Im Kanton Aargau soll die Sozialhilfe für Langzeitbezieher gekürzt werden. Der Grosse Rat hat die kantonale Volksinitiative «Arbeit muss sich lohnen!» der Jungen SVP angenommen. Sie kommt nun an die Urne.

Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos) beschreibt die Initiative gegenüber dem Beobachter als «reine Symbolpolitik».

FDP und SVP wollen Sozialhilfemissbrauch verhindern

Die Initiative verlangt, dass der Grundbedarf in der Sozialhilfe für Personen, die länger als zwei Jahre ununterbrochen Leistungen beziehen, pauschal um mindestens fünf Prozent gekürzt wird. Ausnahmen sind für Kinder unter 18 Jahren sowie für Mütter und Väter mit Kindern unter vier Monaten vorgesehen.

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Das erklärte Ziel der Initiative: Sozialhilfemissbrauch verhindern. Ausschlaggebend für die Annahme des Vorschlags im Parlament waren FDP und SVP.

Anreize für Integration in den Arbeitsmarkt

Die Befürworter der Initiative argumentieren, dass Arbeit finanziell lohnender sein sollte als Sozialhilfe. Der Präsident des Initiativkomitees, Samuel Hasler (SVP/AG), führt dazu aus, dass mit der Initiative «klare Anreize geschaffen werden, damit sich Langzeitbezüger aktiv bemühen, sich wieder zurück in den Arbeitsmarkt zu integrieren».

«Eine soziale und berufliche Integration wird noch schwieriger.»

Verband der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos)

Kritiker warnen hingegen vor einer Schwächung des sozialen Sicherheitsnetzes und befürchten zusätzliche Bürokratie. Dazu gehört auch die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos). Sie sieht in der Initiative keinen nachweisbaren Nutzen.

Es gebe «keine wissenschaftlichen Hinweise» dafür, dass tiefere Sozialhilfeleistungen den Anreiz zur Arbeitsaufnahme steigern. Der Verband geht vom Gegenteil aus: «Es ist damit zu rechnen, dass sich Betroffene noch mehr destabilisieren und eine soziale und berufliche Integration noch schwieriger wird.»

Sozialhilfekürzungen – ein nationaler Trend?

Die Bevölkerung von Baselland hat kürzlich einen ähnlichen Vorschlag angenommen und das Sozialhilfegesetz des Kantons verschärft. Ein ähnlicher Vorstoss im Kanton Uri scheiterte diesen Frühling nur knapp an der Urne. 

Einen schweizweiten Trend zu Sozialhilfekürzungen verzeichnet die Skos indes nicht: «Unsere Empfehlungen zur Höhe des Grundbedarfs werden von den Kantonen mehrheitlich eingehalten, auch wenn manche Kantone die Empfehlungen mit ein bis zwei Jahren Verzug umsetzen.»

Kantonale Alleingänge sind bedenklich

Daniela Bleiker Patt, Rechtsberaterin Fachbereich Sozialberatung beim Beobachter-Beratungszentrum, verfolgt diese Entwicklung kritisch: «Nach der langersehnten Harmonisierung der Sozialhilfe durch die Skos-Richtlinien ist es bedenklich, wenn Kantone nun individuelle Sanktionen erlassen.»

Wer selbst von Sozialhilfe, Schulden oder einer schwierigen Lebenslage betroffen ist, kann sich an die Stiftung SOS Beobachter wenden. Sie unterstützt Menschen in Not finanziell und vermittelt fachliche Beratung, wenn offizielle Stellen oder Sozialdienste nicht mehr weiterhelfen können.