Zehn T-Shirts gibt es für Fr. 26.–, Jeans für Fr. 9.–, vermeintliche Nike-Sneaker für Fr. 6.50: Fashion-Angebote auf Billigplattformen wie Temu und Co. unterbieten günstige Modeketten wie C&A oder H&M deutlich. Sie tragen damit dazu bei, dass die Anzahl entsorgter Kleidung explodiert

Diese ist oft von so schlechter Qualität, dass sie nicht mal rezykliert oder secondhand verkauft werden kann. Die Recycling-Firma Tell-Tex warnte zuletzt im «Tages-Anzeiger», dass ihr Geschäftsmodell so nicht mehr aufgehe. Die Zahl der weggeworfenen Kleider steige rapide, die Lager der Sammelwerke seien schon seit Januar voll. 

Partnerinhalte
 
 
 
 

Strafgebühr für schlechte Produkte

Das Problem besteht nicht nur in der Schweiz. Die Billiganbieter liefern weltweit. Frankreich will nun hart gegen Wegwerfmode vorgehen. Die französische Regierung plant ein Anti-Fast-Fashion-Gesetz. Der französische Senat sprach sich mit überwältigender Mehrheit dafür aus. 

«Ein Billig-T-Shirt könnte durch die Einführung des Fonds ein bis zwei Franken teurer werden.»

David Hachfeld, Public Eye

Dieses sieht vor, dass Plattformen wie Temu oder Aliexpress bis zu fünf Euro pro Kleidungsstück zahlen sollen, wenn dieses schlecht produziert ist und weggeworfen werden muss. 

Bis zu zehn Euro Strafe

Bewertet werden soll dies mit einem Öko-Score, der Konsumentinnen anzeigen soll, wie hoch die Umweltbelastung eines Kleidungsstücks ist – von der Produktion bis zur Entsorgung. Hat ein Produkt eine schlechte Bewertung, soll der Anbieter den Strafzuschlag zahlen. Bis 2030 kann dieser auf bis zu zehn Euro steigen – aber maximal nur 50 Prozent des Verkaufspreises betragen. 

Zudem sollen Ultra-Fast-Fashion-Anbieter künftig in Frankreich nicht mehr werben dürfen – weder über klassische Kanäle noch über Social Media.

Offene Fragen zur Kontrolle 

Wie realistisch es ist, dies umzusetzen, bleibt offen. Denn für die Bewertung mit dem Score müsste jedes Produkt von Anfang bis Ende zurückverfolgt werden. Das gestaltet sich häufig schwierig.

Textilanbieter aus der EU sollen vom Gesetz nicht betroffen sein, sondern nur Anbieter ausserhalb Europas. H&M, Zara oder Primark würden also nicht bestraft. Diese produzieren teilweise allerdings in denselben Fabriken wie die chinesischen Anbieter. Das Gesetz wird im September weiterverhandelt. Danach muss die EU-Kommission prüfen, ob dieses mit europäischem Recht vereinbar ist. 

Kleidung soll teurer werden

In der Schweiz wählt man beim Umgang mit Fast Fashion andere Wege. So will die NGO Public Eye einen Modefonds lancieren, in den Kleiderhersteller für jedes neue Kleidungsstück einzahlen sollen. Wer nachhaltiger produziert, kommt günstiger weg – so die Idee. Für Stücke aus schlechter Qualität, die sich kaum mehr rezyklieren lassen, soll mehr berappt werden. 

Mit dem Fonds will Public Eye auch günstigere Reparaturen, Secondhand-Angebote und Recycling fördern. «Ein Billig-T-Shirt könnte durch die Einführung des Fonds ein bis zwei Franken teurer werden», sagte David Hachfeld von Public Eye dem «Tages-Anzeiger». 

«Recycling allein genügt nicht, wenn der Fast-Fashion-Konsum ungebremst bleibt.»

Chantal Sempach, Konsumentenschutz

Der Verein Fabric Loop erarbeitet mit dem Branchenverband Swiss Textiles ebenfalls ein Modell mit einem einheitlichen Recyclingsystem. Darin ist ein vorgezogener Recyclingbeitrag geplant, den die Produzenten von Fast Fashion zahlen sollen. Dieser dürfte sich pro T-Shirt zwischen 5 und 15 Rappen bewegen. 

«Recycling allein genügt nicht»

Ein Recyclingbeitrag auf Kleidung könne zwar sinnvoll sein, aber nur in Kombination mit einem Modefonds, der gezielt nachhaltigen Konsum fördert, sagt Chantal Sempach, Leiterin Nachhaltigkeit, Energie und Mobilität beim Konsumentenschutz zum Beobachter. «Recycling allein genügt nicht, wenn der Fast-Fashion-Konsum ungebremst bleibt – zumal viele Billigprodukte aufgrund minderwertiger Materialien und Verarbeitung kaum rezyklierbar sind.»

Ein Anti-Fast-Fashion-Gesetz wie jenes in Frankreich wäre auch in der Schweiz wünschenswert, sagt Sempach. Aufgrund unserer politischen und wirtschaftlichen Strukturen sowie der Mehrheitsverhältnisse liesse sich das französische Modell aber nur schwer direkt übertragen. 

Ein Ansatz wie jener von Public Eye sei realistisch und mit der Schweizer Konsenskultur vereinbar. Sempach: «Ein solcher Modefonds ist ein sinnvoller und längst überfälliger Ansatz, um ökologische und soziale Missstände in der Textilbranche anzugehen.»