Liebe Leserinnen und Leser

Willkommen zu «Das war richtig wichtig». Hier ordnen wir immer freitags die wichtigsten Nachrichten der vergangenen Woche für Sie ein. Es sind diesmal ziemlich viele. Denn gerade tagt das Parlament zur Sommersession. Wir haben Ihnen darum eine Handvoll weitere Nachrichten am Schluss kurz zusammengefasst.

Die Themen:

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Nach der Katastrophe von Blatten: Wie die Politik den Berggebieten helfen will

Darum gehts: Die Bilder von Blatten, das letzte Woche unter einer Lawine aus Eis, Schlamm und Geröll verschwand, gingen um die Welt. Eine Woche danach überbieten sich Politikerinnen und Politiker gegenseitig an Forderungen und Vorschlägen zum Wiederaufbau – und zum Schutz der Berggebiete. Woher das Geld dafür kommen soll, ist jedoch umstritten.

Warum das wichtig ist: Die Betroffenheit ist enorm, wie schon nach dem Murgang bei Brienz oder der Katastrophe von Bondo. Und Experten gehen davon aus, dass der Klimawandel solche Ereignisse häufiger machen wird. Die Politik ist also gefordert. Allerdings wärmt sie an der Sommersession bis jetzt vor allem alte Vorschläge auf. Die SVP möchte mal wieder die Entwicklungshilfe streichen – und das Geld in die Berggebiete schicken. Die Grünen wollen die Autobahnen weniger stark ausbauen. So weit, so altbekannt. Ein Vorschlag mit mehr Hand und Fuss kommt vom Walliser Nationalrat Christophe Clivaz. Er schlägt vor, den nationalen Finanzausgleich anzupassen. Kantone, die kaum von Naturgefahren bedroht werden, könnten gefährdete Regionen stärker unterstützen.

Das sagt der Beobachter: Nach dem Katastrophensommer 2024 nun also der Bergsturz von Blatten. Ist die Schweiz besser gerüstet, falls auch dieses Jahr die Natur weitere böse Überraschungen für uns bereithält? Wir haben eine Bestandsaufnahme gemacht.

Über «Das war richtig wichtig»

Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Wir liefern Ihnen immer freitagmittags drei bis vier wirklich wichtige Nachrichten – kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. Auch als E-Mail abonnierbar.

Kinderarmut: Mehr Geld für individuelle Förderung

Darum gehts: Die kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) wollen zusätzliches Geld in die Förderung von Kindern und Jugendlichen stecken, deren Familien von der Sozialhilfe unterstützt werden. Konkret ist ab 2027 für Familien ein Zuschlag von 50 Franken vorgesehen – bis zu einer Obergrenze von 200 Franken pro Familie. Das führt schweizweit zu Mehrkosten von rund 50 Millionen Franken.

Warum das wichtig ist: Der Zustupf soll armutsbetroffenen Familien etwas Spielraum geben, um ihren minderjährigen Kindern mehr Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen – etwa durch den Besuch eines Sportkurses oder von kulturellen Veranstaltungen. Dies fördert sie in ihrer persönlichen Entwicklung, was die Chancen erhöht, dass sie im Erwachsenenalter wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen und sich aus der Armut befreien können. Dieser Zusammenhang ist in der Fachwelt unbestritten. 

Das sagt der Beobachter: Von den rund 250’000 Personen, die 2023 von der Sozialhilfe unterstützt wurden, war fast ein Drittel (73’000) unter 18-jährig. Diese deutliche Übervertretung ist an sich schon bedenklich. Hinzu kommt ein Problem, auf das kürzlich die Charta Sozialhilfe Schweiz hingewiesen hat: Kinder und Jugendliche werden im heutigen Unterstützungssystem meist bloss als Anhängsel ihrer Eltern behandelt – ihre eigenen Bedürfnisse kommen zu kurz. Stiftungen wie SOS Beobachter tun ihr Möglichstes, in Notlagen altersgerechte Hilfe zu leisten. Aber das genügt nicht, auch der Staat muss vorwärtsmachen mit der Bekämpfung von Kinderarmut. Mit ihrem Entscheid, die Förderung von Kindern und Jugendlichen explizit zu den Zielen der Sozialhilfe zu zählen, geben die Kantone ein wichtiges Signal.

Umweltgifte im Fleisch: Hat nur St. Gallen ein PFAS-Problem?

Darum gehts: In St. Gallen wird weiterhin Fleisch verkauft, das mit den sogenannten Ewigkeitschemikalien PFAS belastet ist. Und zwar, obwohl es den Grenzwert überschreitet und eigentlich nicht mehr auf dem Teller landen dürfte. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen kritisiert die St. Galler Behörden dafür scharf. Das berichtete die «NZZ am Sonntag». Der Ständerat will derweil die Regeln lockern – damit belastetes Fleisch mit unbelastetem gemischt werden und doch verkauft werden darf.

Warum das wichtig ist: Auch wenn der Bund und der Kanton St. Gallen nicht gleicher Meinung sind, ob die PFAS-Lebensmittel noch verkauft werden sollen – der Kanton St. Gallen hat immerhin gemessen, wie stark Böden, Gewässer, Fleisch, Milch et cetera mit den Chemikalien belastet sind. Und dann die Bevölkerung darüber informiert. Das machen viele Kantone nicht. Obwohl ausser Frage steht, dass es auch in anderen Gebieten noch böse Überraschungen geben wird. Die Dimension des PFAS-Problems ist enorm, und die Behörden beginnen erst das tatsächliche Ausmass zu klären.

Das sagt der Beobachter: Mit dem Finger nur auf den Ostschweizer Kanton zu zeigen, greift viel zu kurz. St. Gallen ist überall. Die anderen Kantone müssen spätestens jetzt das Problem bei der Wurzel packen und umfassend messen und testen, die Öffentlichkeit über die Resultate informieren und dann wirksame Massnahmen ergreifen. Nur so kann die Sicherheit der Bevölkerung gewährleistet werden. Und gleichzeitig muss die weitere Verschmutzung gestoppt werden. Das geht nur mit einem Verbot.

⇒ Jetzt lesen: St. Gallen ist überall

Muss ein Vollzeit-Lohn in der Schweiz zum Leben reichen? Nein, findet der Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbands. Was, wenn er es nicht tut?

«Da muss dann die Sozialhilfe einspringen.» – Roland A. Müller

Es sei nicht Aufgabe der Unternehmen, existenzsichernde Löhne zu zahlen. So sagte er es zur Wirtschaftskommission des Nationalrats, gemäss einem Protokoll, das dem «Blick» vorliegt. Er selber musste sich um seinen Lohn wahrscheinlich nie Gedanken machen. Als Professor, Verbandsfunktionär und Arbeitsrichter führte ihn seine Karriere nicht in die freie Wirtschaft.

Auch sonst war diese Woche viel los. So hat das Parlament an der Session unter anderem diese Entscheide gefällt, die uns wichtig scheinen:

  • National- und Ständerat wollen Stalking explizit unter Strafe stellen. Über die Details wurden sie sich in der aktuellen Session aber noch nicht einig. Erfahren Sie, was heute gilt – und was bald gelten könnte.
  • Der Ständerat stimmt einem Kompromiss für die Abschaffung der sogenannten Heiratsstrafe zu. Allerdings war der Entscheid denkbar knapp. Bei der Schlussabstimmung am 20. Juni könnte die Vorlage doch noch scheitern.
  • Das Parlament erlaubt Werbung für Tabakprodukte und E-Zigaretten teilweise weiterhin. Das, obwohl das Stimmvolk zu einem Werbeverbot für Kinder und Jugendliche Ja gesagt hat.

Geschrieben haben diesen Überblick diesmal Daniel Benz, Tina Berg und Oliver Fuchs.

Wir bleiben für Sie dran. Bis nächste Woche.