Auf Instagram lächelt Barbara Carollo ein älteres Paar aus Zermatt entgegen: Es kündigt an, dass es seinen Laden «Zermatt Stil» auflöst und den Lagerbestand verkauft. «Die verlinkte Website sieht edel aus», denkt Carollo noch, «und das alles nur für einen Lagerverkauf.»

Die Walliserin bestellt drei Sommerkleider und bezahlt 115 Franken. Die Ware kommt, gefällt ihr aber nicht: «Schlechte Qualität.» Sie fragt per Mail nach der Adresse, um die Ware zurückzuschicken. 

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«Unverschämt!»

Barbara Carollo, Kundin von «Zermatt Stil»

Die Antwort kommt sofort in makellosem Deutsch. Gerne dürfe sie die Waren retournieren – an eine Adresse in China. Jetzt merkt Carollo, dass sie getäuscht wurde: von wegen ein Paar aus Zermatt.

«Es ist unverschämt, dass ich die Ware nach China zurückschicken soll», schreibt sie zurück. «Wir verstehen das vollkommen», antwortet der Shop, «wir erstatten 30 Prozent, wenn Sie die Ware behalten.» 

Unterirdische 1,4 Sterne

Carollo ist nicht als Einzige reingefallen. Auf Trustpilot bekommt «Zermatt Stil» in 36 Bewertungen unterirdische 1,4 Sterne. Eine Kundin schreibt: «Billigste Ware aus China, die man nicht anziehen kann und die schrecklich stinkt.» 

Solche Droppshipping-Stores gibt es unzählige. Einer hat sogar den Namen geklaut von der stellvertretenden Beobachter-Chefredaktorin und -Blattmacherin: Lena Berger. Er steht auf der Liste der unseriösen Shops, die der Konsumentenschutz führt. 

Diese Online-Shops sind reine Zwischenhändler. Sobald jemand etwas bestellt, bestellen sie die Ware bei einem Billiganbieter, etwa bei AliExpress, Wish, Shein oder DHgate. Und lassen die Ware direkt an die Kunden schicken. So sparen sich Shops die Lagerkosten und können die Preisdifferenz kassieren.

Checkliste: Droppshipping-Stores

Zurückschicken? Fehlanzeige

Obwohl die Shops mit einem Rückgaberecht werben, können es Kunden nicht wahrnehmen. Wenn sie falsch gelieferte und kaputte Ware zurückgeben wollen, müssen sie zuerst einmal eine Adresse finden.

Falls es eine gibt, ist sie meistens in China. Die Portokosten von rund 50 Franken sind verlorenes Geld: Wenn das Paket nicht schon am Zoll hängen bleibt, wird es in China wahrscheinlich nie abgeholt. Den Kaufpreis gibt es nicht zurück. 

Der Konsumentenschutz hat 17 solcher Dropshipping-Shops abgemahnt. Neun Shops haben reagiert: azoo.ch oder lora-zurich.ch etwa haben die Seite vom Netz genommen, babyjeta.ch oder silentnite.ch haben das Impressum angepasst. 

Betreiberinnen können bestraft werden mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe.

Shop-Betreiber verletzen Schweizer Recht

Acht Shop-Betreiber haben nicht reagiert – darunter aureliusmode.ch oder elegantum.ch. Gegen sie hat der Konsumentenschutz Klage eingereicht beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).

Sie haben alle kein Impressum, behaupten teilweise, ein Schweizer Shop zu sein, oder werben mit falschen Rabatten oder falschen Bewertungen. Das alles verstösst gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), und die Betreiberinnen können bestraft werden mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe.

«Domain name not found»

«Zermatt Stil» ist noch nicht auf der Liste des Konsumentenschutzes – das wird Barbara Carollo nun ändern, indem sie den Shop dem Konsumentenschutz meldet (siehe Meldeformular in den Quellen). Sonst kann sie nichts machen, das Geld ist verloren, und die Kleider wird sie entsorgen. 

Und was sagt das sympathische ältere Ehepaar, das angeblich hinter der Firma steht, zu all dem? Nichts – die Anfrage an die Mailadresse info@zermattstil.ch, die im Impressum steht, kam als unzustellbar wieder zurück. 

Quellen