Verantwortungsvolles Handeln und ein schonender Umgang mit der Umwelt spielen nicht nur bei der Ernährung, der Energie oder im Verkehr eine wichtige Rolle. Auch wenn es um die eigenen vier Wände geht, werden die Konsumenten problembewusster. Denn die günstig im Möbelhaus erworbenen Schnäppchen werfen manche Frage auf: Wie wurde das Möbel produziert? Aus welchen Rohstoffen? Wurde die Arbeitskraft von Menschen ausgebeutet? Wie sieht die CO2-Bilanz aus? Waren giftige Stoffe im Spiel? Kann ich das Produkt später bedenkenlos wegwerfen?

«Ein breites Publikum hat in den letzten Jahren nicht allzu gute Erfahrungen mit allzu billigen Produkten gemacht», sagt Robert Zoller, Chefeinkäufer der Möbelhauskette Interio. «Wir beobachten deshalb eine Rückkehr zu alten Werten. Ein Augenmerk gilt dabei der Lebensdauer.» Man sucht wieder Möbel, die viele Umzüge mitmachen, einen bestenfalls das ganze Leben begleiten und sich sogar vererben lassen. Dafür müssen die guten Stücke handwerklich gekonnt und aus soliden Materialien gefertigt sein, sie müssen ansehnlich bleiben und häufiger Benutzung standhalten. Sind Scharniere doch einmal überfordert oder bricht ein Griff ab, sollte eine Reparatur möglich sein. Beschichtete, furnierte oder lackierte Oberflächen können nicht gut altern und sehen angestossen schnell überlebt aus. Massivholz bietet sich deshalb an und ist zurzeit auch sehr gefragt.

Edle Vorhänge aus PET-Flaschen

«Was nicht weggeworfen und ersetzt wird, verbraucht auch keine weiteren Ressourcen», sagt Mathias Seiler, Leiter Design und Marketing bei Girsberger. Der Möbelhersteller aus dem bernischen Bützberg gehört zu den Unternehmen, die das Thema Ressourcenschonung schon immer auf der Agenda hatten. Und so sieht Nachhaltigkeit bei Girsberger aus: 93 Prozent der Zulieferer sind im Umkreis von 600 Kilometern angesiedelt, und das Unternehmen hat zusammen mit regionalen Forstämtern das Projekt schweizerulme.ch initiiert. Dabei wird für jeden aus Ulmenholz produzierten Tisch wieder eine Ulme gepflanzt.

Auch Beat Hübscher, Eigentümer der weit über die Schweiz hinaus bekannten Edelschreinerei Tossa im Tösstal, bestätigt den zentralen Wert der Langlebigkeit, die auch auf einem zeitlos guten Design beruht: «Nachhaltige Möbel gefallen auch in vielen Jahren noch – eventuell in einem völlig anderen Umfeld. Und sie lassen einen mit einem guten Gewissen schlafen.»

Ressourcen zu schonen und nur nachwachsende Materialien zu verwenden ist ein zentrales Anliegen beim nachhaltigen Design. Eine andere Lösung besteht darin, Produkte gleich aus Abfall zu fertigen. Was sich in diesem Bereich tut, überflügelt schon längst die altbekannten Recyclingprodukte.

Die Stoffmanufaktur Christian Fischbacher etwa hat eine Technik entwickelt, um aus PET-Flaschen feine Gewebe herzustellen. «Wir wollten einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Konsumgesellschaft leisten», beschreibt Geschäftsführer Michael Fischbacher seine Motivation. «Zudem waren wir fasziniert von der Möglichkeit, einen Stoff zu machen, der zu 100 Prozent aus Postkonsum-PET besteht.» Ihre Vergangenheit sieht man den Stoffen der Kollektion «Benu PET» kein bisschen an. Von selbst würde niemand auf den Gedanken kommen, dass er sich alte Plastikflaschen an die Vorhangstange hängt. Und genau das war das Ziel.

Der niederländische Designer Piet Hein Eek fertigt Möbel aus bereits verwendetem Material: aus Abfallholz. Allerdings geht es ihm ausdrücklich darum, dass man den Möbeln ihre Vergangenheit ansieht. Erst seit wenigen Monaten ist der internationale Star, den man in Mailand, Paris, London und Tokio schon seit ein paar Jahren kennt, auch in der Schweiz vertreten, und zwar bei Eco Design Home in Zürich. «Piet Hein Eeks Produkte bilden einen Gegenpol zur billigen Massenware, die unsere Einrichtung monoton und austauschbar macht», sagt Cora Ruoss, Inhaberin von Eco Design Home. Damit liege Eek voll auf der Linie der hiesigen Konsumenten: «Die Schweizer schätzen wieder verstärkt Handarbeit und Einzelstücke. Sie möchten etwas Unikates nur für sich haben, mit dem sie sich identifizieren können. Deshalb geht auch bei der Möblierung der Trend weg von der Wegwerfmentalität.»

Das Besondere suchen auch die Kunden von Karpet, einem Schweizer Newcomer-Label, das beim Import von Teppichen neue Wege geht. «Direkter gehts nicht. Von der Steppe in die Stadt», sagt Noemi Haag von Karpet. Sie und ihr Geschäftspartner Roger Renggli suchen vor Ort in Kirgistan schöne Filzteppiche aus und wohnen auf ihren Reisen bei den Familien, die die Teppiche herstellen. Haag und Renggli reisen oft in die Herkunftsländer und nehmen die Kultur dort ernst. Das Geschäft hat deshalb auch einen sozialen Aspekt: «Wir waren die ersten Handelspartner der Frauen auf dem Land in Kirgistan. Jetzt können ganze Dörfer davon leben.» Bei diesen Teppichen mit Geschichte wird das allseits genutzte Schlagwort vom Storytelling greifbar – und zwar auch andersrum: Karpet zeigt den Frauen in Kirgistan Fotos von den Orten, wo ihre Teppiche jetzt liegen. Das Label ist Mitglied bei verschiedenen NGOs und hat sich zur CO2-Neutralität verpflichtet. Wichtig ist aber immer noch: Die Teppiche genügen nicht nur punkto Herkunft und Material, sondern auch im Styling. Nachhaltige Produkte müssen heute nämlich gut und schön zugleich sein.

Das ist auch der Ansatz von Sebastian Lanz, der seit einem Jahr rrrevolve.ch betreibt, einen Online-Shop für nachhaltige Produkte. Er wollte ein neues Publikum ansprechen, ein junges, urbanes, designorientiertes. «Schliesslich sind wir aus den Achtzigern raus. Damals wurden Dinge entwickelt, die entweder schön waren oder aber ein Statement manifestierten.» Die neue Generation wolle nicht mehr, dass man den Produkten ihre Überzeugung von aussen ansieht. Sie kaufen nur für sich selbst nachhaltig – und für ihr gutes Gewissen. Bisher scheint das Konzept aufzugehen, Lanz wundert sich sogar, wie stark das Interesse gerade bei den ganz Jungen zwischen 20 und 25 ist.

Aussteller entdecken die Nachhaltigkeit

Quer durch die Schweiz entstehen neue Plattformen. So hat Christina Müller in Winterthur eine Designausstellung für Nachhaltigkeit gestartet. Die «Designgut» fand letztes Jahr erstmals statt und steht dieses Jahr vom 23. bis 25. September wieder an. Ausser auf gutes Design wird hier auf die Deklaration geachtet. Kleine Piktogramme zeigen an, was an den Produkten nachhaltig ist: Geht es um natürliche Rohstoffe, um einen Recyclinganteil oder um die Produktion in einer sozialen Werkstätte? Ein Anliegen der «Designgut» ist es auch, dass Konsumenten fragen und hinterfragen und die Designer direkt ansprechen. Christina Müller nennt das «entschleunigtes Design» – Design, das dem schnellen Konsum entgegensteht.

Geht es um nachhaltigen Konsum, wird der Gang zu Ikea oft als das Gegenteil dargestellt. Was viele nicht wissen: Auch für das schwedische Möbelhaus haben Umweltstandards einen hohen Stellenwert. Es wimmelt hier nur so von Nachhaltigkeitsbeauftragten. In der Schweiz wird etwa in jedem Einrichtungshaus ein Spezialist eingesetzt. Zudem ist Ikea seit fünf Jahren Mitglied der WWF Climate Group. Selbst was die Lebensdauer der Produkte betrifft, hat man nicht geschlafen. «Es hat sich viel verändert bei Ikea», erklärt Kommunikationsleiter David Affentranger. «Auch Ikea-Möbel können extrem lange halten. Und selbst die nicht so langlebigen Produkte wurden zumindest umweltfreundlich produziert.»

Mit dem Begriff Nachhaltigkeit schmückt sich manches Unternehmen gern. Doch nicht immer halten die Versprechungen einer Überprüfung stand. Trifft mindestens einer der folgenden Punkte auf ein Produkt zu, stehen die Chancen gut, dass das Prädikat verdient ist:

  • Geringer Rohstoffverbrauch (schlaues Design kommt mit wenig Material aus)

  • Respekt für die Natur bei der Rohstoffgewinnung (Wolle aus artgerechter Haltung, Holz aus nachhaltigem Anbau, Bio-Baumwolle)

  • Nachwachsende Rohstoffe (etwa Holz, Bambus, Leinen)

  • Recyclinganteil (z.B. Produkte aus recyceltem PET, Altpapier, Altkleidern)

  • Regionale Produktion oder Made in Switzerland (kurze Transportwege). Mindestens aber ein europäischer Produktionsort (strenge Umweltstandards).

  • Handarbeit, Einzelstücke

  • Sozialverträgliche Produktion (Sozialstandards, soziale Werkstätten)

  • Umweltfreundliche Herstellung und Bearbeitung der Produkte

  • CO2-neutrale Produktion

  • Einsatz von energiesparender Technik

  • Langlebigkeit: Veränderbar (Systeme), anpassbar (Kindermöbel), reparierbar, Zeitloses Design. Materialien, die altern können.

  • Recyclingfähige Bestandteile, kein Materialmix, gute Trennbarkeit der Materialien bei der Entsorgung

  • Gütesiegel (z.B. FSC, Blauer Engel)