An der Aussicht kann es nicht liegen. Vom Hotel Du Lac aus hat man freien Blick auf den Thunersee und auf das Niederhorn.

Und doch steht das «Du Lac» seit seiner Eröffnung 1987 unter einem seltsam schlechten Stern. Schon im Folgejahr wurde der Konkurs verfügt und 1990 das Hotel verkauft. 2016 kam es wieder in andere Hände. Ein indischer Geschäftsmann versprach, ein «Lake Resort» daraus zu machen, scheiterte jedoch. 2017 verfügten die Behörden die Schliessung, kurz darauf folgte Konkurs Nummer zwei.

Heinz Lehmann kümmerte die Geschichte wenig – bis ihm ein Strafbefehl wegen unerlaubten Parkierens ins Haus flatterte. Lehmann, ein passionierter Fischer, besitzt im Hafen beim Hotel ein kleines Motorboot. Bis zur Schliessung des «Du Lac» kaufte er beim Hotel jeweils eine Dauerkarte für den Parkplatz. «Beim Konkursamt war man der Ansicht, dass ich nach dem Konkurs ruhig weiter dort parkieren könne – und zwar gratis.»

Schliesslich steht sogar im Grundbuch, dass die Parkplätze «der Stockwerkeinheit 313-1 zustehen, «zur alleinigen und ausschliesslichen Benutzung». Und diese «Stockwerkeinheit 313-1» war im Besitz der konkursiten AG, der das Hotel Du Lac gehörte.

Also stellte Lehmann weiterhin sein Auto auf den Parkplatz, wenn er fischen ging. Vier seiner Anglerkollegen taten es ihm gleich. Während sie die Ruhe auf dem See genossen, braute sich aber bei den Parkplätzen ein veritabler Sturm zusammen.

Dazu muss man wissen, dass die Besitzverhältnisse rund um das «Du Lac» alles andere als einfach sind. Zum Komplex gehören neben dem Hotel auch rund 50 Wohnungen im Stockwerkeigentum. Deren Besitzerinnen und Besitzer sind in einer Stockwerkeigentümer-Gemeinschaft zusammengeschlossen und haben für die Verwaltung eine Immobilienfirma engagiert. Diese beschloss im Sommer 2019, dass die Parkplätze zu den Wohnungen gehören und folglich kostenpflichtig seien für Auswärtige.

Sechsmal Einsprache

Fortan zeigte die Verwaltung Heinz Lehmann jedes Mal an, wenn er seinen Wagen auf den Parkplatz stellte. Der Hobbyfischer ging wie der Konkursverwalter davon aus, dass die Plätze zum konkursiten Hotel gehörten und folglich gar nicht bewirtschaftet werden durften. Er erhob gegen jede der sechs Anzeigen Einspruch.

Heinz Lehmann nahm sich einen Anwalt, die Stockwerkeigentümer-Gemeinschaft ebenso. Damit wurde aus ein paar Parkbussen ein Gerichtsfall und aus dem Freizeitvergnügen auf dem See ein teurer Spass.

«Drohender Schaden»

Das Regionalgericht Berner Oberland sieht nämlich die Sache anders als der Konkursverwalter. In einem Zwischenentscheid im Sommer hielt die zuständige Richterin fest: Indem die Verwaltung das Parkieren auf dem Grundstück wieder kostenpflichtig machte, habe sie «dem drohenden und wachsenden Schaden durch eine Neuregelung der Parkplatzbewirtschaftung» entgegengewirkt.

Ende Oktober verurteilte das Gericht Heinz Lehmann schliesslich «wegen Widerhandlung gegen ein gerichtliches Verbot mit Personenwagen auf privatem Grund» zu 240 Franken Busse und Übernahme der Gerichtskosten von 2400 Franken.

Lehmann hat genug und zieht das Urteil nicht weiter. «Zusammen mit dem Anwaltshonorar hat mich die Sache um die 12'000 Franken gekostet», sagt er. Die Eigentümergemeinschaft nimmt zu konkreten Fragen keine Stellung. Eine Vertreterin verweist lediglich darauf, dass der Konflikt «Teil eines grossen Konflikts» der Eigentümergemeinschaft mit einem Eigentümer sei – mit dem Heinz Lehmann aber nichts zu tun hat.

Lehmann parkiert jetzt trotzdem weiter beim «Du Lac», wenn er seinem Hobby nachgeht. Denn der frühere Besitzer hat das Hotel aus der Konkursmasse ersteigert und ihm wieder eine Dauerparkkarte verkauft. Für 150 Franken pro Jahr.

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