Die Fehlleistungen am Zentrum für Zahnmedizin (ZZM) werden immer gravierender, je genauer hingeschaut wird. So zeigt ein bislang geheimer interner Revisionsbericht: Einzelne Zahnärzte sollen bei Abrechnungen mit Privatpatienten getrickst haben. Sie hätten demnach die Rechnungsstellung aus taktischen Gründen verzögert, damit ihnen keine Privathonorare entgehen. So sollen sie versucht haben, eine Honorar-Obergrenze zu umgehen.

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Der Revisionsbericht, datiert auf Januar 2025, wurde bisher unter Verschluss gehalten. Das Onlinemedium «Inside Paradeplatz» zitiert nun aber ausführlich daraus: «Insbesondere zum Jahresende hin sei die Fakturierung der abgeschlossenen Behandlungen bewusst gesteuert» worden, heisst es im Bericht.

Am Zentrum für Zahnmedizin geht es – im Unterschied zu anderen universitären Einrichtungen – um viel Geld.

Dadurch seien Einnahmen in spätere Geschäftsjahre verschoben worden – so dass die Zahnärztinnen und Zahnärzte ihre von der Universität Zürich gesetzte Einkommensobergrenze für die Behandlung von Privatpatienten faktisch umgangen haben sollen. Diese soll maximal 140’000 Franken betragen.

Besonders dreist: In der Klinik für Oralchirurgie sollen Behandlungen, die «bis nahezu zwei Jahre» zurückliegen, noch nicht in Rechnung gestellt worden sein. Insgesamt fehle für über 700’000 Franken seit mindestens zwei Monaten die Rechnungsstellung.

Honorare in der Höhe von 2,3 Millionen Franken

Dazu muss man wissen: Am Zentrum für Zahnmedizin geht es – im Unterschied zu anderen universitären Einrichtungen – um viel Geld. Die leitenden Klinikdirektoren, Professoren und Zahnärztinnen haben die Erlaubnis, eine Privatpraxis zu führen. In dieser dürfen sie zusätzlich zu ihrem stattlichen Lohn als Staatsangestellte auch noch Honorare kassieren.

Im letzten Jahr bezahlten Privatpatientinnen und Privatpatienten 3,5 Millionen Franken an das universitäre Zahnarztzentrum. Davon flossen 1,2 Millionen Franken «als Infrastrukturbeitrag» an die Universität und 2,3 Millionen Franken in die Taschen der Zahnärztinnen und Zahnärzte. Das bestätigt die Universität.

Der Bericht reiht sich ein in diverse weitere Kritikpunkte, über die der Beobachter unlängst berichtete. Studierende und Mitarbeitende berichteten von Druck, Einschüchterungen und fehlenden Anlaufstellen.

Im Fokus steht erneut der ehemalige Zentrumsdirektor

Pikant: Eine der drei im Revisionsbericht thematisierten Kliniken innerhalb des ZZM wird von einem Professor geführt, der bereits seit längerem im Fokus steht: Thomas Attin, Direktor der Klinik für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin. In dieser Klinik seien gemäss Bericht rund ein Drittel der Patientendossiers nicht mehr auffindbar gewesen.

Zudem sollen drei von elf Privatpraxisinhaber an Attins Klinik 2023 die Privathonorar-Obergrenze überschritten haben. Zwei andere hätten öfter auf eigene Rechnung Privatpatienten behandelt, als es gemäss Reglement erlaubt wäre. Wer diese fünf Personen sind, sagt der Bericht nicht. Aber die Revisionsstelle der Universität kritisiert ein fragwürdiges Klima an der gesamten Klinik, an der sich «ein Taktieren um die Obergrenze» feststellen lasse.

Den Umgang mit Privathonoraren kritisiert auch der langjährige Insider und ehemalige Klinikdirektor Professor Luigi Gallo. Er sagte jüngst im Interview mit dem Beobachter: «Das Geld aus den Privatpraxen ist sehr zentral für die Probleme am ZZM.» Es führe zu einem Verteilkampf. «Im stark hierarchisierten ZZM bedeutet das, dass nicht der Beste die meisten Privatpatienten behandeln darf, sondern der Mächtigste.»

Die Vorwürfe entbehrten «jeglicher Grundlage».

Thomas Attin, ehemaliger Zentrumsdirektor und heutiger Klinikdirektor

Universität kündigt umfangreiche Massnahmen an

Attin wies gegenüber dem Beobachter sämtliche Vorwürfe zurück, die im Interview erhoben worden sind. Sie entbehrten «jeglicher Grundlage». Zu den neuen, im Revisionsbericht erhobenen Vorwürfen will er keine Stellung nehmen, wie er dem Beobachter schreibt. Er verweist auf die Universität Zürich.

Diese betont gegenüber «Inside Paradeplatz» und auch gegenüber dem Beobachter, dass der Revisionsbericht nicht mit den Vorwürfen gegen einzelne Professoren zusammenhänge. Doch sie kündigt umfangreiche Massnahmen an, um die Probleme zu beheben.

Neben monatlichen Prüfungen der internen Kontrollsysteme sollen Kliniken künftig sofort Rückmeldungen zu Unregelmässigkeiten erhalten. «Auf Grundlage des internen Revisionsberichts der Universität Zürich werden im Jahr 2025 drei zentrale Massnahmen zur Qualitätssicherung umgesetzt.»

Zudem sei für das zweite Halbjahr 2026 die Einführung eines neuen Klinik-Informationssystems geplant. Es soll die Abrechnung transparent und revisionssicher machen.