Ein Hackerangriff ist kein Grund für einen Lohnabzug
Während eine Cyberattacke die Siegfried AG in Zofingen lahmlegte, konnten deren Angestellte nicht arbeiten. Dann sollten sie diese Zeit nacharbeiten.
Veröffentlicht am 22. August 2025 - 16:14 Uhr
Die Siegfried AG verliert vor Aargauer Obergericht.
Das Aargauer Obergericht hat der Siegfried AG einen Riegel geschoben. Weil ein Hackerangriff die Pharmafirma über Wochen lahmlegte, konnten deren Angestellte nur noch teilweise oder gar nicht mehr arbeiten. Die ausgefallene Arbeitszeit sollte die Belegschaft teilweise nachholen. So wollten es zumindest die Chefs. Zu Unrecht, wie das Gericht entschied.
Keine Minusstunden bei zu wenig Arbeit
Denn rechtlich ist die Sache klar: Es liegt ein sogenannter Annahmeverzug der Arbeitgeberin vor. Das heisst: Wenn die Arbeitgeberin keine Arbeit zuweisen kann, dürfen den Angestellten daraus keine Minusstunden entstehen. Sie müssen also nichts nacharbeiten, ihnen darf nichts von den Ferien abgezogen werden, und sie haben den vollen Lohn zugut. So sagt es das Gesetz.
Der Besitzer eines Gartenrestaurants muss seinen Angestellten also auch dann den vollen Lohn bezahlen, wenn das ganze Wochenende verregnet ist. Und die Chefin einer Vermögensverwaltung kann ihre Mitarbeiter zwar früher heimschicken, wenn gerade ein grosser Kunde abgesprungen ist. Das darf sich aber nicht negativ auf das Ferien- oder Stundensaldo auswirken. Das Gleiche gilt bei einem Hackerangriff, der die Produktion lahmlegt.
So wehrt man sich
Wer früher heimgeschickt wird und wem dadurch Minusstunden entstehen, muss dagegen protestieren. Der Beobachter hat dafür einen Musterbrief. Wichtig ist, dass man seine Arbeit ausdrücklich anbietet.
Nützt das alles nichts und zieht die Arbeitgeberin die Minusstunden einfach vom Lohn ab, müsste man klagen. Das Gute: Bis zu einem Streitwert von 30’000 Franken fallen keine Gerichtskosten an. Und: Man kann dies auch noch fünf Jahre später tun – möglicherweise also erst dann, wenn man sowieso kündigt.
- Obligationenrecht: Art. 324 Annahmeverzug des Arbeitgebers