Die Bedrohung lauert dort, wo man eigentlich am sichersten sein sollte: im eigenen Zuhause. Gemäss Statistik sind die Opfer in über 70 Prozent der Fälle Frauen. Aber auch Männer, Jugendliche und Kinder sind betroffen.

Fest steht: Häusliche Gewalt verursacht täglich immer noch immenses Leid. Das belastet nicht nur die Betroffenen, sondern die gesamte Gesellschaft, heisst es auch beim Eidgenössischen Departement des Innern (EDI). 

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Deshalb hat der Bund diesen November die erste nationale Präventionskampagne gestartet. Ab Mai 2026 wird es zudem eine nationale Helpline geben, die unter der Nummer 142 rund um die Uhr erreichbar ist.

Der Beobachter zeigt, was bei häuslicher Gewalt rechtlich gilt und wie Betroffene schon jetzt Hilfe erhalten.

Wann spricht man von häuslicher Gewalt?

Meist geht es um Gewalt innerhalb der Familie und des Haushalts. Aber auch in aufgelösten Beziehungen ohne gemeinsamen Haushalt kann sie vorkommen. Psychische Gewalt zählt genauso dazu wie etwa Stalking durch einen Ex-Partner, Misshandlungen durch pflegende Angehörige, Vergewaltigung in der Ehe oder körperliche Gewalt von Eltern gegen Kinder und umgekehrt.

Was gilt rechtlich?

Wer von Gewalt, Drohungen oder Stalking betroffen ist, kann verlangen, dass die gewaltausübende Person sich nicht mehr annähern darf oder sich nicht in einem bestimmten Umkreis der Wohnung oder an bestimmten Orten aufhalten darf. Es kann ihr verboten werden, das Opfer zu kontaktieren oder es in anderer Weise zu belästigen. Bei gemeinsamem Haushalt kann die verletzende Person für eine bestimmte Zeit aus der Wohnung ausgewiesen werden.

Wer Gewalt anwendet, macht sich strafbar. Unter Strafe gestellt sind etwa Körperverletzung, Tätlichkeit, Drohung, Nötigung, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung – und ab dem 1. Januar 2026 auch Stalking. «Den meisten Betroffenen geht es allerdings nicht um eine strafrechtliche Verfolgung», sagt Jessica Wolf, Sozialarbeiterin bei der Opferberatung Zürich. «Die Opfer wollen vielmehr, dass die Gewalt aufhört.»

Was können Gewaltbetroffene tun?

Sie sollten sich an eine spezialisierte Beratungsstelle wenden. Die im Kanton zuständigen Anlaufstellen finden sich auf der Website der Opferhilfe Schweiz. In akuten Situationen sollte man unter der Nummer 117 die Polizei kontaktieren Opfer einer Straftat Den Täter anzeigen? . «Bei einer konkreten Gefahr ruft man die Polizei besser einmal zu viel als zu wenig», rät Jessica Wolf. «Niemand soll in der Gefahrensituation ausharren, sondern man soll sich möglichst rasch daraus entfernen.»

Wie helfen die Beratungsstellen?

Zunächst einmal indem die spezialisierten Beraterinnen und Berater zuhören und Betroffene unterstützen, das Geschehene zu verarbeiten. Die Beratung ist vertraulich und auf Wunsch anonym. Das Angebot ist kostenlos und steht unabhängig von einer allfälligen Strafanzeige zur Verfügung. 

Im Gespräch geht es zunächst um eine erste Auslegeordnung, die mögliche Wege aus der Gewalt aufzeigt – sei es durch eine Trennung oder durch eine Paartherapie. Beratungsstellen können weitere Hilfe vermitteln, etwa für psychologische, medizinische oder anwaltliche Unterstützung. Zudem helfen sie bei der Suche nach einem geschützten Ort wie etwa einem Frauenhaus Häusliche Gewalt Ins Frauenhaus – und dann? .

Wie verhält man sich als aussenstehende Person?

Schauen Sie nicht weg! Suchen Sie das Gespräch mit der betroffenen Person und bieten Sie Unterstützung an. Haben Sie Geduld und Verständnis für die meist komplizierte Situation. Ermutigen Sie die betroffene Person, sich beraten zu lassen und Hilfe zu holen. Als angehörige oder nahestehende Person können Sie sich auch selbst direkt an die Opferberatung wenden. In akuten Fällen: Holen Sie die Polizei.

Wer selbst zu Gewalt neigt: Was kann man tun, um sich besser in den Griff zu bekommen?

Lassen Sie sich helfen. In allen Kantonen gibt es Beratungsangebote und Lernprogramme für Männer, Frauen und Jugendliche, die Gewalt ausüben. Wer sich dort meldet, wird kostengünstig und anonym darin unterstützt, Konflikte gewaltfrei zu lösen. Zum Beispiel im Mannebüro Züri, bei der Fachstelle Gewalt Bern oder unter Konflikt.gewalt in verschiedenen Kantonen. 

Zu häuslicher Gewalt kommt es oft im Zusammenhang mit Alkohol oder anderen Suchtmitteln. Der Fachverband Sucht informiert ebenfalls über Beratungs- und Therapieangebote.

Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals am 3. November 2021 veröffentlicht und am 26. November 2025 aktualisiert. 

Verbesserter Schutz für Gewaltbetroffene

Opfer von häuslicher Gewalt und Stalking sind heute rechtlich besser geschützt als noch vor ein paar Jahren. Das sind die wichtigsten zivil- und strafrechtlichen Änderungen: 

  • Die Strafbehörde und nicht mehr das Opfer entscheidet, ob ein Verfahren eingestellt wird. So lässt sich vermeiden, dass das Gewaltopfer unter dem Druck des Täters entscheidet. Die Strafbehörde berücksichtigt alle Umstände, auch die Wünsche des Opfers Körperverletzung Kann ich die Anzeige zurückziehen? .
  • Um Rayon- oder Kontaktverbote besser zu überwachen, kann angeordnet werden, dass die Person, die potenziell Gewalt ausübt, ein elektronisches Armband oder eine Fussfessel tragen muss. So kann ihr Aufenthaltsort fortlaufend aufgezeichnet werden. 
  • Wer als Opfer zivilrechtlich gegen Gewalt, Drohungen oder Stalking vorgeht, muss keine Gerichtskosten mehr tragen.
  • Das Gericht teilt angeordnete Schutzmassnahmen künftig anderen involvierten Behörden mit, etwa der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde – soweit das zum Schutz des Opfers nötig ist.
  • Stalking ist ab 2026 explizit als Strafnorm im Gesetz verankert. 
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