Andrej Peter war die Prozedur zwar unheimlich, trotzdem entschloss er sich, etwas gegen die Corona-Pandemie zu tun. Der 27-jährige Philosophie-Doktorand hatte Covid-19 überstanden, mit einem milden Verlauf. Ende April ging er zum Blutspendedienst Zürich, um sich Blutplasma abnehmen zu lassen.

Ärzte des Universitätsspitals Zürich (USZ) behandeln damit akut erkrankte Covid-19-Patienten. Denn Peters Blut enthält Antikörper gegen das Virus Sars-CoV-2. Solange es weder ein wirksames Medikament noch einen Impfstoff Impfung gegen das Coronavirus «Die Schweiz braucht eine eigene Impfstoff-Fabrik» gibt, ist von gesundeten Patienten gespendetes Plasma – Blut abzüglich der enthaltenen Blutzellen – eine der hoffnungsvollsten Therapien für Covid-19.

Am USZ ist nun die erste vom Heilmittelinstitut Swissmedic zugelassene klinische Studie zur Bekämpfung des Coronavirus Corona und andere Krankheit Schafft mein Immunsystem das? mit Blutplasma gestartet. «Wir untersuchen, ob die Methode bei Covid-19 sicher und wirksam ist», sagt Markus Manz, Direktor der Klinik für Onkologie und Hämatologie am USZ, der die Studie leitet. 

Verfahren gibt es seit 1890

Entwickelt hat das Prinzip Emil von Behring 1890, um Diphtherie zu behandeln. Mediziner sprechen bei der Plasmaübertragung von einer passiven Immunisierung. Dem Körper werden von aussen Antikörper zugeführt, anstatt dass er sie selbst bildet – wie nach einer aktiven Immunisierung, der Impfung . Bis der Körper eigene Antikörper bildet, vergehen mehrere Tage.

«Die Idee ist, dass wir durch das Spenderplasma bei Covid-19-Patienten möglichst viel Viren wegfangen, bis die Patienten selbst immun sind», sagt Manz. Antikörper docken an die Virusoberfläche an und sorgen so zum einen dafür, dass die Erreger weniger gut neue Zellen infizieren können. Zum anderen erkennt das körpereigene Immunsystem Abwehrkräfte Was stärkt unser Immunsystem? die Eindringlinge durch die Antikörper-Markierung und eliminiert sie. 

Vielversprechende Resultate

Die drei bisher veröffentlichten Studien aus China und Südkorea, in denen die Plasmaspende Blutspenden Das Millionengeschäft mit unserem Blut untersucht wurde, verliefen vielversprechend. Von den 17 schwer erkrankten Patienten, die behandelt wurden, besserten sich bei allen die Symptome. Von fünf Patienten, die bereits künstlich beatmet wurden, konnten sogar drei relativ rasch die Klinik verlassen, bei zwei weiteren war die Lebensgefahr gebannt.

«Die Zahl der untersuchten Patienten ist noch gering», sagt Markus Manz. «Aber es gibt keinen Hinweis, dass die Plasmatherapie für Covid-19 Covid-19 Wie schütze ich mich vor dem Coronavirus? schwerwiegende Nebenwirkungen hat.» Weltweit haben deshalb Studien dazu begonnen.

Die USZ-Studie soll in einem ersten Schritt belegen, dass das Verfahren sicher ist. Dann können weitere Schweizer Spitäler, die bereits Interesse angemeldet haben, in eine grössere Untersuchung eingegliedert werden.

Ein individueller Heilversuch mit Blutplasma von gesundeten Covid-19-Patienten ist auch in anderen Kliniken prinzipiell möglich. Eine Kontrollgruppe, in der es zum Vergleich keine oder eine grundsätzlich andere Behandlung gibt, wird in der ersten USZ-Studie nicht gebildet, eventuell aber in Folgestudien. «Im Sinne der Patienten werden alle Mittel eingesetzt, um sie zu heilen», sagt Markus Manz. 

Antikörper wirken vor allem am Anfang der Infektion

Dazu können auch Medikamente zählen, die sich nicht gegen das Virus direkt richten, sondern die Immunantwort bremsen. So verabreichten die Ärzte in den beiden Studien aus China und Südkorea zusätzlich zum Blutplasma Corticosteroide, landläufig Kortison genannt. Bei den schweren Verläufen von Covid-19 ist nämlich oft nicht mehr das Virus selbst das Problem, sondern die überschiessende Immunantwort.

Von vielen antiviralen Medikamenten, wie etwa Tamiflu gegen Influenza, weiss man, dass sie vor allem wirken, wenn sie am Anfang der Infektion Infektionen Natur pur gegen Viren und Bakterien eingenommen werden. Das Gleiche vermutet man auch von den Antikörpern aus dem Spenderplasma. «Wir transfundieren deshalb Covid-19-Patienten, die im Spital sind, aber noch nicht auf der Intensivstation liegen», sagt Markus Manz.

Als Empfänger werden Menschen ausgesucht, die zusätzlich ein hohes Risiko haben. Mit Rekonvaleszenten-Plasma werden also am USZ nur Patienten behandelt, die über 50 sind und Risikofaktoren wie Herzkrankheiten Herzkrankheit Was fehlt dir, mein Herz? und Diabetes haben. Oder solche, die über 18 sind und bereits mit Sauerstoff versorgt werden müssen.

«130'000 haben sich schon dafür interessiert, ob sie sich als Spender eignen.»

Beat Frey, Direktor des Zürcher Blutspendediensts
Keine Alternative zur Impfung

«Durch die Therapie wollen wir Beatmung Patientenverfügung Medizinische Hilfe um jeden Preis? und Intubation vermeiden», sagt Manz. Die passive Immunisierung ist also eine Akutbehandlung. Eine Alternative zur Impfung ist sie nicht. Denn übertragene Antikörper sind bereits drei Wochen nach der Transfusion zur Hälfte abgebaut.

«Um die Pandemie Pandemie Die Gefahr, die nicht interessierte in den Griff zu bekommen, wären ein wirksames Medikament oder eine Impfung billiger und einfacher zu handhaben», sagt Manz. «Für Plasmaprodukte braucht man immer eine Kühlkette.» Das sei schwer zu gewährleisten, zumal Patienten rund um den Globus versorgt werden müssten. Aber in der Schweiz mit ihrer Infrastruktur sei es machbar, Tausende Patienten mit Blutplasma zu behandeln. 

Frauen als Spenderinnen ausgeschlossen

An der Bereitschaft zu spenden mangelt es nicht. «Wir erleben eine grosse Welle der Solidarität Bürgerdienst «Das hat nichts mit dem Helfersyndrom zu tun» », sagt Beat Frey, Direktor des Blutspendediensts Zürich, der das Plasma für die USZ-Studie sammelt. «Wir haben einen Fragebogen online gestellt, um herauszufinden, wer als Spender geeignet ist – und der wurde schon 130'000-mal aufgerufen.»

Die Kriterien sind eng. Spender für die Studie müssen erst per Rachenabstrich positiv auf Sars-CoV-2 getestet Coronavirus-Test Wie funktioniert er und wer wird getestet? worden sein und danach zweimal negativ. «Viele Menschen melden sich, die klare Symptome hatten, aber nicht getestet worden sind», sagt Frey. «Sie muss ich im Moment vertrösten. Vielleicht können wir sie später noch für eine weitere Studie rekrutieren.»

Andrej Peter erfüllte alle Voraussetzungen. Wegen eines Nebenjobs im medizinischen Bereich wurde er dreimal getestet. Er hat keine schweren Vorerkrankungen, die ein Gesundheitsrisiko für ihn als Spender bedeuteten – und er ist ein Mann.

«Wenn Frauen Plasma spenden, kommt es bei Transfusionen öfter zu Komplikationen», sagt dazu Beat Frey. Das liege an Antikörpern, die bei Schwangerschaften entstehen können. «Diese Komplikationen treten vor allem in der Lunge auf – und Covid-19 in seiner schwersten Form ist eine Lungenkrankheit. Deshalb haben wir Frauen als Spenderinnen ausgeschlossen», sagt der Hämatologe. 

«Ein seltsames Gefühl»

Die Plasmaspende ist ein lange etabliertes Verfahren. Durch einen Venenzugang fliesst Blut in eine sogenannte Plasmapherese-Maschine. Sie trennt die Zellen des Bluts von seinen flüssigen Bestandteilen. Rote und weisse Blutkörperchen sowie Thrombozyten werden dann, aufgefüllt mit einer Ersatzlösung, durch den Venenzugang wieder in den Körper Stress und Körpersymptome Körper im Alarmzustand des Spenders zurückgepumpt, das Plasma in einen Beutel abgefüllt. 30 bis 40 Minuten dauert das.

«Dass das eigene Blut in einen Apparat geleitet wird, man es dann zum Teil zurückbekommt, war ein seltsames Gefühl», erzählt Andrej Peter. «Aber die Mitarbeiterinnen des Blutspendediensts haben mich so gut betreut, dass ich beruhigt war.» 

16-mal pro Jahr

670 Milliliter werden bei einer Spende entnommen. Das reicht, um in der USZ-Studie einen Patienten zu behandeln. Weil bei der Plasmaspende die Blutzellen dem Spender zurückgegeben werden, sind die Spender nicht in ihrer Verkehrstauglichkeit eingeschränkt und können zum Beispiel am Entnahmetag Sport treiben.

Die Plasmaspende ist theoretisch 60-mal im Jahr möglich, in der Schweiz sind aber nur 16 Plasmaspenden pro Jahr erlaubt – im Gegensatz zu lediglich 4 Vollblutspenden. Andrej Peter würde noch mal Plasma geben. «In dieser seltsamen Zeit, wo alles ins Wanken gerät, tut es gut, handlungsfähig zu sein – und helfen zu können.»

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