Experten kritisieren zahnlose Gesetzesreform
Mangelhafte IV-Gutachten sollen leichter überprüft werden können. So will es das Parlament. Die Gesetzesrevision könnte allerdings völlig wirkungslos bleiben.
Veröffentlicht am 6. Juni 2025 - 16:09 Uhr
Das Parlament hat eine Motion angenommen, damit mangelhafte Gutachten einfacher überprüfbar sind.
Diese Woche hat das Parlament eine Motion angenommen und damit beschlossen, die Invalidenversicherung anzupassen. Ziel: Wer von einer Gutachterstelle begutachtet wurde, die nach einer Empfehlung der Eidgenössischen Kommission für Qualitätssicherung in der medizinischen Begutachtung (EKQMB) von der Gutachterliste gestrichen wurde, soll sein mangelhaftes Gutachten leichter überprüfen können.
Auslöser war der Fall der Firma Pmeda. Diese hatte jahrelang Gutachten voller Fehler erstellt – und damit unzählige Betroffene um eine IV-Rente gebracht. Auch der Beobachter hatte über solche Fälle berichtet. Viele hofften darum, doch noch zu einer Rente zu kommen, sobald das neue Gesetz in Kraft ist. Doch das wird kaum passieren – die neuen Bestimmungen drohen zum toten Buchstaben zu werden.
Wer von Pmeda begutachtet wurde, hat Pech gehabt
Denn: Der Bundesrat will das neue Gesetz nur auf neue Fälle anwenden. Wer einst von Pmeda begutachtet wurde, hat also Pech gehabt. Entsprechend enttäuscht sind Experten und Interessenverbände.
Für Procap, die sich für Menschen mit Behinderung einsetzt, ist klar: «Eine solche Umsetzung entspricht in keiner Art und Weise dem Ziel der Motion.» In den Kommissionen sei immer klar gewesen, dass man auch rückwirkend handeln müsse. «Das ist ein Hohn für die Betroffenen.» Man hoffe nun auf das Parlament, das sich mit einer derart zahnlosen Umsetzung kaum zufriedengebe.
Angst vor Klagewelle
Auch Luzius Hafen, der als Anwalt Betroffene vertritt, ist ernüchtert. Werde die Motion tatsächlich so umgesetzt, wie es der Bundesrat in seiner ersten Stellungnahme vermuten liess, werde das neue Gesetz wohl wirkungslos bleiben. «Ich befürchte, dass die EKQMB in Zukunft kaum mehr empfehlen wird, Gutachterstellen von der Liste zu streichen.»
Die Empfehlung habe für die EKQMB mühsame Folgen gehabt. So seien unter anderem Geschäftsführer und Präsident in zwar aussichtslose, aber aufwendige Strafverfahren verwickelt worden. Er rechne deshalb mit einer sehr zurückhaltenden Praxis, was weitere konkrete Empfehlungen angehe.
Ein positives Zeichen sieht Hafen aber darin, dass die Motion klar angenommen wurde. «Ich hoffe, dass das einen Kulturwandel bei IV-Stellen, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und den Gerichten bewirkt.»