Das war diese Woche richtig wichtig
Wurde die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher? Und wo gings rückwärts? Der Überblick des Beobachters für die Woche vom 28. April 2025.
Liebe Leserinnen und Leser
Willkommen zu «Das war richtig wichtig». Hier ordnen wir immer freitags die wichtigsten Nachrichten der vergangenen Woche für Sie ein.
Diesmal:
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Schweiz–EU: Die Verträge sollen ohne Ständemehr vors Volk
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Wohnen wird immer teurer: Was ist zu tun, damit Städte nicht als Bubbles für Privilegierte enden?
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Medikamentenknappheit: Bundesrat will die Versorgung verbessern – ein bisschen
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Und das Zitat der Woche gibt den Tarif durch
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Schweiz–EU: Die Verträge sollen ohne Ständemehr vors Volk
Darum gehts: Am Mittwoch hat der Bundesrat entschieden, dass für die neuen Verträge mit der EU ein einfaches Volksmehr an der Urne reichen soll. Auch das Parlament muss der Absage ans obligatorische Referendum noch zustimmen. Ausserdem hat die Regierung das Paket in vier separate Vorlagen aufgeteilt. Bei allen gilt es als sicher, dass ein Referendum zustande kommt.
Warum das wichtig ist: Hätte auch eine Mehrheit der Kantone zu diesen Verträgen Ja sagen müssen, wäre das Vertragspaket so gut wie tot gewesen. Aussenminister Cassis gab dann vor Medien in Bern auch offen zu, dass dieses Vorgehen teilweise «taktisch» motiviert sei. Kritiker – vor allem die SVP – kritisieren den Entscheid scharf. Insbesondere die Vorlage, die eine dynamische Übernahme von EU-Recht vorsieht, müsse auch durch die Kantone legitimiert sein. Befürworter verweisen darauf, dass auch die Bilateralen I und II nur per Volksmehr angenommen wurden.
Das sagt der Beobachter: Mit diesem Entscheid des Bundesrats haben die Verträge eine wichtige Hürde genommen. Aber ob das am Ende reicht? SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi prognostiziert jedenfalls: «Es schürt die Wut im Volk, wenn man versucht, es auszutricksen.» Wir hoffen, dass es am Ende um den konkreten Inhalt der Verträge gehen wird, denn sowohl ein Ja als auch ein Nein hätte grosse Konsequenzen. Die Verträge greifen einerseits teilweise tief ins Schweizer Recht ein. Andererseits kommt die Schweiz international zunehmend unter Druck. Ob sie es sich mit ihrem 50-mal bevölkerungsreicheren Partner mit einem Nein wirklich nachhaltig verscherzen sollte?
⇒ Jetzt lesen: Neutral ins Abseits
Wohnen wird immer teurer: Was ist zu tun, damit Städte nicht als Bubbles für Privilegierte enden?
Darum gehts: Gold wird immer teurer. Das Edelmetall, aber vor allem das Betongold. Es steckt in den Immobilien. Die Preise für Einfamilienhäuser sind allein von Januar bis März um 0,3 Prozent gestiegen, Eigentumswohnungen legten um 0,4 Prozent zu. Das zeigen neue Zahlen von dieser Woche. Laut einer Prognose der UBS werden sich Eigenheime bis Ende Jahr um 3 bis 4 Prozent verteuern. Selbst Haushalte mit einem Einkommen von 200’000 Franken können sich so Wohneigentum kaum mehr leisten.
Warum das wichtig ist: Es wird schlicht zu wenig gebaut, um die Nachfrage durch Zuwanderung und steigenden Flächenverbrauch zu decken. Und wenn sich nur noch Reiche Eigentum leisten können, bleiben auch Gutverdiener Mieter. Sie können sich höhere Mieten leisten und verdrängen Ärmere aus attraktiven Wohnlagen. Die ETH hat untersucht, was nach Kündigungen für Ersatzbauten in Städten passiert: In Zürich finden 30 Prozent der Menschen, die deswegen ihre Wohnung verlieren, keine Alternative in der Stadt. Dafür ziehen neue Bewohner nach, die rund doppelt so viel verdienen wie ihre Vorgänger.
Das sagt der Beobachter: Damit attraktive Städte nicht zu Bubbles für Privilegierte werden, braucht es nicht nur mehr, sondern auch mehr bezahlbare Wohnungen. Der gemeinnützige Wohnungsbau ist eine Möglichkeit, dies zu fördern. Auch der Umbau von zu grossen Einfamilienhäusern und Bürogebäuden kann die Not lindern. Lesen Sie dazu den Artikel «So gibts Platz für alle». Und hören Sie unseren Podcast:
⇒ Jetzt hören: Wie die Wohnungsnot bekämpfen?
Über «Das war richtig wichtig»
Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Wir liefern Ihnen immer freitagmittags drei bis vier wirklich wichtige Nachrichten – kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. Auch als E-Mail abonnierbar.
Medikamentenknappheit: Bundesrat will die Versorgung verbessern – ein bisschen
Darum gehts: Insbesondere Kinder sollen nicht unnötig auf Medikamente warten müssen. Der Bund lockert darum gewisse Importregeln – zumindest vorübergehend. Das hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Dienstag mitgeteilt. Damit können Medizinalpersonen in der Schweiz nicht offiziell zugelassene oder nicht verfügbare Arzneimittel auch dann importieren, wenn sie nicht für jemand Spezifisches gedacht sind.
Warum das wichtig ist: Damit das möglich wird, greifen BAG und Swissmedic zu einem sprachlichen Kniff. Der Begriff «Notfall» in der Arzneimittel-Bewilligungsverordnung wird einfach neu ausgelegt. Notfallmedikamente seien jetzt alle Mittel, die unverzüglich verabreicht werden müssen. Sprich: Medikamente, auf die eine Patientin nicht lange warten kann, ohne gravierende Folgen zu riskieren.
Das sagt der Beobachter: Schön und gut. Aber warum nur vorübergehend? Und warum so zögerlich? Vor ein paar Monaten haben wir in einer Recherche aufgezeigt, dass sich alleine 150 Millionen Franken sparen liessen, wenn das Medikament Avastin statt Eylea für die Behandlung von feuchter altersbedingter Makuladegeneration verwendet würde. Obwohl es tadellos wirkt, will der Hersteller keine Zulassung dafür beantragen. Wäre doch ein super Anlass, auch ein bisschen kreativ mit der Bewilligungsverordnung umzugehen.
⇒ Jetzt lesen: Krankenkassen tricksen den Bund aus
Habemus Tardoc. Nachdem sich Bund, Ärzte, Spitäler und Krankenkassen letzten Herbst über eine neue Abrechnungspraxis einig geworden sind, hat der Bundesrat diese Woche beschlossen: Per 2026 gehts los. Besonders Hausärzten soll das zugutekommen, und für viele Behandlungen gelten neu fixe Pauschalen, was die Überbehandlung dämpfen soll. Freude herrscht! Oder?
«Das neue System ist nicht perfekt.» – Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider
Am Mittwoch sagte die Gesundheitsministerin zwar, dass das neue System eine klare Verbesserung gegenüber dem jetzigen sei, aber es werde nicht alle glücklich machen. Die Genehmigung des neuen Tarifmodells ist darum erstmal auf drei Jahre befristet.
Geschrieben haben diesen Überblick diesmal Oliver Fuchs und Peter Johannes Meier.
Bis nächste Woche. Wir bleiben für Sie dran.