Schöner scheiden
Wenn im Herzen die Lichter ausgehen
In jeder Trennungsgeschichte gibt es diesen Augenblick, in dem klar wird: Das wars. Wir haben in der Beobachter-Redaktion ein paar Beispiele gesammelt.

Die Liebe von Hannah, 48, zu Tim schien gross und unbezwingbar, wie sie uns in der ersten Folge von «Schöner scheiden» erzählt hat. Ein paar Jahre später waren ihre Gefühle füreinander längst verflogen.
Das konnte sich Hannah aber erst eingestehen, als ihr Sohn Collin sie zum Hinschauen zwang: «Collin hatte plötzlich angefangen, auf dem Heimweg vom Kindergarten in die Hose zu machen, nachdem das vorher jahrelang kein Thema mehr gewesen war. Ich fragte: ‹Hey, Collin, was ist los? Wieso passiert das? Du weisst doch, wie man aufs WC geht?› Und er hat geantwortet: ‹Jedes Mal, wenn ich mich auf den Heimweg mache, werde ich unglücklich. Zu Hause ist es immer so traurig.› Das hat mir so sehr das Herz gebrochen. Bei uns zu Hause herrschte damals wirklich eine Stimmung wie in einem Eispalast. Und da haben Tim und ich uns hingesetzt und gesagt: ‹Okay – fertig. Das wollen wir beide nicht.›»
Manche Beziehungen enden schleichend – und manche Knall auf Fall. Wir haben Beobachter-Redaktorinnen und -Redaktoren nach dem Moment gefragt, als im Herzen die Lichter ausgingen. Hier sind ihre Geschichten.
«Ein grosses Hunde-Elend war das»
Ich war 19 Jahre alt und sass zu Hause vor dem Familiencomputer. Meine Freundin hatte mir eine E-Mail geschrieben. Darin stand, dass sie jetzt meine Ex-Freundin sei. Sie war damals für einen Sprachaufenthalt auf einen Pferdehof nach Südfrankreich gereist. Ich kann also nicht sagen, wie sich die Ferienflirt-Geschichte mit dem Koch für sie entwickelt hat, aber für mich kam das Ende überraschend, so viel steht fest.
Ein grosses Hunde-Elend war das. Es war meine erste Beziehung, und sie hatte bis dahin zirka ein Jahr gedauert. Ich war dann ein paar Monate lang beziehungsgeschädigt, danach gings zum Glück wieder.
Beobachter-Redaktor, 35
Hat sich die Liebe leise davongeschlichen, oder gabs Geschrei? Wars ein Leberhaken oder ein Befreiungsschlag? Bist du gegangen oder verlassen worden? Erzähls uns hier oder schreibs unten in die Kommentarspalte!
«Ich war schon lange unglücklich»
Die Erkenntnis überkam mich vor dem Salatgestell. Sie ergoss sich über mich wie eine Tonne Beton. Ich konnte weder vor noch zurück, es schnürte mir die Luft ab. Endivien, Chicorée, Kopfsalat. Mir wurde übel – und klar: Mit diesem Mann will ich keinen Salat essen, nie mehr. Ich will nicht mit ihm an einem Tisch sitzen, ihn nicht nachts neben mir im Bett atmen hören. Und ganz bestimmt will ich kein Kind mit ihm. Lieber bin ich komplett allein, bis an mein Lebensende.
Ich war 33 damals – und seit elfeinhalb Jahren mit ihm zusammen. Ich war schon lange unglücklich und hätte längst Schluss machen sollen. Erst kurz zuvor hatte er selbst mal gesagt: «Am glücklichsten bin ich, wenn wir beide zu Hause sind. In zwei verschiedenen Zimmern.» Während ich mein Handy hervorkramte, liefen mir Tränen übers Gesicht. Aber im Gemüseabteil hatte ich keinen Empfang. Ich liess den Einkaufskorb stehen, hastete die Rolltreppe hinauf und wählte die Nummer, die ich seit über zehn Jahren auswendig wusste. Schon bei meinem herausgepressten «Hallo» wusste er: Es ist vorbei.
Beobachter-Redaktorin, 45
«Nichts war mehr, wie es vorher war»
Er war meine grosse Jugendliebe. Wir wohnten zusammen in meinem Jugendzimmer. Meine Familie war hochgradig dysfunktional. Meine Rolle war es, sie trotzdem am Laufen zu halten – und mein Freund wurde in diese Familie eingesogen. Für meine Eltern war er wie ein Sohn, für meine Geschwister wie ein Bruder. Wir liebten uns sehr. Aber wir waren zu jung, um zu erkennen, dass wir aus diesem seltsamen Gefüge hätten ausbrechen sollen, um unsere Liebe zu retten.
Es war ein Samstagmorgen, als er mir sagte: «Ich bin nicht sicher, ob ich dich noch liebe.» Und ich sagte: «Dann musst du Schluss machen.» Es fühlte sich an, als würde ich aus grosser Höhe in die Tiefe fallen. Wir sagten beide lange nichts mehr. Wir rauchten. Mir liefen die Tränen herunter. Ich schaute aus dem Fenster. Er sagte: «Du hast nie schöner ausgesehen.» Dann ging er. Nichts war mehr, wie es vorher war. Es dauerte drei Jahre, bis ich das nächste Mal wieder glücklich war.
Beobachter-Redaktorin, 39

«Wie ein kleiner Poltergeist»
Sie war für ein paar Wochen in die Wohnung einer Kollegin gezogen – als «Auszeit», obschon es nur ein paar Strassen weiter war. Hin und wieder kam sie in unserer gemeinsamen Wohnung vorbei, während ich weg war, um was zu holen oder ihre Sportkleider zu waschen. Manchmal fehlte danach ein Buch oder ein Stück Apfelkuchen. Wie ein kleiner Poltergeist.
Einmal faltete ich ihr die Wäsche zusammen, die sich am Vorabend am Wäscheständer materialisiert hatte. Ich legte ihr ihren Lieblingsteil der Zeitung dazu, den sie sich immer als Erstes geschnappt hatte – in Anspielung an unsere gemeinsamen Sonntagmorgen. An uns in besseren Zeiten. Als ich am Abend nach Hause kam, war ihre Wäsche weg, und der Zeitungsbund lag allein da. Ich las daraus, dass sie sich verabschiedet hatte.
Beobachter-Redaktor, 47
«Ich fühlte mich so allein und ausgenutzt»
Wir waren in den Kurzferien in Berlin in einem Airbnb. Ich war schlimm erkältet und lag mit Fieber und Schüttelfrost im Bett. Mir war richtig elend. Anstatt mir einen Tee zu machen oder mich zu trösten, wollte er Sex. Als ich nicht wollte, wandte er sich genervt ab – und schlief ein. Ich fühlte mich so allein und ausgenutzt. Nicht wie seine Partnerin, sondern wie eine Puppe. Wir waren beide Anfang 20 und erst seit ein paar Monaten zusammen. Geschlechtsverkehr – respektive wie oft und in welchen Situationen oder Gefühlszuständen er stattzufinden hat – war ziemlich von Beginn an ein Thema.
Am nächsten Morgen erwachte ich mit derselben Traurigkeit – und mit einem Gefühl von Ekel. Noch im Bett wurde mir klar, dass es so nicht weitergehen kann. Zwar zögerte ich das Ende noch einen Monat hinaus, doch da ich mich in seiner Nähe zunehmend unwohl fühlte, zog ich schliesslich den Schlussstrich.
Beobachter-Redaktorin, 24
«Ich wollte nicht fremdgehen»
Wir hatten es eigentlich nicht schlecht miteinander, aber ich konnte mir keine Zukunft mit ihm vorstellen. Eines Tages meldete sich wie aus dem Nichts ein Ferienflirt, den ich vor dieser Beziehung gehabt hatte. Er würde bald auf Durchreise in der Schweiz sein und fragte, ob wir uns wiedersehen könnten. Seine Nachricht durchfuhr mich wie ein Blitz, Erinnerungen wurden wach, und ich konnte nicht leugnen, dass ich mich über ein Wiedersehen sehr freuen würde. Doch gleichzeitig nagte das schlechte Gewissen in mir: Ich wollte nicht fremdgehen.
Das gab mir den Schub, die Beziehung zu beenden. Es brauchte unglaublich viel Überwindung, und es tat mir unendlich leid, diesen eigentlich netten Freund zu verlassen. Aber im Nachhinein fühlte es sich sehr befreiend an. Das Treffen mit dem ehemaligen Ferienflirt klappte dann tatsächlich, Ferienflirt reloaded inklusive.
Beobachter-Redaktorin, 46
«Er war meine erste grosse Liebe»
Zuerst hatte ich mich von ihm getrennt. Irgendwie war alles zu viel Alltag geworden. Und dann wollte ich ihn zurück. Mitten in der Nacht bin ich zu seiner Wohnung gefahren und wollte reden – obwohl ich wusste, dass ein Date bei ihm war. Ich habe es dann gelassen und bin unverrichteter Dinge zurückgefahren. Irgendwann hielt ich am Strassenrand an, tränenüberströmt. Ich hatte einen Herzensmenschen verloren. Und Nena sang «Irgendwie, irgendwo, irgendwann» aus dem Autoradio.
Er war meine erste grosse Liebe. Noch heute denke ich, dass er eine ganz grossartige Person ist. Wir kamen mit zirka 20 zusammen – und das Ganze hatte knapp vier Jahre gedauert.
Beobachter-Redaktorin, 45
Wir sammeln inspirierende Beispiele von Ex-Paaren, die trotz Beziehungsende gemeinsam weiterkutschieren. Erzähl uns deine Geschichte!
