jahren ist der Umsatzanteil an Bio-Lebensmitteln am Schweizer Lebensmittelmarkt laut «Biobarometer» des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (Fibl) um 22,5 Prozent gewachsen. Mittlerweile liegt er bei 11,2 Prozent und beläuft sich auf 3,278 Milliarden Franken.

Das könnte deutlich mehr sein, wenn die Preise tiefer wären. Die Detailhändler werden – das liegt in der Natur der Sache – keine Einsicht zeigen. Gefordert ist die Politik, denn das heutige Kartellgesetz sieht weder Preis- noch Margenkontrollen vor.