Online-Geldspiel hat sich intensiviert. Das zeigt eine Nachfolgestudie von Sucht Schweiz und Grea (Groupement romand d’etudes des addictions), die auf einer Studie von 2018 aufbaut und für die rund 1400 Geldspielende befragt wurden. Während 2018 ein Viertel aller Befragten wöchentlich online Geldspiele spielte, waren es 2021 rund 30 Prozent. Zudem hat sich die Anzahl Online-Geldspielender mit ernsthaften Spielproblemen verdoppelt. Sie ist von 2,3 Prozent auf 5,2 Prozent gestiegen. 

Ein problematischer Umgang heisst: Spielende haben keine Kontrolle über ihr Spielverhalten, und es wirkt sich negativ auf ihr Leben aus. Das zeigt sich beispielsweise im Drang zu immer grösseren Geldeinsätzen oder Lügen über das eigene Spielverhalten.

Am stärksten betroffen sind Menschen zwischen 18 und 29 Jahren, hier zeigte fast jeder fünfte Befragte risikoreiches oder problematisches Spielverhalten. Diese Altersgruppe gibt auch am meisten Geld für Online-Spiele aus: durchschnittlich 162 Franken monatlich. Unter allen Befragten sind die durchschnittlichen Ausgaben zwischen 2018 und 2021 von 92 Franken auf 105 Franken im Monat gestiegen.

Gründe für die Zunahme von Online-Geldspielen sind das neue Geldspielgesetz Geldspielgesetz Knacknuss freies Internet und die Corona-Pandemie, schreiben Sucht Schweiz und Grea. Das Geldspielgesetz, das 2019 in Kraft getreten ist, erlaubt Schweizer Casinos, Online-Geldspiele anzubieten, und sieht gleichzeitig vor, den Zugang zu Websites ausländischer Anbieter zu sperren.

Das Schweizer Online-Angebot habe sich daraufhin stark vermehrt und sei durch intensives Marketing begleitet worden. In der Pandemie haben sich zudem soziale Beziehungen verringert. Das habe die natürliche Entwicklung eines sozialen Kontrollsystems verhindert und Gefühle der Unsicherheit, Einsamkeit und Langeweile verstärkt.

Kantone starten Präventionskampagne

Laut der Studie kennen auch weniger Spielende Hilfs- und Unterstützungsangebote bei Glücksspielproblemen (ein Rückgang von 37,7 Prozent im Jahr 2018 auf 32,6 Prozent im Jahr 2021). Hier setzt nun eine nationale Präventionskampagne der Kantone an. Spielende können sich auf der Website Gambling-check.ch mit den Gründen auseinandersetzen, die sie zum Spielen motivieren, erhalten Ratschläge zur Risikoreduktion und werden auf Hilfs- und Betreuungsangebote hingewiesen. Die Kampagne richtet sich an unter 30-Jährige und wird auf sozialen Medien verbreitet.

Sucht Schweiz und Grea fordern zudem eine konsequentere Suchtprävention und eine Überarbeitung des Geldspielgesetzes. Es sei nicht ausreichend, um Menschen mit einem problematischen Spielverhalten Spielsucht Bis zum letzten Hemd zu schützen.

Sperren ausländischer Websites können leicht umgangen werden. Und es ist nicht gesetzlich geregelt, wie Betreiber von Online-Geldspielen mit Daten ihrer Konsumenten und deren Spielpraktiken umgehen sollen. Eine gesetzliche Regelung könnte den Datenaustausch zwischen Casinos gewährleisten, damit Personen, die ein problematisches Geldspiel-Verhalten entwickeln, frühzeitig erkannt werden können. Auch Überlegungen zu gesetzlichen Regelungen der Werbung könnten sinnvoll sein.

«Mit dem aktuellen Gesetz gibt es nur einen Gewinner: die Betreiber der Online-Geldspiele.»

Sibel Arslan, Grünen-Nationalrätin

Auch Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan stört sich an der Werbung. Arslan hat sich im Abstimmungskampf 2018 gegen das neue Geldspielgesetz eingesetzt. «Leider haben wir mit unserer Analyse, dass das Geldspielgesetz Spielsüchtige zu wenig schützt, recht bekommen. Mit dem aktuellen Gesetz gibt es nur einen Gewinner: die Betreiber der Online-Geldspiele.» Arslan verlangt vom Bundesrat, dass dieser seinen Fehler von 2018 sofort korrigiert.

FDP-Ständerat Damian Müller, der auf der Ja-Seite des neuen Geldspielgesetzes stand, möchte noch keine Bilanz ziehen und auf eine Studie der Geldspiel-Aufsichtsbehörden warten. Müller weist aber darauf hin, dass eine der grössten ausgewiesenen Zunahmen bei Online-Spielen die Finanzmarkt-Wetten betreffe, die vom Geldspielgesetz gar nicht erfasst werden.

In der Frühjahrssession wird sich der FDP-Ständerat trotzdem damit befassen müssen. Der Rat behandelt eine Interpellation der Mitte-Ständerätin Isabelle Chassot, die den Bundesrat angefragt hat, ob die Sperrung von nicht bewilligten und ausländischen Online-Geldspielangeboten genügend wirksam sei.

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