Streit um Schweizerkreuz: Schuhhersteller On droht Verfahren
On-Schuhe schmücken sich im Ausland mit dem Schweizerkreuz. Nun mischt sich die chinesische Marktaufsicht ein.
On-Schuhe werden ausschliesslich in Asien produziert. Dürfen sie trotzdem das Schweizerkreuz tragen?
Rot leuchtet es auf On-Schuhen: das altbekannte Schweizerkreuz. Das gefällt dem Institut für Geistiges Eigentum (IGE) und dem Verein Swiss Enforcement schon seit Jahren nicht. Die beiden Stellen setzen die sogenannten Swissness-Regeln durch und sollen dafür sorgen, dass die Marke Schweiz im Ausland nicht missbraucht wird.
Schuhhersteller On sieht das Problem nicht: Der Hauptsitz ist in der Schweiz, über Tausend Angestellte arbeiten hier. Und das rot-weisse Schweizerkreuz werde nur zusammen mit dem Schriftzug «Swiss Engineering» verwendet.
Produziert werden die Schuhe aber in Asien. On und die Swissness-Aufseher sind im Gespräch, On hat das Schweizerkreuz auf Schuhen in der Schweiz bereits entfernt. Und verwendet es nur noch im Ausland.
Doch nun mischt sich die chinesische Marktaufsicht in den Streit ein, wie der «Blick» berichtet. On droht ein Verfahren – und die Firma ist überzeugt, dass die Swissness-Aufseher dahinterstecken. Diese bestreiten das aber.
Welche Regeln gelten bei der Verwendung des Schweizerkreuzes? Der Beobachter klärt auf.
Wie sieht das Schweizerkreuz aus?
Das ist gesetzlich genau definiert: «Im roten Feld aufrechtes, freistehendes weisses Kreuz, dessen unter sich gleiche Arme je einen Sechstel länger als breit sind.»
Darf auf einem Produkt das Schweizerkreuz abgebildet sein?
Nur wenn es tatsächlich und nachweislich aus der Schweiz kommt (siehe unten «Wann kommt ein Naturprodukt aus der Schweiz?»). Es darf damit aber keine Verbindung zur Eidgenossenschaft vorgetäuscht werden. Eine Wasserflasche darf mit dem Schweizerkreuz geschmückt sein, wenn der Inhalt aus einer Schweizer Quelle stammt. Auf einer Uhr aus China darf hingegen kein Schweizerkreuz abgebildet sein.
Im Fall der On-Schuhe wird es nun spannend: Sie werden in Asien produziert, basieren aber auf «Swiss Engineering», wie die Firma betont.
Gibt es Ausnahmen beim Schweizerkreuz?
Ja. In gewissen Fällen darf das Schweizerkreuz nicht verwendet werden, obwohl das Produkt aus der Schweiz stammt – etwa wenn das Schweizerkreuz mit dem Kreuz des Roten Kreuzes verwechselt werden könnte. Das betrifft hauptsächlich Produkte im medizinischen Bereich.
Darf das Schweizerkreuz als Dekoration abgebildet werden?
Ja, es darf etwa Tourismusartikel wie Shirts, Mützen oder Hosenträger zieren. Wenn das angesprochene Publikum das Schweizerkreuz nicht als Herkunftsangabe, sondern eher als dekoratives Element versteht, muss der Artikel nicht zwingend in der Schweiz produziert worden sein.
Wann darf «Made in Switzerland» auf einem Produkt stehen?
Wenn das Produkt tatsächlich aus der Schweiz stammt. So soll garantiert werden, dass Schweiz drin ist, wo Schweiz draufsteht. Dasselbe gilt etwa für die Angaben «Swiss made», «Swiss Quality», «Schweizer Rezeptur» sowie für Bildzeichen wie zum Beispiel das Matterhorn, Wilhelm Tell oder die Helvetia.
Wann kommt ein Naturprodukt aus der Schweiz?
Bei Naturprodukten ist es relativ einfach: Ein Kopfsalat stammt aus der Schweiz, wenn er hier geerntet wurde, Rindfleisch ist schweizerisch, wenn das Tier den überwiegenden Teil seines Lebens hier verbracht hat. Ein Schweizer Fisch muss hier gefischt worden sein. Eier dürfen so angepriesen werden, wenn das Huhn in der Schweiz gehalten wurde.
Wenn Naturprodukte zu Lebensmitteln verarbeitet werden, müssen grundsätzlich mindestens 80 Prozent des Gewichts der Zutaten aus der Schweiz kommen. Bei Milch und Milchprodukten müssen es 100 Prozent sein. Zudem muss der Verarbeitungsschritt, der dem Produkt seine wesentlichen Eigenschaften verleiht, in der Schweiz erfolgen.
Wann kommen Industrieprodukte aus der Schweiz?
Bei Industrieprodukten – zu denen auch Sportschuhe gehören – müssen laut Gesetz «mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten» in der Schweiz anfallen, inklusive Forschungs- und Entwicklungskosten. Und auch bei ihnen muss der Fabrikationsschritt, der dem Produkt seine wesentlichen Eigenschaften verleiht, in der Schweiz stattfinden.
Es gibt aber verschiedene Ausnahmen. So müssen Rohstoffe und Halbfabrikate, die in der Schweiz nicht verfügbar sind, in bestimmten Fällen nicht gezählt werden.
Gelten die Regeln zu Swissness auch für Produkte im Ausland?
Nicht direkt, das Schweizer Recht gilt grundsätzlich nur in der Schweiz. Darum ist diese Frage im Fall von On spannend: Die Firma versieht nur Schuhe im Ausland mit dem Schweizerkreuz – auf dem Schweizer Markt aber nicht mehr.
Wenn der Fall in China vor Gericht käme, welches Recht wäre anwendbar?
Das ist eine interessante und sehr schwer zu beantwortende Frage. Die Schweiz hat zwar mit verschiedenen Ländern Abkommen, die das Schweizerkreuz und die Bezeichnung «Schweiz» minimal schützen. Ein Abkommen zwischen China und der Schweiz hat der Beobachter aber nicht gefunden.
Ohnehin gilt – selbst wenn es ein Abkommen gäbe – grundsätzlich das Recht des Landes, in dem das Gericht steht. Wenn die Swissness-Aufseher On in China verklagen würden, müsste das Gericht wohl chinesisches Recht anwenden. Wie ein solches Verfahren ausgehen würde, ist offen.
Schweizerkreuz missbraucht: Wie reagieren?
Angenommen, Sie kaufen bei einem Schweizer Onlineshop eine Uhr. Sie wird als «Swiss made» angepriesen und zeigt ein kleines Schweizerkreuz. Doch Sie stellen fest, dass sie in der Türkei hergestellt wurde. Folgende Schritte sind möglich:
- Melden Sie den Missbrauch beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum. Es wird die fragliche Firma schriftlich auf ihr widerrechtliches Verhalten und auf die Rechtslage aufmerksam machen.
- Informieren Sie den Branchenverband – bei einer Uhr etwa den Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie.
- Schauen Sie im Kleingedruckten nach, ob Ihnen ein Widerrufsrecht gewährt wird. In der Schweiz gibt es allerdings kein gesetzliches Rücktrittsrecht bei Onlinekäufen.
- Informieren Sie sich über Ihre Garantierechte in den allgemeinen Geschäftsbedingungen. Wenn dort nichts steht, gilt das Gesetz, und Sie können das Geld zurückverlangen. Der Verkäufer haftet grundsätzlich für die zugesicherten Eigenschaften.
- «Blick»: Swissness-Aufseher verpfeifen On in China
- Wappengesetz
- Markenschutzgesetz, 2. Titel: Herkunftsangaben und geografische Angaben
- SRF, «Rendez-vous»: Schweizerkreuz auf On-Schuhen soll weg
- Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE): Schweizerkreuz
- Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE): Herkunftskriterien für industrielle Produkte
- Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE): Schutz von geografischen Angaben im Ausland
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