Auch in der Schweiz schuften viele für einen Hungerlohn
Die Inhaberin eines Beautysalons wurde verurteilt, weil sie Stundenlöhne von unter vier Franken bezahlte. Generell sind Arbeitnehmende beim Lohn schlecht geschützt.
Veröffentlicht am 27. August 2025 - 17:06 Uhr
Bereits 2013 protestierten Arbeitnehmerinnen vor einer Metro-Filiale für faire Löhne.
In Basel kassierte die Inhaberin eines Beautysalons einen Strafbefehl. Sie hatte zwei ihrer Angestellten einen Stundenlohn von lediglich Fr. 3.64 beziehungsweise Fr. 3.45 bezahlt. Weil sie damit gegen das Mindestlohngesetz verstiess, wurde sie mit einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 100 Franken und einer Busse von 12’000 Franken bestraft. Laut Gesetz wäre ein Stundenlohn von mindestens Fr. 23.92 geschuldet gewesen (Stand 2025).
«Dieser skandalöse Fall zeigt, wie wichtig verbindliche Mindestlöhne im Gesetz und in Gesamtarbeitsverträgen sind», sagt Natalie Imboden, Mediensprecherin der Gewerkschaft Unia.
In den meisten Kantonen wäre dies nicht strafbar gewesen
Gesetzlich verankerte Mindestlöhne gibt es allerdings nur in fünf Kantonen: in Genf, Neuenburg, Basel-Stadt, im Jura und im Tessin. Hätte die 40-Jährige ihren Beautysalon also beispielsweise in Bern oder in St. Gallen betrieben, hätte sie nichts befürchten müssen.
Bleiben noch Gesamtarbeitsverträge (GAV), die verbindliche Lohnvorschriften vorsehen können. Denn das Obligationenrecht sagt nichts dazu. GAV sind Arbeitsbedingungen, die Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen – also Gewerkschaften und Verbände – für einzelne Branchen ausgehandelt haben. Wenn der Bundesrat sie dann für allgemeinverbindlich erklärt, gelten sie für alle Arbeitgeberinnen und Arbeitnehmenden dieser Branche.
Im Detailhandel gibt es besonders tiefe Löhne
Für viele Branchen gibt es allerdings gar keinen gesamtschweizerischen GAV. Auch nicht für den Detailhandel – mit 300’000 Beschäftigten die grösste Branche in der Schweiz. Dort bleibt der Lohn Verhandlungssache. Theoretisch zumindest, denn in der Praxis müssen Arbeitnehmende oft einfach das nehmen, was ihnen die Arbeitgeberin anbietet.
So liegt dem Beobachter ein Arbeitsvertrag der Kleiderkette Metro vor. Eine in einer Berner Filiale als Modeberaterin tätige Frau verdient dort bei einem 80-Prozent-Pensum 3045 Franken brutto. Auf 100 Prozent macht dies 3800 Franken vor allen Sozialabgaben und ohne einen 13. Monatslohn. Neben Miete und Krankenkasse dürfte da nicht mehr viel zum Leben bleiben. Und: Der Lohn liegt deutlich unter den 4500 Franken, den die Unia im Detailhandel für Ungelernte als Mindestlohn fordert.
Für Gewerkschaftssprecherin Natalie Imboden ist klar: «Es braucht Löhne, von denen man leben und Rechnungen bezahlen kann, ohne Sozialhilfe beantragen zu müssen.»
Die Metro Boutiques AG hält fest, dass man sich konsequent an die gesetzlichen Rahmenbedingungen halten würde. Die Löhne würden regelmässig mit den branchenüblichen Standards im Detailhandel verglichen, und faire Arbeitsbedingungen hätten im Unternehmen einen hohen Stellenwert.
Mindestlohngesetz Kanton Basel-Stadt: § 3 Höhe des Mindestlohnes