Der Ruf nach mehr Transparenz entlang der Lebensmittel-Wertschöpfungskette wird lauter. Beide Parlamentskammern haben eine parlamentarische Initiative überwiesen, die die Bruttomargen im Detailhandel überwachen will. Ende September stimmte auch der Ständerat zu. 

Das Bundesamt für Landwirtschaft soll im Zuge von Preiserhebungen, die es sowieso schon macht, auch Daten zu den Margen bei Schweizer Lebensmitteln erheben und diese anschliessend in einem Bericht publizieren. Die Bauern sollen diese Marktbeobachtungsdaten nutzen können, um mit Migros, Coop, Aldi oder Lidl Preise auszuhandeln. In der Kritik stehen oft die hohen Margen bei Bioprodukten

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Ein Datenleck als Auslöser

Konkret soll es darum gehen, nachzuvollziehen, welchen Anteil vom Verkaufspreis die Bauern erhalten, welchen Anteil die Verarbeiter wie eine Molkerei und welchen die Händler wie Migros oder Coop. Die zuständige Ratskommission soll nun eine Gesetzesvorlage erarbeiten.

Der Hintergrund: Ein Datenleck einer grossen Genfer Molkerei zeigte vor drei Jahren, dass Migros und Coop bei Milchprodukten offenbar riesige Bruttomargen verlangen. Die Zeitung «Le Temps» und das Portal «Heidinews» berichteten darüber. Eine Genfer Nationalrätin reichte daraufhin die parlamentarische Initiative ein. 

Bruttomargen von 68 Prozent

Das Leck zeigte gemäss diesen Medien auf, dass etwa die Migros den Weichkäse «Tomme Vaudoise» für 1.26 Franken bei der Genfer Molkerei einkauft, um ihn dann für 2.10 Franken den Kunden weiterzuverkaufen. Das entspricht einer Bruttomarge von 67 Prozent. Bei Coop soll der Einstandspreis für diesen Käse 1.40 Franken betragen haben, der Verkaufspreis 2.35 Franken und die Bruttomarge 68 Prozent. 

Migros und Coop kritisieren gegenüber dem Beobachter allerdings diese Angaben. Die berechneten Werte seien nicht nachvollziehbar, sagt Coop. Es gebe keine überhöhten Margen, sagt die Migros. Als Genossenschaften würde man keine Gewinnmaximierung betreiben, sagen beide. 

Coop und Migros verweisen auf Wettbewerb

Der Wettbewerb sei durch Einkaufstourismus und Discounter so hart, dass eine solche Preispraxis gar nicht möglich sei. Zudem hätten die Bruttomargen keine Aussagekraft, da diese die Kosten nicht berücksichtigen. 

Tatsächlich darf man Bruttomargen nicht mit Gewinnmargen gleichsetzen. Interessanter wären eigentlich die Nettomargen oder Gewinnmargen. Diese würden zeigen, was unter dem Strich übrig bleibt. Aber die werden nie auf Produktstufe veröffentlicht. 

Detailhandel findet Offenlegung ungerecht

Die IG Detailhandel, die die Interessen der Händler vertritt, sagt, das Bundesamt für Landwirtschaft führe schon jetzt Marktbeobachtungen durch. Eine Offenlegung der Margen auf Produktebene führe zu weit. «Zudem ist es nicht nachvollziehbar, wieso gerade der Detailhandel als einzige Branche seine Margen offenlegen soll.»

Stefan Flückiger vom Verein Faire Märkte Schweiz sagt hingegen, die geplante Offenlegung der Margen sei «sehr positiv». Diese Transparenz sei nötig, um den Bauern und Konsumentinnen faire Preise zu ermöglichen. Die Stiftung Konsumentenschutz ist gleicher Meinung. Es sei völlig intransparent, wie die Preise zustande kämen und wie die Margen entlang der Wertschöpfungskette verteilt seien.