Jährlich unterzieht der Bund um die 70’000 Männer und Frauen aus dem öffentlichen Dienst einem Charaktertest. Damit will er erpressbare und korruptionsanfällige Menschen aussortieren. Nun soll der Bund auch das Sexualleben untersuchen dürfen – etwa von Angestellten der Armee, die in sicherheitssensiblen Funktionen tätig sind. Beispielsweise könnten die überprüften Menschen erpressbar sein, wenn sie aufgrund von Pornokonsum Schulden anhäufen oder Schattenkonten führen, um Bordellbesuche zu finanzieren, sagte VBS-Sprecherin Carolina Bohren gegenüber dem «Tages-Anzeiger». 

Das Sexualleben ihrer Angestellten dürfen private Arbeitgeber natürlich nicht überwachen. Doch wie viel Intimsphäre bleibt eigentlich im Büro? Oder im Homeoffice? Wir beantworten Ihnen die wichtigsten Fragen. 
 

... mir wegen Partyfotos kündigen? 

Freizeitverhalten und Arbeit gehören strikt getrennt. Wegen Partyfotos kann Ihnen auf Arbeit nichts geschehen. Was der Bund bei einigen seiner Mitarbeitenden macht, dürfen Ihr Chef oder Ihre Chefin nicht – auch nicht Ihr Sexualleben zu überwachen. Unter besonderen Umständen müssen Sie dennoch mit einer Kündigung rechnen. Zum Beispiel wenn Sie vortäuschen, schwer krank im Bett zu liegen, und stattdessen durch die Bars der Stadt streifen. Sie müssten jedoch häufiger blaumachen, um das Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zu zerstören und eine fristlose Kündigung zu kassieren.
 

Übrigens: Wenn Sie aufgrund einer gebrochenen Hand arbeitsunfähig sind, können Sie dennoch am sozialen Leben teilnehmen. 

... mein Telefon abhören? 

Das Abhören von Telefongesprächen ist grundsätzlich verboten. Ausser die Gespräche haben Reservationen oder Bestellungen zum Inhalt. Leistungskontrollen oder Schulungszwecke benötigen das Einverständnis aller Gesprächsteilnehmenden, um abgehört zu werden. Auch Ihr Chef darf weder die Telefongespräche von Ihrem Geschäftshandy abhören oder mitschneiden noch die SMS lesen

Sollten Sie den Verdacht haben, dass Ihr Arbeitgeber Sie ausspioniert, wehren Sie sich dagegen. Der Schutz sensibler Arbeitnehmerdaten ist ein gewichtiges Recht der Schweizer Gesetzgebung. 

… meine E-Mails einsehen? 

Ja, sofern es sich um Geschäftsmails handelt. Diese gehören als Geschäftskorrespondenz der Arbeitgeberin. Private E-Mails darf Ihr Arbeitgeber nicht zur Kenntnis nehmen. Vor einem Jobwechsel sollten Sie genügend Zeit erhalten, Ihre privaten E-Mails zu löschen

Ansonsten kann Ihre Arbeitgeberin Ihre Mails aus zwei Gründen einsehen. Erstens: Sie benötigt den Zugriff, etwa weil Sie krankheitsbedingt ausfallen. Und zweitens: Sie kontrolliert, ob das IT-Reglement eingehalten wird. 
 

…  mich am Arbeitsplatz filmen?  

Grundsätzlich darf Ihr Chef keine technischen Hilfsmittel einsetzen, um die Leistung und das Verhalten von Angestellten zu überprüfen. Die Kamera darf nur eingeschaltet werden, wenn es um die Sicherheit von Personen oder den Schutz von Objekten geht. Etwa im Supermarkt, um vor Diebstahl zu schützen. 

Ihr Arbeitgeber muss Sie im Voraus darüber informieren. Zudem sollte er Ihnen genau mitteilen, wo und wann gefilmt wird und wie lange die Aufnahmen gespeichert werden. Die Kamera darf nicht direkt auf Sie ausgerichtet sein. 

… meine Taschen kontrollieren? 

Angestellte haben ein Recht auf Privatsphäre. Darum braucht die Arbeitgeberin Ihre ausdrückliche Einwilligung, um Ihre Handtasche, Ihre Schubladen oder Schränke zu untersuchen. Oft stehen entsprechende Klauseln in Arbeitsverträgen von Grossfirmen. In dem Fall stimmen Sie der Kontrolle mit Ihrer Unterschrift zu.  

Zudem muss es einen triftigen Grund für die Kontrolle geben. Etwa wenn der Verdacht besteht, dass Geschäftseigentum gestohlen wurde. In dem Fall müssen alle Angestellten gleichermassen kontrolliert werden Betriebsinterne Untersuchung Vom Chef beschuldigt und überwacht .
 

… mich mit dem GPS-Gerät des Dienstwagens überwachen? 

Genau wie bei Kameras darf das GPS-Gerät nicht dazu genutzt werden, um das Verhalten der Arbeitnehmenden am Arbeitsplatz zu überwachen. Ausser um zu überprüfen, ob die Arbeitszeiten eingehalten werden, und nicht vorgesehener Nutzung des Fahrzeugs vorzubeugen. Ihr Chef muss Ihnen allerdings zwingend mitteilen, dass er das GPS verwendet

Viele Menschen nutzen die Dienstwagen auch privat. Die GPS-Ortung ausserhalb der Arbeitszeiten stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre der Angestellten dar und ist in der Regel nicht gerechtfertigt. 

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… mich rund um die Uhr kontaktieren? 

Nach Erfüllung Ihrer vertraglich geregelten Arbeitszeit müssen Sie nicht mehr für Ihren Chef erreichbar sein. Das Arbeitsgesetz schreibt Höchstarbeitszeiten und Pausen vor – sowie das Recht auf ungestörte Ferien. 

Wenn Ihr Chef dennoch mehr Erreichbarkeit verlangt, müssen Sie dafür entschädigt werden. Entweder mit Freizeit der gleichen Dauer oder dem vertraglich vereinbarten Lohn plus 25 Prozent Überstunden-Entschädigung Mehrarbeit Überstunden zum Nulltarif?

… mich im Homeoffice überwachen? 

Die Nachfrage nach Überwachungssoftware ist seit Beginn der Corona-Pandemie um 58 Prozent gestiegen. Das ergab eine Analyse der Plattform Top10VPN, die VPN-Dienste weltweit analysiert hat. Solche Überwachungsprogramme können beispielsweise den Bildschirm überwachen, getippte Wörter aufzeichnen oder Internetsuche und E-Mail-Verlauf nachverfolgen. Oder sogar Kamerabild und Ton überwachen. 

Aber auch hier gilt, dass technische Kontrollsysteme nicht eingesetzt werden dürfen, um das Verhalten von Arbeitnehmenden am Arbeitsplatz zu überprüfen. Nur die gesammelten Mitarbeitenden-Daten dürfen anonymisiert ausgewertet werden – beispielsweise um festzustellen, wie viel Zeit im Unternehmen auf Facebook verbracht wird. 

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