Das Parlament will Stalking strafbar machen
National- und Ständerat wollen Stalking explizit unter Strafe stellen. Über die Details wurden sie sich in der aktuellen Session aber noch nicht einig. Erfahren Sie, was heute gilt – und was bald gelten könnte.
Veröffentlicht am 3. Juni 2025 - 13:34 Uhr
Stalkende verletzen die Privatsphäre ihrer Opfer.
Soll Stalking explizit bestraft werden? Ja, finden das Parlament und der Bundesrat. Doch sollen die Strafbehörden die Tat in gewissen Situationen von sich aus verfolgen? Oder muss das Opfer selbst aktiv werden?
Darüber herrscht nach wie vor Uneinigkeit. Auch in der aktuellen Sommersession wurden sich die Politikerinnen und Politiker nicht einig. Hier erfahren Sie, was als Stalking gilt – und wie es heute mit der Strafbarkeit aussieht.
Was Stalking bedeutet
«To stalk» heisst «sich heranpirschen» oder «heranschleichen». Der Begriff kommt aus dem englischen Jägerjargon und bezieht sich zumeist auf die zu erlegende Beute.
Wie betroffene Menschen leiden
Wer stets mit einem neuen unerwünschten Überfall rechnen muss, büsst enorm viel Lebensqualität ein. Opfer fühlen sich oft hilflos und verzweifelt in dieser vermeintlich ausweglosen Situation.
Nachstellungen nagen so manchen Menschen am Selbstvertrauen. Sie werden misstrauisch und ängstlich, womöglich fühlen sie sich auch in alltäglichen Situationen unsicher und verfolgt, vielleicht auch sogar im eigenen Zuhause. An einen erholsamen Schlaf ist oft nicht mehr zu denken.
Was das Gesetz aktuell regelt
Der Tatbestand Stalking fehlt in unserem Strafgesetzbuch – zumindest gemäss heutigem Recht. Das heisst aber nicht, dass Stalkerinnen und Stalker immer straflos davonkommen. Je nachdem erfüllt ihr Verhalten andere Straftatbestände.
So kann etwa eine Nötigung vorliegen, wenn die stalkende Person seinem Opfer regelmässig auf dem Arbeitsweg auflauert, so dass dieses einen anderen Weg wählen muss.
Ein Täter macht sich auch strafbar, wenn er die gestalkte Person immer wieder anruft und hörbar ins Telefon atmet – und so eine Fernmeldeanlage missbraucht.
Genauso könnte eine Stalkerin bestraft werden, die sich in den Wintergarten des Opfers schleicht, um es von dort aus zu beobachten.
Oder wenn sie es bedroht, sexuell nötigt, beschimpft oder verletzt.
Was sich ändern soll
Das Parlament will Stalking im Gesetz explizit unter Strafe stellen. Eine eigene Bestimmung im Strafgesetz soll unmissverständlich festhalten, dass Nachstellungen verboten sind. Auch der Bundesrat unterstützt – nach anfänglicher Skepsis – das Vorhaben.
Doch wie genau soll der neue Tatbestand ausgestaltet werden? Darüber ist sich das Parlament noch nicht ganz einig. Stalking soll grundsätzlich nur verfolgt werden, wenn das Opfer die Strafverfolgung will. Das heisst: wenn es fristgerecht einen Strafantrag stellt.
Der Nationalrat möchte aber bei Paarbeziehungen von diesem Grundsatz abweichen. Die Tat soll also von Amtes wegen verfolgt werden, wenn das Opfer mit dem Täter in einer Beziehung ist.
Der Ständerat hingegen findet das keine so gute Idee. Auch in der aktuellen Sommersession hält er daran fest, dass Stalking nur auf Antrag verfolgt werden soll. Der Bundesrat teilt diese Ansicht.
Aufgrund dieser Uneinigkeit müssen die Politikerinnen und Politiker erneut über die Bücher – und es dauert noch etwas länger, bis die Sache umgesetzt ist.
Wie Stalkende vorgehen
Nicht alle Täterinnen und Täter verhalten sich gleich. Es ist etwa möglich, dass ein Stalker:
… seinem Opfer unzählige Nachrichten schickt – per Whatsapp, Mail oder auf einer Social-Media-Plattform,
… es telefonisch terrorisiert – also ständig anruft, auch nachts,
… es immer wieder mit Geschenken überhäuft,
… es beobachtet und ihm im Alltag auflauert und es ausspioniert,
… Freunde und Bekannte des Opfers kontaktiert,
… seine Post stiehlt und liest,
… es bei der Polizei oder beim Arbeitgeber falsch anschuldigt,
… im Namen des Opfers Waren bestellt,
… in seinem Namen ein Inserat aufschaltet – etwa für Sexangebote – oder gar eine Todesanzeige veröffentlicht,
… es beschimpft oder verleumdet,
… es bedroht oder (mehr oder weniger) subtile Suizidandeutungen äussert,
… in die Wohnung des Opfers eindringt,
… die Sachen des Opfers kaputt macht, etwa indem er das Auto zerkratzt,
… es körperlich oder sexuell angreift,
… Fake-Profile des Opfers erstellt oder
… online private Informationen veröffentlicht.
Was man als betroffene Person tun kann
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Klare Grenzen setzen
Zunächst ist eine klare Ansage gefordert: Wer von Stalking betroffen ist, soll der Tatperson ein einziges Mal unmissverständlich klarmachen, dass man keinen Kontakt mehr will. Am besten tut man das, wenn Zeugen dabei sind.
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Konsequent bleiben
Nach der Ansage gilt es, konsequent zu bleiben. Das heisst: alle Kontaktversuche ausnahmslos und ohne zu zögern zu ignorieren. Abweichungen davon können von der stalkenden Person falsch interpretiert werden.
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Umfeld informieren
Oft benachrichtigen Betroffene ihr Umfeld nicht. Etwa weil sie ihre Angehörigen vor der Stalkerin oder dem Stalker schützen wollen. Das hat zur Folge, dass sich das Opfer sozial isoliert. Es ist deshalb wichtig, das private und das geschäftliche Umfeld miteinzubeziehen.
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Beweise sichern
Wer die Belästigungen beweisen kann, hat bessere Karten vor den Behörden. Es ist also wichtig, Geschenke aufzubewahren, Mails zu speichern und Screenshots von Nachrichten zu machen. In einem Tagebuch kann man das Verhalten des Stalkers schriftlich aufzeichnen, indem man Datum und Zeit der unerwünschten Besuche festhält.
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Sich helfen lassen
Es gibt viele Beratungsstellen, die genau auf solche Fälle spezialisiert sind. Wer sich frühzeitig helfen lässt, kann die richtigen Schritte unternehmen und muss nicht im Stillen leiden. Es gibt keinen Grund, sich fürs Hilfeholen zu schämen.
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Polizei einschalten
Je früher dem Täter von offizieller Seite deutlich Grenzen gesetzt werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Stalking aufhört. Deshalb lohnt es sich, die Behörden einzuschalten. Manche Polizeikorps haben spezialisierte Stalking-Fachleute oder Beratungsstellen. Sie können Stalkerinnen und Stalker unter Umständen vorläufig festnehmen und befristete Kontakt- und Rayonverbote aussprechen.
Was Angehörige tun können
Wenn eine Person aus dem nahen Umfeld gestalkt wird, wollen viele Angehörige selbst aktiv werden. Zum Beispiel, indem sie den Täter zur Rede stellen oder zwischen ihm und dem Betroffenen zu vermitteln versuchen. Doch Opferberatungen raten davon ab.
Angehörige sollten die stalkende Person konsequent abblocken und sie nicht kontaktieren. Besser ist es, die betroffene Person seelisch zu unterstützen. Ihr zuzuhören, Verständnis zu zeigen und ihr vor allem keine Vorwürfe zu machen oder ihre Aussagen anzuzweifeln. Auch hilfreich ist es, sie zur Beratung zu ermutigen und eine passende Stelle herauszusuchen.
Hinweis: Dieser Artikel wurde am 13. März 2025 erstmals veröffentlicht und am 3. Juni 2025 aktualisiert.
- Opferhilfe Schweiz
- Dachorganisation der Frauenhäuser Schweiz und Liechtenstein
- Unterkunft für Männer: Zwüschehalt
- Fedlex: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Verbrechen und Vergehen gegen die Freiheit
- Parlamentarische Initiative: StGB-Tatbestände mit Stalking ergänzen
- Schweizerische Kriminalprävention: Stalking
3 Kommentare
Die Schweiz hat sich mit in Kraft treten der Istanbul Konvention am 01.04.2018 verpflichtet, die Nachstellung (Art. 34) unter Strafe zu stellen:
Art. 34 Nachstellung
Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass vorsätzliches Verhalten, das aus wiederholten Bedrohungen einer anderen Person besteht, die dazu führen, dass diese um ihre Sicherheit fürchtet, unter Strafe gestellt wird.
Art. 41 Beihilfe oder Anstiftung und Versuch
1 Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um die Beihilfe oder Anstiftung zur Begehung einer der nach den Artikeln 33, 34, 35, 36, 37, 38 Buchstabe a und 39 umschriebenen Straftaten, wenn vorsätzlich begangen, als Straftat zu umschreiben.
Art. 42 Inakzeptable Rechtfertigungen für Straftaten, einschliesslich der im Namen der sogenannten «Ehre» begangenen Straftaten
1 Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass in Strafverfahren, die infolge der Begehung einer der in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Gewalttaten eingeleitet werden, Kultur, Bräuche, Religion, Tradition oder die sogenannte «Ehre» nicht als Rechtfertigung für solche Handlungen angesehen werden. Dies bezieht sich insbesondere auf Behauptungen, das Opfer habe kulturelle, religiöse, soziale oder traditionelle Normen oder Bräuche bezüglich des angemessenen Verhaltens verletzt. 2 Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass das Verleiten eines Kindes durch eine Person, eine der in Absatz 1 genannten Handlungen zu begehen, die strafrechtliche Verantwortlichkeit dieser Person für die begangenen Handlungen nicht mindert.
Art. 43 Anwendung der Straftatbestände
Die nach diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten finden unabhängig von der Art der Täter-Opfer-Beziehung Anwendung.
Art. 45 Sanktionen und Massnahmen
1 Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass die nach diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden Sanktionen bedroht werden, die ihrer Schwere Rechnung tragen. Diese Sanktionen umfassen gegebenenfalls freiheitsentziehende Massnahmen, die zur Auslieferung führen können. 2 Die Vertragsparteien können weitere Massnahmen in Bezug auf Täter und Täterinnen treffen, beispielsweise: – die Überwachung und Betreuung verurteilter Personen; – den Entzug der elterlichen Rechte, wenn das Wohl des Kindes, das die Sicherheit des Opfers umfassen kann, nicht auf andere Weise garantiert werden kann.
Art. 46 Strafverschärfungsgründe
Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass die folgenden Umstände, soweit sie nicht bereits Tatbestandsmerkmale darstellen, im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen des internen Rechts bei der Festsetzung des Strafmasses für die nach diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten als erschwerend berücksichtigt werden können: a. die Straftat wurde gegen eine frühere oder derzeitige 16Ehefrau oder Partnerin im Sinne des internen Rechts beziehungsweise gegen einen früheren oder derzeitigen Ehemann oder Partner im Sinne des internen Rechts oder von einem Familienmitglied, einer mit dem Opfer zusammenlebenden Person oder einer ihre Autoritätsstellung missbrauchenden Person begangen; b. die Straftat oder mit ihr in Zusammenhang stehende Straftaten wurden wiederholt begangen; c. die Straftat wurde gegen eine aufgrund besonderer Umstände schutzbedürftig gewordene Person begangen; d. die Straftat wurde gegen ein Kind oder in dessen Gegenwart begangen; e. die Straftat wurde von zwei oder mehr Personen gemeinschaftlich begangen; f. der Straftat ging eine extrem schwere Gewalt voraus oder mit ihr einher; g. die Straftat wurde unter Einsatz oder Drohung mit einer Waffe begangen; h. die Straftat führte zu schweren körperlichen oder psychischen Schäden beim Opfer; i. der Täter beziehungsweise die Täterin ist bereits wegen ähnlicher Straftaten verurteilt worden.
Es ist doch erstaunlich, dass sich die PolitikerInnen seit 2018 derart schwer tun.
Stalking, Cberstalking sowie Häusliche Gewalt kann bei https://safe.with-you.ch/logi… bzw. www.with-you.ch erfasst werden. Die Webseite wird von der IT der Schweizer Eidgenossenschaft unterstützt. Bisher zeigten Behördenmitglieder und einige Staatsanwaltschaften Toleranz nicht nur bei Stalking sondern auch bei massiver Häuslicher Gewalt. Diese passive Haltung schafft ein Klima, das häusliche Gewalt fördert.
Nachstellung bzw. Stalking wird in Art. 34 des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Häuslicher Gewalt unter Strafe gestellt und gilt bei vorsätzlicher Durchführung als Offizialdelikt. Die Schweiz als Signatarstaat wäre seit in Kraft treten im April 2018 verpflichtet gewesen, die Konvention sofort umzusetzen und die aufgefürten Straftaten, die teils seit 1964 als Offizialdelikte gelten (Zwangsheiraten/-ehen, bei denen Drittpersonen den Frauen das Weigerungsrecht verweigern), so dass sie unter Aufsicht der organisierenden Familien versklavt, als Leibeigene vergewaltigt werden und der Dauergewalt inkl. Stalking ausgesetzt sind.Dazu gehört auch (Cyber-)Stalking zwecks Kontrolle der sozialen Kontakte der Jugendlichen mit u.U. Outplacement, Verschleppung und andere Formen der häuslichen Gewalt. Bund, Kantone und Gemeindepolitiker und Behördenmitglieder dulden seit 1964 bis heute die eklatanten Menschenrechtsverletzungen, die begründet werden mit religiösen, traditionellen Normen. Sie sind aufgrund der Garantenpflicht de facto MittäterInnen.