Ein Streit in einem Wohnblock in Basel endet vor Gericht: Ein Vermieter verschafft sich mit einem Generalschlüssel Zugang zur Wohnung seines Mieters und Nachbarn. Dieser klagt wegen Hausfriedensbruchs. 

Nachdem die Staatsanwaltschaft per Strafbefehl den Vermieter schuldig gesprochen hatte, erhob der Beschuldigte Einspruch – mit Erfolg: Das Basler Strafgericht sprach den Vermieter frei. Das Urteil liegt dem Beobachter vor.

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Ein vermeintlicher Wasserschaden 

Im Dezember 2024 bemerkte der fast 90-jährige Vermieter Erik Hoffmann fehlendes Warmwasser und einen leeren Boiler. Seinen Angaben zufolge befürchtete er einen Wasserschaden. Er habe seinen Mieter kontaktieren wollen, habe aber wegen eines Anbieterwechsels sein Handy nicht benutzen können.

Als er Wassergeräusche aus der Wohnung seines Mieters Swen Krug gehörte habe, aber niemand auf sein Klingeln die Türe öffnete, habe er die Wohnung mit einem Generalschlüssel betreten. Seiner Schilderung nach stellte er einen laufenden Wasserhahn ab, verliess die Wohnung und informierte Krug tags darauf. Ein Schaden entstand nicht. 

Die Betroffenen heissen in Wirklichkeit anders, ihre Namen dürfen aber aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen nicht genannt werden.

Mieter sieht es als Schikane

Der Mieter, ein 52-Jähriger, wohnt erst seit einem Jahr in der Wohnung. Dem Beobachter sagte er, das Verhältnis zum Vermieter sei schon kurz nach dem Einzug schwierig geworden

Krug empfand das Betreten seiner Wohnung als Schikane. Vor Gericht argumentierte er, das Ziel des Vermieters sei es gewesen, ihn aus seinem Zuhause zu drängen. 

«Im Zweifel für den Angeklagten»

Das Strafgericht Basel-Stadt folgte der Darstellung des Vermieters und gewichtete den angenommenen Notfall von Hoffmann höher als das «diffuse Gefühl» der Schikane von Krug. 

Der Vermieter habe in irrtümlicher Überzeugung gehandelt, einen unmittelbar drohenden Schaden abwenden zu müssen. Mangels anderslautender Beweise wurde er nach dem Grundsatz «Im Zweifel für den Angeklagten» freigesprochen.

Kritik vom Mieterverband

Beim Basler Mieterinnen- und Mieterverband stösst der Entscheid auf Kritik. Beat Leuthardt, Mediensprecher des Verbands, betont: «Die eigene Wohnung ist ein hohes und schützenswertes Gut.» Ohne ausdrückliche Zustimmung dürfe die Vermieterschaft nur eintreten, wenn ein Notstand vorliege und keine andere Handlungsmöglichkeit bestehe. «Vorliegend scheint es keine Anzeichen unmittelbarer Gefahr gegeben zu haben.»

«Polizei oder Feuerwehr hätte kontaktiert werden müssen.» 

Beat Leuthardt, Mediensprecher Basler Mieterinnen- und Mieterverband

Für Leuthard ist klar: Das Urteil trägt dem Schutz der Privatsphäre nicht genügend Rechnung. Auch das Argument eines defekten Handys überzeugt ihn nicht: «Es hätte nach meiner persönlichen Meinung Polizei oder Feuerwehr kontaktiert und beigezogen werden müssen.»

Rechtsstreit ist noch nicht zu Ende

Krug lebt trotz des angespannten Verhältnisses zu seinem Vermieter weiterhin in der Wohnung. Er sagt gegenüber dem Beobachter, dass es für ihn schwierig sei, eine neue Wohnung zu finden. Aus finanziellen Gründen werde er das Verfahren aber nicht weiterziehen. 

Dennoch scheut Krug eine neue gerichtliche Auseinandersetzung nicht: Er gab an, erst nach dem Betreten durch seinen Vermieter von der Existenz des Generalschlüssels erfahren zu haben. Aufgrund dessen und wegen anderer Mängel in der Wohnung wandte er sich an die Schlichtungsbehörde. Diese verpflichtete Hoffmann im Mai zur Schlüsselübergabe. Eine Einigung kam jedoch nicht zustande. Nun muss sich das Zivilgericht mit dem Fall befassen. 

Wann Vermieter einen Passepartout behalten dürfen

Wie sieht die Rechtslage generell aus? Darf ein Vermieter einen Schlüssel zu seiner vermieteten Wohnung besitzen? Juristin Norina Meyer vom Beobachter-Beratungszentrum erklärt: «Das ist grundsätzlich nur erlaubt, wenn der Mieter ausdrücklich damit einverstanden ist.» Dies war vorliegend offenbar nicht der Fall.
 

Quellen
  • Urteil des Strafgerichts Basel-Stadt
  • Verfügung der staatlichen Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten Basel-Stadt
  • Nach Angaben des Basler Gerichts vom 13. Oktober ist das Urteil noch nicht rechtskräftig