Wie die Mehrwertsteuer als ständiger Rettungsanker dient
Wenn der Bund Geldprobleme hat, erhöht das Parlament die Mehrwertsteuer. Von der Eisenbahn über die IV bis zur AHV – immer wieder greift die Politik in dieselbe Schublade.
Veröffentlicht am 17. September 2025 - 17:47 Uhr
Die Schweiz steht vor der nächsten Mehrwertsteuererhöhung – ob damit die AHV langfristig gesichert ist, bleibt jedoch offen.
Die 13. AHV-Rente wird teuer. Zur Finanzierung der zusätzlichen drei bis vier Milliarden Franken hat der Nationalrat letzte Woche eine Erhöhung der Mehrwertsteuer (MwSt) gutgeheissen. Diese soll um 0,7 Prozentpunkte steigen – vorerst befristet bis ins Jahr 2030.
Der Ständerat hat bereits zugestimmt. Nun dürfte bald das Volk über diese Zusatzbelastung entscheiden.
MwSt-Erhöhung als «langfristige Lösung» für AHV und IV
Seit ihrer Einführung Mitte der 1990er-Jahre dient die MwSt immer als verlässliche Einnahmequelle für AHV, IV oder Infrastrukturprojekte. Die Tendenz des Steuersatzes zeigt dabei in eine klare Richtung: nach oben.
Bereits 1999 stieg die Steuer nach einem Volksentscheid um 1 Prozentpunkt. Von Bundesrat und Parlament wurde dieser Schritt damals als «langfristige Lösung» für AHV und IV angepriesen. Die nächste Belastung hatte sich schon kurz davor abgezeichnet: 1998 hatte das Volk die Vorlage Finöv angenommen, die eine befristete Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,1 Prozentpunkte vorsah. In Kraft trat diese Massnahme 2001.
So funktioniert die Mehrwertsteuer in der Schweiz
Volksentscheid: Einmalige Senkung der Mehrwertsteuer
Als 2009 die IV in Schieflage geriet, stimmte das Volk einer befristeten Erhöhung um 0,4 Prozentpunkte zu. Das Versprechen der Politik war schon damals, in der Zwischenzeit eine dauerhafte Lösung für das Finanzloch zu finden. 2017 kam diese in Form der «Altersvorsorge 2020». Sie war ein politischer Kompromiss, der die AHV und die Pensionskassen gleichzeitig stabilisieren sollte. Ein zentrales Element der Reform war eine weitere MwSt-Erhöhung um 0,6 Prozentpunkte. Die Vorlage scheiterte allerdings an der Urne.
Das Nein führte zur einzigen Senkung in der Geschichte der MwSt. Doch da das Volk bereits 2014 der Bahnvorlage Fabi zugestimmt hatte, kam der Satz bei 7,7 Prozent zu stehen. 2022 kam die nächste Erhöhung: Die AHV-21-Reform liess den Normalsatz auf 8,1 Prozent steigen – angeblich ausreichend zur Finanzierung bis 2030.
Im europäischen Vergleich schneidet die Schweiz trotzdem gut ab: Viele EU-Staaten erheben Sätze zwischen 19 und 25 Prozent. Noch gehört die Schweiz zu den Ländern mit den niedrigsten Mehrwertsteuern Europas. Wie lange wird das so bleiben?
Kurzfristige Lösung für ein langfristiges AHV-Problem
Mit der 13. AHV-Rente steht nun das nächste Milliardenprojekt an. Der Nationalrat will die MwSt auf 8,8 Prozent anheben und lehnte eine Finanzierung über Lohnbeiträge ab. Damit folgt er weitgehend dem Vorschlag des Bundesrats.
Die Chronologie zeigt: Die Mehrwertsteuer ist zu einer Zwecksteuer für nationale Notlagen geworden. Sie bleibt das Mittel der Wahl, um dringende Finanzierungsfragen kurzfristig zu lösen – während die langfristige Sicherung der AHV ungeklärt bleibt.
- Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV: Entwicklung der Mehrwertsteuersätze in der Schweiz
- Ch.ch: Was ist die Mehrwertsteuer (MwSt)?
- SRF: Bürgerliche setzen sich bei Finanzierung der 13. AHV-Rente durch