An einer Hochzeitsfeier in der Slowakei wäre ich beinahe an einem allergischen Schock gestorben», sagt Alex Schenk. Der 22-jährige Verkäufer bei einem Werbeunternehmen erhielt die Diagnose vor rund zehn Jahren: starke Allergie gegen Erdnüsse. Der Arzt gab dem damals Zwölfjährigen ein Notfallset: Adrenalinspritze und Tabletten. «Ich war mir der Tragweite nicht bewusst und vergass öfter, das Set mitzunehmen», sagt Schenk heute. 

Bei der Hochzeit in der Slowakei, in einem abgelegenen Waldstück, hatte die Mutter das Notfallset in der Handtasche dabei. Als Schenk einen Keks gegessen hatte, wusste er sofort, dass etwas nicht stimmte. «Innert Minuten schwollen meine Hände an. Von da an hat die Erinnerung Lücken.» Leute standen um ihn, ein Engegefühl in der Brust, Schwindel, Atemnot, Schwärze. Schenk wurde immer wieder ohnmächtig. In so einem Fall hilft die Adrenalinspritze aus dem Notfallset, um den allergischen Schock zu vermindern und den Blutdruck zu stabilisieren. Damit gewinnt man Zeit, bis die Tabletten wirken und die Ambulanz da ist. 

Alex Schenk leidet an einer Erdnuss-Allergie.

Erdnussallergiker Alex Schenk: «Man muss schon immer aufpassen, was man im Restaurant nimmt.»

Quelle: Marta Truog

Ein Hochzeitsgast sagte zwar, er sei Arzt, stellte sich aber mit der Adrenalinspritze derart ungeschickt an, dass er sich die einzige Dosis selber in den Daumen jagte. Die wenigen antiallergenen Tabletten aus dem Notfallset zeigten noch keine Wirkung. Ein Rettungshelikopter konnte die Hütte im Wald nicht anfliegen, und der Rettungswagen traf erst nach rund einer Stunde ein. «Zu meinem Glück war da auch noch eine Krankenschwester, die auf der Notfallstation arbeitet. Zufällig hatte sie Kortisontabletten dabei. Damit hat sie mich regelrecht gefüttert», erinnert sich Schenk. 

Nach diesem Erlebnis wurde er vorsichtiger. Und doch: In einem Hotel im Oman wurde ihm, obwohl er ausdrücklich auf die Allergie hingewiesen hatte, eine Sauce mit Erdnüssen serviert. Das Notfallset hatte er zwar dabei, aber die Ambulanz liess so lange auf sich warten, dass der Portier des Hotels den jungen Schweizer ins Spital fuhr. «Er bretterte mit 180 über die Autobahn. Das war wahrscheinlich noch gefährlicher als die Erdnüsse in der Sauce.»

Das Gespräch findet während eines Mittagessens statt. Ein italienischer Imbiss in Wil SG, Schenks Wohnort. Er studiert die Karte. «Man muss schon immer aufpassen, was man nimmt.» Er bestellt einen Salat mit Pilzen und Avocado und sagt der Kellnerin: «Ich bin allergisch auf Erdnüsse, also bitte keine Erdnüsse reintun.» Vorsicht sei wichtig, aber wenn er etwa eine Pizza oder ein Steak bestelle, sage er nichts. 

Partnerin darf keine Nüsse essen

Aber nicht nur beim Essen muss Schenk aufpassen, auch Küssen könnte gefährlich werden. «Meine Exfreundin musste während unserer Beziehung komplett auf Erdnüsse verzichten», sagt Schenk. Denn ein Kuss von einer Person, die vorher Erdnüsse gegessen hat, wäre fatal.

Muss er also bei einer neuen Bekanntschaft vor dem Küssen immer erst die Erdnussfrage klären? Alex Schenk schmunzelt: «Nein, das Risiko gehe ich ein.» 

«Ein allergischer Schock über dem Atlantik wäre sehr ungemütlich.»

Alex Schenk, Erdnussallergiker

Hat der Allergiker in seinem Alltag also keine merklichen Einschränkungen? «Doch», sagt Schenk. Er müsse die Produktbeschreibungen studieren und beim Vermerk «Kann Spuren von Nüssen enthalten» darauf verzichten. Ausserdem könne Fliegen zur Herausforderung werden. «Ein allergischer Schock über dem Atlantik wäre sehr ungemütlich.» Darum müsse er immer genügend Medikamente dabeihaben. Und auch beim Essen an Bord sei Vorsicht geboten. «Extrawünsche sind da oft nicht möglich, und das Flugpersonal ist nicht immer gleich gut über die Zutaten informiert.»

Aber die grösste Einschränkung sei der Nachtisch: «Bei privaten Anlässen oder Einladungen verzichte ich konsequent auf das Dessert. Das Risiko, dass es Erdnüsse enthält, gehe ich nicht ein.»

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Chantal Hebeisen, Redaktorin
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