Günstige Medikamente aus dem Ausland bleiben tabu
Eine Motion sah vor, dass Kassenpatienten Medikamente im Ausland kaufen dürfen. Das hätte die Gesundheitskosten gesenkt. Doch der Ständerat hat das Vorhaben gebodigt.
Veröffentlicht am 19. September 2025 - 13:38 Uhr
«Wenn es die Möglichkeit zum Sparen gibt, sollte man diese auch nutzen»: FDP-Nationalrat Marcel Dobler
Mit 23 zu 19 Stimmen hat der Ständerat eine Motion von FDP-Nationalrat Marcel Dobler abgelehnt – gegen den Willen des Nationalrats und des Bundesrats. Der Vorstoss ist damit vom Tisch. Er hätte den Krankenversicherten ermöglicht, von den teilweise drastisch tieferen Medikamentenpreisen in Nachbarländern zu profitieren.
Grosse Preisunterschiede
Die Preisunterschiede sind vor allem bei Generika und Biosimilars markant: Im Ausland sind Generika um rund die Hälfte günstiger (45 Prozent). Biotechnologisch hergestellte Nachahmerprodukte – sogenannte Biosimilars – kosten etwa 30 Prozent weniger.
SP-Nationalrat Baptiste Hurni brachte es im Ständeratssaal auf den Punkt: «Das ist typisch für die Debatte über das Gesundheitssystem. Immer wenn ein Vorschlag kommt, der die Kosten etwas senken könnte, wird er sofort kritisiert, und man sucht alle möglichen Fehler daran.»
Gegner warnten vor Fälschungen
Die Gegner der Motion um Kommissionssprecher und SVP-Nationalrat Hannes Germann hatten vor allem mit dem sogenannten Territorialitätsprinzip argumentiert. Dieses besagt, dass Versicherte grundsätzlich nur für Behandlungen, die in der Schweiz erbracht werden, Anspruch auf Kostenübernahme haben.
Gemäss der Kommission sichere dieses Prinzip den Patientenschutz, weil alle Medikamente, die in der Schweiz verkauft werden dürfen, von Swissmedic sorgfältig kontrolliert würden. Swissmedic überwache den Markt und senke so das Risiko für Fälschungen. Ganz grundsätzlich stärke das Prinzip den Wirtschaftsstandort Schweiz.
«Warum sollte ein chronisch Kranker schlechtergestellt werden als ein Tourist mit Magenverstimmung?»
Flavia Wasserfallen, SP-Ständerätin
SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen erinnerte als Befürworterin daran, dass die Motion explizit vorsehe, dass nur Länder mit gleichwertiger Arzneimittelkontrolle in Frage kommen. «Deutschland und Frankreich verfügen über ebenso strenge Zulassungsverfahren wie die Schweiz», so Wasserfallen.
Zudem gebe es bereits heute Ausnahmen für Notfälle im Ausland. «Warum sollte ein chronisch Kranker schlechtergestellt werden als ein Tourist mit Magenverstimmung?»
Unterstützung von Bundesrätin Baume-Schneider
Unterstützung erhielt Wasserfallen von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider. Es sei davon auszugehen, dass nur wenige Versicherte von der neuen Möglichkeit Gebrauch machen werden. Für die heimischen Apotheken stelle die Motion keine Gefahr dar.
Zudem seien die Bedingungen sehr präzise. Das Medikament müsse in der Schweiz zugelassen sein, von einer in der Schweiz zugelassenen Ärztin oder einem Arzt verschrieben werden, und es müsse im Ausland zu einem niedrigeren Preis erhältlich sein. Doch auch diese Argumente verfingen nicht. Die kleine Kammer blieb bei der Ablehnung.
«Die Pharmalobby war offensichtlich wieder einmal stärker.»
Marcel Dobler, Motionär und FDP-Nationalrat
Motionär Marcel Dobler reagierte mit Unverständnis auf den Entscheid. Er habe den Vorstoss ganz bewusst sehr zurückhaltend formuliert, sagte er zum Beobachter. Der Kauf im Internet beispielsweise wäre nach wie vor nicht vergütet worden.
Der Entscheid führe zur Marktabschottung und zementiere die Hochpreisinsel Schweiz. «Wenn es die Möglichkeit zum Sparen gibt, sollte man diese auch nutzen. Nur so bekommen wir die Gesundheitskosten in den Griff. Aber die Pharmalobby war offensichtlich wieder einmal stärker.»
Der Beobachter-Prämienticker
Der Prämienticker schaut Lobbyisten und Profiteuren des Gesundheitswesens auf die Finger, deckt Missstände auf und sammelt Erfahrungen von Patienten, die unnötige Ausgaben vermeiden konnten.
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