Beim Thema Menschenhandel und Zwangsprostitution denkt kaum jemand an Männer. Doch auch sie werden in der Schweiz zu Sexarbeit gezwungen – ein Verbrechen, das lange kaum Beachtung fand.

Ein aktueller Fall der Kantonspolizei Bern sorgt nun für Aufsehen: Ein 34-jähriger Berner schleuste über Jahre Männer aus Spanien, Venezuela, Brasilien und Kolumbien in die Schweiz. Zwei bis vier lebten jeweils in seiner Wohnung und bedienten dort männliche Kunden. Die Hälfte ihrer Einnahmen mussten sie an den 34-jährigen Beschuldigten abtreten.

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Dem Mann wird Menschenhandel, Förderung der Prostitution, Förderung der rechtswidrigen Ein- und Ausreise sowie Beschäftigung von Ausländern ohne Bewilligung vorgeworfen.

Verfahren ziehen sich oft über Jahre

Ermittlungen im Bereich des Menschenhandels ziehen sich oft über eine lange Zeit – auch der genannte Fall reicht bis ins Jahr 2016 zurück. Die Verfahren sind komplex, weil Einvernahmen übersetzt werden müssen und Opfer sich nur zögerlich äussern.

«Oftmals haben sie sich vor der Reise in die Schweiz verschuldet und müssen diesen Betrag abbezahlen. So sind sie gar nicht motiviert, mit den Behörden zusammenzuarbeiten», sagt Alexander Ott, Chef der Fremdenpolizei Stadt Bern, gegenüber SRF. Hinzu komme, dass sich viele gar nicht als Opfer sehen, weil sich ihre Lebensumstände im Vergleich zum Herkunftsland verbessert haben.

Alltag in einer Schutzunterkunft

Fälle von Menschenhandel nehmen in der Schweiz zu. Viele denken beim Schlagwort zuerst an Sexarbeiterinnen. Doch Menschenhandel kommt in sämtlichen Tieflohnbranchen vor – etwa im Baugewerbe, in der Gastronomie oder der Reinigungsbranche. Und: Unter den Betroffenen sind zunehmend auch Männer und trans Personen.

Die steigende Zahl der Fälle stellt auch Hilfsorganisationen vor neue Herausforderungen. Viele Betroffene werden in Schutzunterkünften untergebracht. Die Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ) hat im Frühjahr ihre achte Schutzwohnung eröffnet.

Eine Betreuerin hat mit dem Beobachter über ihren Alltag gesprochen: