Kunde kritisiert löchriges Werbeversprechen von Sanitas
Sanitas wirbt für ihre Zusatzversicherung mit dem Versprechen, Vorerkrankungen zu akzeptieren. Doch das gilt nicht für alle, wie die Krankenkasse zugibt.
Veröffentlicht am 25. September 2025 - 16:45 Uhr
Am Hauptsitz der Krankenkasse Sanitas kann man die Kritik am neuen Versicherungsmodell nicht nachvollziehen.
Das Angebot sei einzigartig in der Schweiz, verspricht die Krankenkasse Sanitas. Das neue Angebot biete «volle Deckung trotz Vorerkrankung» in der Zusatzversicherung. «Weil Sie mehr als eine Diagnose sind», heisst es.
Träfe das zu, wäre das tatsächlich eine Neuheit. Denn bisher schlossen Zusatzversicherungen bei einer Vorerkrankung Leistungen aus (der Beobachter gibt dazu Tipps).
Sanitas verspricht nun, die Leistungen auch bei bestehenden Leiden zu garantieren. Etwa bei Halbprivat- oder Privatversicherungen bei einem Spitalaufenthalt. Allerdings kostet die Zusatzversicherung dann deutlich mehr.
Abgelehnt wegen Erkrankung
Thomas Lienhard freute sich über dieses Angebot, erzählt er dem Beobachter. Und wurde enttäuscht. Die Versicherung lehnte seinen Antrag ab. Lienhard konnte sich weder halbprivat bei einem Spitalaufenthalt versichern lassen noch eine Zusatzversicherung abschliessen, die etwa Notfallbehandlungen im Ausland bezahlen würde.
Die Versicherung begründete die Ablehnung mit einem Standardsatz: «Je nach Vorerkrankung können wir leider nicht immer ein Angebot unterbreiten.» Der wahre Grund: Thomas Lienhard leidet an Morbus Crohn. Einer chronischen Krankheit, die mit Entzündungen im Verdauungstrakt einhergehen kann.
«Unlautere Werbung», sagt ein Betroffener
Lienhard fühlte sich verschaukelt: «Das Verhalten von Sanitas ist klar irreführend. Es gab keinen Zuschlag, sondern eine vollständige Ablehnung. Damit widerspricht die Praxis direkt der Werbeaussage. Die Werbung von Sanitas ist somit unlauter.»
Bei Sanitas heisst es, grundsätzlich stehe das Versicherungsmodell auch chronisch Kranken offen. In zahlreichen Fällen habe man Menschen mit chronischen Erkrankungen eine volle Versicherungsdeckung anbieten können.
Sanitas sieht keine Irreführung
Bei der Krankenkasse gibt man aber zu, dass alle, die an Morbus Crohn, Galaktosämie oder Fibromyalgie leiden, vom Werbeversprechen ausgenommen sind. Man arbeite daran, bis Februar für Betroffene mit diesen Erkrankungen ein Angebot ohne Ausschluss möglich zu machen, sagt ein Sprecher.
Die Werbung zum individuellen Prämienzusatz sei aber nicht irreführend. Sanitas informiere ausführlich zum Angebotsspektrum und zu den Bedingungen des individuellen Prämienzusatzes.
Tatsächlich informiert Sanitas transparent darüber, dass eine Gesundheitsprüfung über eine Aufnahme entscheide. Die Krankenkasse behalte sich vor, eine Lösung mit einem Leistungsausschluss zu offerieren.
Lauterkeitskommission eingeschaltet
Nirgends erwähnt wird allerdings, dass gewisse Vorerkrankungen auf dem Index stehen. Dass etwa alle abgelehnt werden, die an Morbus Crohn, Galaktosämie oder Fibromyalgie leiden.
Thomas Lienhard hat deshalb die Lauterkeitskommission eingeschaltet. Das Branchengremium muss nun prüfen, ob die Sanitas-Werbung unlauter ist. Ein Entscheid ist in den nächsten Monaten zu erwarten, sagt der Kommissionspräsident.
- Sanitas: Neues Zusatzversicherungsangebot