Das passiert vielen: Man verpasst die Frist, um die Steuererklärung einzureichen. Nicht immer hat es aber so einschneidende Konsequenzen wie bei jener IT-Firma, die im April 2021 ihren Firmensitz vom Kanton Zürich in den Thurgau verlegt hatte. Ihr Versäumnis: In keinem der beiden Kantone reichte sie fürs Jahr 2021 eine Steuererklärung ein – obwohl sie mehrere Mahnungen erhalten hatte.

Daraufhin schätzten die beiden Steuerämter im Herbst 2023 die Gesellschaft aufgrund der vorhandenen Unterlagen ein: Im Thurgau schätzte man den steuerbaren Gewinn auf 75’000 Franken ein, in Zürich aber auf 38 Millionen. Erst jetzt wurde die IT-Firma doch noch aktiv und reichte eine «‹vorläufige› Steuererklärung, Bilanz und Erfolgsrechnung ein» – allerdings nur im Thurgau. In Zürich verpasste die Firma die 30-tägige Einsprachefrist.

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Das Steueramt schätzte den Gewinn viel zu hoch ein – und dabei bleibts.

Das hat Folgen: Obwohl die Firma danach gegen die Zürcher Steuerrechnung prozessierte und argumentierte, der geschätzte Gewinn sei viel zu hoch, blitzte sie vor Bundesgericht ab. Die steuerpflichtige Firma habe ihre Verfahrenspflichten nicht erfüllt und sei zu Recht von Amtes wegen eingeschätzt worden. Dagegen kann man zwar Einsprache machen und eine Korrektur verlangen. Man muss dabei aber alle notwendigen Unterlagen innert 30 Tagen einreichen – das hat die Firma im Kanton Zürich nicht gemacht.

Die Firma machte vergeblich geltend, die zu hohe Einschätzung – in Wahrheit betrug der steuerbare Gewinn nicht 38 Millionen, sondern 328’000 Franken – sei «nichtig», weil das Zürcher Steueramt willkürlich gehandelt habe. Davon könne keine Rede sein, urteilte jetzt das Bundesgericht.

Bundesgericht: Einschätzung war nicht willkürlich

Aufgrund der damals vorhandenen Unterlagen wäre es «im Bereich des Möglichen gelegen», dass die IT-Firma eine von ihr entwickelte und marktreife Software für künstliche Intelligenz vermarkten konnte. Im Jahr vorher war die Firma für 41 Millionen US-Dollar verkauft worden, auch deshalb sei der geschätzte Gewinn «nachvollziehbar und vertretbar, jedenfalls nicht willkürlich» gewesen, so das Bundesgericht.

Die Firma muss deshalb die Zürcher Steuerrechnung über mehr als 6 Millionen Franken bezahlen – obwohl sie objektiv viel zu hoch ist.

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Die Steuertipps vom Beobachter

Das kann nicht nur Firmen passieren, sondern auch Privatpersonen, die ihre Steuererklärung nicht einreichen. Der Beobachter erklärt, was man dazu wissen muss:

  • Sobald die Steuererklärung eintrifft: Gesuch um Fristverlängerung einreichen – auch dann, wenn Sie überzeugt sind, es rechtzeitig zu schaffen. Es kann immer etwas dazwischenkommen. In der Regel kann man die Fristverlängerung online beantragen.
  • Können Sie auch die erstreckte Frist nicht einhalten, nehmen Sie vor Ablauf der Frist Kontakt auf mit dem Steueramt, schildern Sie die Situation und bitten Sie um eine neue Frist. Wichtig: Darauf gibt es keinen Rechtsanspruch – Sie sind auf Kulanz angewiesen.
  • Wenn Sie keine Steuererklärung einreichen, erhalten Sie eine Mahnung. Reagieren Sie auch darauf nicht, kommt es zu einer Busse. Sie beträgt üblicherweise für Privatpersonen je nach kantonalem Bussenkatalog ein paar Hundert Franken. Im Wiederholungsfall wird es teurer.
  • Wer immer noch keine Steuererklärung einreicht, wird vom Steueramt «nach pflichtgemässem Ermessen» eingeschätzt. Obwohl das Steueramt im Prinzip dabei der Wahrheit möglichst nahe kommen sollte, ist erfahrungsgemäss eine solche Steuereinschätzung (und damit auch die folgende Steuerrechnung) fast immer zu hoch.
  • Korrigieren kann man dies, wenn man innert 30 Tagen Einsprache macht. Wichtig: Gleichzeitig muss man die vollständige Steuererklärung samt allen verlangten Beilagen und Belegen für die fragliche Steuerperiode einreichen.
  • Verpasst man diese Frist, kann man die zu hohe Steuereinschätzung nur noch unter ganz bestimmten Voraussetzungen nachträglich korrigieren lassen: entweder, weil man belegen kann, dass das Steueramt die Einschätzung ganz bewusst zu hoch machte, obwohl es beispielsweise das steuerbare Einkommen kannte. So war es bei mehreren Fällen, die der Beobachter vor Jahren publik machte. Oder man kann belegen, dass man die 30-tägige Einsprachefrist unverschuldet verpasst hat. Dafür sind aber die Hürden hoch: Man muss etwa beweisen können, dass man in der fraglichen Zeit bewusstlos auf der Intensivstation lag – Ferien, Stress oder Überforderung reichen nicht.