Ein Arzt im Kanton Zürich operierte seine Patienten nur, wenn sie ihm zuvor mindestens 8000 Franken in bar überreicht hatten – in einem Umschlag. Diesen krassen Missstand machte Marco Bueter, Chefarzt und Präsident der Schweizerischen Adipositas-Fachgesellschaft (Smob), im «Tages-Anzeiger» publik.

Das Geld sei als «Zusatzhonorar» verlangt worden, obwohl die Krankenkasse die Eingriffe im Spital regulär bezahlt habe. Eine Meldung an die Zürcher Gesundheitsdirektion habe zwar Gespräche ausgelöst, aber keine Konsequenzen gehabt. 

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Kantonale Aufsicht funktioniert nicht 

Für Bueter zeigt dieser Fall ein strukturelles Problem auf: Die kantonale Aufsicht über Ärztinnen und Ärzte funktioniere schlecht. Verfahren zögen sich über Jahre hin, Zuständigkeiten blieben unklar, und Fehlverhalten habe oft keine Folgen. «Es fällt einfach auf, dass es nicht gut funktioniert», sagt Bueter. «Offensichtlich ist es nicht möglich, eine Person aus dem Verkehr zu ziehen, die sich auf Kosten von vulnerablen Patienten bereichert. Das ist ernüchternd.» 

Die Ursachen sieht Bueter auch auch im liberalen Schweizer Gesundheitssystem, das auf Wettbewerb und Selbstverantwortung setzt. Diese Prinzipien funktionierten im Normalfall, versagten aber bei Fehlverhalten. «Solange man damit durchkommt, wenn man das System auf Kosten anderer missbraucht, wird es immer Leute geben, die das machen», warnt Büter. Behörden müssten gemeldete Fälle «rigoroser ahnden». 

Belegarztsystem besonders anfällig 

Besonders anfällig sei das Belegarztsystem, eine Schweizer Besonderheit, bei der Ärztinnen und Ärzte eigenverantwortlich in Spitälern operieren. Bueter betont, die meisten Belegärzte arbeiteten seriös, doch die Struktur biete «dubiosen Gestalten» Spielraum, da sie grosse finanzielle Freiheiten lasse. 

Der Beobachter-Prämienticker

Der Prämienticker schaut Lobbyisten und Profiteuren des Gesundheitswesens auf die Finger, deckt Missstände auf und sammelt Erfahrungen von Patienten, die unnötige Ausgaben vermeiden konnten.

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Das Zürcher Amt für Gesundheit weist die Kritik von Chefarzt Marco Bueter zurück. Alle gemeldeten Verdachtsfälle würden sorgfältig geprüft, betont Amtsleiter Jörg Gruber im «Tages-Anzeiger». Der genannte Fall sei «akribisch» untersucht worden.

Medizinalberuferegister soll bekannter werden

Die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) hingegen sieht auf Anfrage des Beobachters Handlungsbedarf. «Es wäre wünschenswert. Wir wünschen uns, dass der administrative Bewilligungsentzug eines Kantons neu in der ganzen Schweiz gelten soll und dies im Medizinalberufegesetz geregelt wird», sagt ein GDK-Sprecher.

Das Problem heute: Wenn Kanton A einem Arzt die Bewilligung entzieht, kann dieser trotzdem in Kanton B weiterarbeiten – sofern er dort eine Bewilligung hat. Kanton A muss Kanton B zwar informieren. Aber die GDK findet: Das reicht nicht. Besser wäre gemäss der GDK, wenn der Bewilligungsentzug automatisch in der ganzen Schweiz gilt.

Die Kantone tragen den Bewilligungsentzug ins nationale Medizinalberuferegister (MedReg) ein. Das Register soll Patienten schützen und ist öffentlich zugänglich. Doch es ist zu wenig bekannt. Der GDK-Sprecher sagt: «Das MedReg sollte bekannter werden, damit Patienten bei Problemen die Aufsichtsbehörden informieren können.»