Das war diese Woche richtig wichtig
Wurde die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher? Und wo gings rückwärts? Der Überblick des Beobachters für die Woche vom 30. Juni 2025.
Liebe Leserinnen und Leser
Willkommen zu «Das war richtig wichtig». Hier ordnen wir immer freitags die wichtigsten Nachrichten der vergangenen Woche für Sie ein. Und vom Sommerloch ist noch nichts zu spüren. Ein Kampfjet-Skandal beschäftigt die Politik. Es war der zweitheisseste Juni seit Messbeginn, und die Fussball-Europameisterschaft der Frauen hat begonnen. Auch in Sachen Recht und Gerechtigkeit ist diese Woche einiges passiert.
Die Themen:
- Personenfreizügigkeit: Gut für Schweizer Arbeitskräfte, sagt der Bund
- Wohnen: Wie Einsprachen sinnvolle Projekte verhindern
- Familie: Die Solidarität zwischen den Generationen ist erfreulich gross
- Und das Zitat der Woche ist regional zentralisiert und schlank verankert
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Personenfreizügigkeit: Gut für Schweizer Arbeitskräfte, sagt der Bund
Darum gehts: Vertreter des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) und der Sozialpartner haben diese Woche ihren Bericht zur Personenfreizügigkeit vorgestellt. Einmal pro Jahr wird analysiert, wie diese den Arbeitsmarkt und die Sozialwerke beeinflusst. Fazit: Weder würden einheimische Arbeitskräfte verdrängt oder ihre Löhne gedrückt, noch würde die AHV belastet. Anders ist es bei der Arbeitslosenversicherung.
Warum das wichtig ist: Wohnungsknappheit, Verkehrsdruck, Culture Clash – es gibt viele legitime Gründe, die Zuwanderung kritisch zu sehen. Das Argument, dass Ausländer den Schweizerinnen den Job wegnehmen, gehört eher nicht dazu. Gemäss dem Bericht lindert die Zuwanderung aus der EU in Branchen wie Gastro, Bau und Industrie den Fachkräftemangel – und Zugewanderte bezahlen deutlich mehr an Beiträgen in die AHV ein, als sie an Leistungen beziehen.
Das sagt der Beobachter: Also alles bestens? Nein, so einfach ist das nicht. Während ausländische Arbeitskräfte die Löhne nicht generell drücken, ist es in Grenzregionen, speziell im Jura und im Tessin, gemäss dem Bericht durchaus ein Problem. Und während die Balance im Moment ganz gut aufzugehen scheint, muss das nicht so bleiben, wenn das Bevölkerungswachstum stark weitergeht. Eine kritische Perspektive dazu lesen Sie hier:
⇒ Jetzt lesen: «Die 10-Millionen-Schweiz ist nicht gottgegeben»
Über «Das war richtig wichtig»
Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Wir liefern Ihnen immer freitagmittags drei bis vier wirklich wichtige Nachrichten – kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. Auch als E-Mail abonnierbar.
Wohnen: Wie Einsprachen sinnvolle Projekte verhindern
Darum gehts: Die Bevölkerung wächst, der Wohnraum ist knapp. Eine Studie im Auftrag der Bundesämter für Raumentwicklung (ARE) und für Wohnungswesen (BWO) zeigt: Einsprachen von Nachbarn oder Beschwerden von Umweltverbänden bremsen den Bau von Wohnungen. 63 Prozent der Befragten Bauherren, Architektinnen und Entwickler gaben an, in den letzten Jahren beim Bau von Wohnungen fast immer mit Einsprachen konfrontiert gewesen zu sein.
Warum das wichtig ist: Hauseigentümer können sich ohne finanzielles Risiko gegen ein Bauprojekt wehren. Laut Bundesgericht dürfen Einsprachen gegen Bauprojekte keine Kosten auferlegt werden. Einige schlagen sogar Profit aus der Sache und unterbreiten dem Bauherrn einen Deal: Wenn du mir Geld gibst, ziehe ich die Einsprache zurück. Das ist zwar verboten, wird aber gemacht – und teils mit Erfolg. Einsprachen und Rekurse tragen laut Studie also zur Verknappung des Wohnungsangebots bei. Die Autoren schlagen vor, dass zukünftig weniger Leute Einsprache erheben dürfen und diese teurer werden sollen.
Das sagt der Beobachter: Die Bautätigkeit reicht nicht aus, um den steigenden Wohnungsbedarf zu decken. Das birgt enormen sozialen Sprengstoff. Zu hoffen ist, dass dieser Bericht nicht einfach in der Schublade verschwindet. Aber selbst wenn mehr gebaut würde, braucht es daneben noch weitere Ideen, um den Wohnungsmangel zu lösen. Das Problem ist schlicht zu gross. Hier sind ein paar davon:
⇒ Jetzt lesen: So gibts Platz für alle
Familie: Die Solidarität zwischen den Generationen ist erfreulich gross
Darum gehts: Ein Grossteil der Schweizer Bevölkerung findet, dass erwachsene Kinder sich um ihre pflegebedürftigen Eltern kümmern sollten. Umgekehrt denken fast genauso viele, dass Eltern ihre erwachsenen Kinder bei finanziellen Problemen unterstützen sollten. Das zeigt eine neue Erhebung des Bundesamts für Statistik.
Warum das wichtig ist: Jede siebte Person hilft laut eigenen Angaben mindestens einmal die Woche einem kranken oder gebrechlichen Menschen – meist den Eltern oder Schwiegereltern. Gleichzeitig unterstützt ein Fünftel der Eltern, die erwachsene Kinder haben, diese bereits finanziell. Damit dies gut geregelt ist, gibt es einiges zu beachten.
Das sagt der Beobachter: Betreuungs- und Pflegevertrag, Erbvorbezug, Darlehen – hier zeigen wir auf, was man in diesen Bereichen konkret regeln kann.
⇒ Jetzt lesen: In der Familie helfen und pflegen: Das kann man regeln
Das Zitat der Woche
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht gewaltig unter Druck. In den letzten Jahren hat der Bundesrat die Serafe-Abgabe in mehreren Schritten gesenkt, und die Werbeeinnahmen sind stark zurückgegangen. SRF und seine Geschwister in der Romandie, in Graubünden und im Tessin müssen sparen – ein Programm nach dem anderen wird gestrichen, Entlassungsrunde folgt auf Entlassungsrunde. Und so wirds noch eine Weile weitergehen. Diese Woche hat die SRG bekannt gegeben, wie sie damit umgehen will, dass ihr bis Ende Jahrzehnt eine gute Viertelmilliarde Franken fehlt.
«Es geht um die Frage, wie schafft es die SRG, das Vertrauen der Menschen zu behalten, obwohl wir uns verändern und sparen müssen. Das ist nicht einfach.» – Susanne Wille, Generaldirektorin der SRG
Während bisher vor allem das Programm in Mitleidenschaft gezogen wurde, soll jetzt ein riesiges Umstrukturierungsprogramm die Organigramme verschlanken, die Standorte reduzieren und die Kooperation zwischen den Sendern verstärken. Es bleibt zu hoffen, dass inmitten all der Baustellen noch guter Journalismus gemacht werden kann. Zumal es nächstes Jahr nochmals dicker kommen könnte. Dann wird die Schweiz erneut darüber abstimmen, ob das Geld für Radio und Fernsehen massiv zusammengestrichen werden soll.
Geschrieben haben diesen Überblick diesmal Caroline Freigang und Oliver Fuchs.
Wir bleiben für Sie dran. Bis nächste Woche.