Frauen haben eine längere Lebenserwartung als Männer – aber oft eine schlechtere Altersvorsorge. Allerspätestens mit 50 – also 10 bis 15 Jahre vor der Pensionierung – sollte sich frau mit ihrer finanziellen Zukunft befassen. Denn mit 63 ist es dafür definitiv zu spät. In so kurzer Zeit lassen sich kaum noch früher entstandene Löcher stopfen, die bei Frauen nach wie vor häufiger als bei Männern sind. Aufgrund ihrer Biographie (Kinderpause, Teilzeit, Umschulungen) weist ihre Altersvorsorge in der Regel mehr Lücken auf. Die drei Säulen AHV, Pensionskasse und privates Sparen funktionieren nur dann, wenn man in allen drei Bereichen sparen kann. Das ist aber oft nicht der Fall.

Wie soll das Leben nach der Pensionierung aussehen?

Wie bei der verheirateten 52-jährigen Nina F. Ihre Kinder sind bald aus dem Haus, und sie hat nach einer langjährigen Berufspause wieder eine Teilzeitstelle als Krankenschwester gefunden, mit der sie jährlich 18'000 Franken verdient. Die zweite Säule fällt für sie weg. Denn nur wer als Angestellte mindestens 21'330 Franken im Jahr verdient, ist obligatorisch in der zweiten Säule zu versichern. Tiefere Einkommen hingegen sind davon ausgeschlossen. Das Gleiche gilt für die selbständig Erwerbstätigen. Aber auch für Nina F. ist es noch nicht zu spät, sich mit der eigenen Altersvorsorge zu befassen.

Zunächst geht es darum, sich Gedanken zu machen, wie das Leben nach der Pensionierung aussehen soll. Planen Sie eine einjährige Reise quer durch Afrika oder eine Weiterbildung? Wollen Sie weiterarbeiten oder gar auswandern? Wo wohnen Sie im Rentenalter? Kommt zum Beispiel der Umzug vom Haus in eine Eigentumswohnung in Frage?

Schätzen Sie ab, was Ihre Projekte kosten werden. Je früher Sie das Geld dafür mit einplanen, desto eher können Sie das Projekt zum gegebenen Zeitpunkt realisieren. Denn damit Träume wahr werden, braucht es eine systematische Planung.

Jetzt sollte man sich einen Überblick über die finanzielle Situation verschaffen: Am Anfang jeder Vorsorgeanalyse gilt es abzuklären, welche Mittel überhaupt vorhanden sind, nur so kann man feststellen, welche Lücken man noch füllen muss. Dafür benötigen Sie folgende Unterlagen:

 

  • Auszug aus dem individuellen Konto der AHV;
  • Ausweis und Reglement der Pensionskasse, Belege von Freizügigkeitskonten oder -policen;
  • Belege zu Säule-3a-Konten oder -policen;
  • aktuelle Konto- und Depotauszüge;
  • Lebensversicherungspolicen;
  • Unterlagen zum Wohneigentum;
  • die letzte Steuererklärung mit der aktuellen Veranlagung.


Lassen Sie sich von Ihrer AHV-Ausgleichskasse die zukünftige Rente berechnen. Beitragslücken der letzten fünf Jahre lassen sich schliessen. Überprüfen Sie zudem mit Hilfe des letzten Versicherungsausweises Ihrer Pensionskasse Pensionskasse Lesehilfe für Ihren Vorsorgeausweis Ihren Rentenanspruch. So wissen Sie, über welche festen Einkünfte Sie im Alter voraussichtlich verfügen.

Überlegen Sie sich nun, ob Sie die Planung selbst in die Hand nehmen oder ob Sie sich beraten lassen wollen. Mögliche Anlaufstellen sind der FinanzPlaner Verband Schweiz FPVS, wo man sich nach Fachleuten in der Region erkundigen kann. Auch die Berner Frauenzentrale bietet eine erste Beratung an.

Entscheidend für die weitere Planung ist, wie hoch Ihr Einkommensbedarf nach der Pensionierung ist: Normalerweise kann man davon ausgehen, dass man 70 bis 90 Prozent des bisherigen Einkommens benötigt, um nach der Pensionierung den bisherigen Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Erstellen Sie ein Budget , das die Ausgaben nach der Pensionierung berücksichtigt. Beziehen Sie Ihren Partner mit ein, aber auch andere Aspekte – zum Beispiel, ob Sie dann noch Ihre Kinder oder allenfalls Ihre Eltern finanziell unterstützen müssen. Für die Zeit vor und nach der Pensionierung ist eine Budget-Tabelle nützlich (siehe Guider-Checkliste «Budgetplanung Pensionierung»).

Vergleichen Sie nun die monatlichen Ausgaben mit den Einkünften. Wenn Sie etwa 500 Franken mehr Ausgaben als Einkünfte haben, benötigen Sie pro Jahr 6000 Franken mehr. Da bei Frauen die durchschnittliche Lebenserwartung bei 84 Jahren liegt, müssten Sie also noch rund 120'000 Franken aufwenden, um Ihren jetzigen Lebensstandard absichern zu können.

Meist verfügt frau über Erspartes oder sie hat einen Partner, der finanziell abgesichert ist. Weil Nina F. verheiratet ist und ihr Mann immer eine Stelle hatte, konnten sie bisher in den drei Säulen genügend sparen. Frauen sollten diesbezüglich aber nicht nur von ihrem Partner abhängig sein. Dass heute fast die Hälfte der Ehen geschieden wird, ist eine Tatsache.

Kommt es zu einer Scheidung und wird das während der Ehe Ersparte geteilt (dazu gehören auch Gelder der Pensionskasse und der Säule 3a), sind oft nicht genug Mittel vorhanden, um den gewohnten Lebensstandard im Alter zu gewährleisten. Um unabhängig zu bleiben, sollten sich Frauen deshalb um eine eigene Altersvorsorge kümmern. Nina F. etwa könnte zum Beispiel ihr Arbeitspensum aufstocken, um den Mindestlohn zu erreichen, der für die zweite Säule notwendig ist. Falls dies nicht möglich ist, sollte sie unbedingt versuchen, jeden Monat etwas Geld auf die Seite zu legen.

Dabei gilt: Je weniger Kapital vorhanden ist, desto sicherer sollte es angelegt sein. Zudem sollte man über eiserne Reserven verfügen. Man geht hier von etwa dem dreifachen Monatsbedarf aus. Alles darüber kann man anlegen.

Bei der Vorsorgeplanung stehen Nina F. verschiedene Möglichkeiten offen: Einzahlungen in die Säule 3a oder 3b oder ein Einkauf in die zweite Säule.

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Säule 3a und 3b

Nina F. könnte sich zwischen der gebundenen Vorsorge (Säule 3a) und der freien Vorsorge (Säule 3b) entscheiden. In der freien Vorsorge bildet sie Rücklagen auf ihrem Spar- und Privatkonto oder investiert in Anlagefonds oder in eine nicht gebundene Lebensversicherung. Steuerlich profitieren kann sie davon nicht.

Genau dies wäre aber von Vorteil, denn dann könnte sie den Betrag, den sie durch tiefere Steuern spart, auf die hohe Kante legen. Das ist möglich, wenn sie sich für Einzahlungen in die Säule 3a entscheidet: In diesem Fall kann sie die jährlichen Beiträge in ihrer Steuererklärung voll von ihrem Einkommen abziehen.

Die gebundene Vorsorge steht Nina F. offen, weil sie über ein AHV-pflichtiges Erwerbseinkommen verfügt. Sobald sie ihre Erwerbstätigkeit aufgibt, ist ihr diese Möglichkeit wieder verschlossen. Dieses Jahr dürfte sie als Angestellte mit einer Pensionskasse maximal 6826 Franken einzahlen. Wenn sie den Mindestlohn für die Pensionskasse nicht erreicht, sind es 20 Prozent ihres Einkommens, also 3600 Franken. Das Gleiche gilt für Selbständigerwerbende, die keine Pensionskasse haben, etwa für ihre Schwester Anja, die sich als Gärtnerin selbständig gemacht hat. Sie dürfte maximal 34'128 Franken einzahlen.

Einkauf in die zweite Säule

Wenn Nina F. den Mindestlohn für die zweite Säule erreicht, kann sie abklären, mit welchem Betrag sie sich in die Pensionskasse einkaufen kann. Der Einkauf bringt mehrere Vorteile: Ihr Altersguthaben respektive ihre Altersrente erhöhen sich – und die Leistungen bei Tod und Invalidität werden in der Regel verbessert. Zudem kann sie die Einzahlungen vollumfänglich in der Steuererklärung von ihrem Einkommen abziehen und die dadurch erzielten Ersparnisse auf die Seite legen.

Eine Rolle spielt dabei auch, ob ihre Einzahlung in den obligatorischen oder überobligatorischen Teil der Pensionskasse fliesst. Der überobligatorische Teil wird meistens schlechter verzinst.

Des Weiteren sollten einem die höheren Leistungen auch einen Vorteil bringen. Ihre Freundin Anina, die seit Jahren ohne eine feste Beziehung lebt, benötigt zum Beispiel keine grosszügige Witwerrente. Der Ehemann von Nina F. hingegen wird durch den Einkauf besser abgesichert, was ein Pluspunkt wäre. Zudem sollte sie nicht vergessen, abzuklären, ob bei ihrer Pensionskasse eine Unterdeckung besteht. Das ist der Fall, wenn das aktuelle Vermögen der Pensionskasse nicht ausreicht, um alle heutigen und künftigen Leistungen zu decken. Der Deckungsgrad wird in Prozenten angegeben. Bei weniger als 100 Prozent besteht eine Unterdeckung. In diesem Fall wäre unter Umständen das Altersguthaben in Gefahr und ein Einkauf deshalb ein riskantes Unterfangen.

Einzahlungen in die zweite Säule sind aus steuerlicher Sicht vor allem sinnvoll, wenn man bereits den jährlich maximalen Betrag in die Säule 3a eingezahlt hat. Zahlt man ein Jahr nicht in die Säule 3a ein, lässt sich dies nicht nachholen. Für den Einkauf in die Pensionskasse ist man hingegen nicht auf ein bestimmtes Jahr fixiert. Die Einkäufe sollte man nicht alle auf einmal, sondern verteilt auf mehrere Jahre vornehmen, damit man steuerlich mehrmals davon profitieren kann.

Lebensversicherung

In einzelnen Fällen kann auch der Abschluss einer Lebensversicherung sinnvoll sein. In der Regel fallen aber die Renditen bei Versicherungspolicen geringer aus als bei Bankeinlagen, da von den einbezahlten Beträgen ein nicht unwesentlicher Anteil für den Versicherungsschutz und die Verwaltungskosten abgezogen wird. Ausserdem ist man über einen längeren Zeitraum an fixe Einzahlungen gebunden. Wer keinen Versicherungsschutz benötigt, sollte daher die Banklösung wählen.

Am besten überprüft man alle drei bis fünf Jahre, ob sich die Projekte, das Einkommen oder Vermögen geändert haben. Ist das der Fall, überlegt man sich, welche Konsequenzen diese Veränderung für die finanzielle Situation nach der Pensionierung haben könnte. Zudem sollte man genau verfolgen, ob es gesetzliche Neuerungen gibt, die die eigene Situation betreffen könnten.

Je näher das Pensionsalter rückt, desto konkreter kann man das Budget für die Zeit danach festlegen, den genauen Zeitpunkt der Pensionierung bestimmen und sich überlegen, ob man die AHV-Rente vor- oder regulär beziehen oder gar aufschieben will. Ein Aufschub hat eine höhere Rente, ein Vorbezug eine tiefere Rente zur Folge. Dann sollte man auch entscheiden, ob man die Leistungen aus der Pensionskasse als Kapital, Rente oder als gemischte Variante beziehen will. Die Pensionskasse sieht in ihrem Reglement vor, bis wann man diesen Entscheid treffen muss. Zudem sollte man sich überlegen, wann man die Pensionskassenguthaben und die Säule 3a beziehen will. Mit einem gestaffelten Bezug über mehrere Jahre lassen sich Steuern sparen.

Nina F. wird jetzt erst einmal versuchen, ihr Pensum aufzustocken, damit sie sich in die zweite Säule einkaufen kann. Zudem nimmt sie sich vor, in den nächsten Jahren konsequent auf ein Säule-3a-Konto einzuzahlen. Mit diesen Massnahmen kann sie sich auch mit 52 noch eine eigene Altersvorsorge aufbauen.

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