Das war diese Woche richtig wichtig
Wurde die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher? Und wo gings rückwärts? Der Überblick des Beobachters für die Woche vom 1. September 2025.
Liebe Leserinnen und Leser
Willkommen zu «Das war richtig wichtig». Hier ordnen wir immer freitags die wichtigsten Nachrichten der vergangenen Woche für Sie ein. Die vielleicht wichtigste – weil sie viele Menschen direkt betrifft: Der Referenzzinssatz ist gesunken. Was Mieterinnen und Mieter dazu wissen sollten, gibt es hier zu lesen. Und nun zu den weiteren Nachrichten:
Die Themen:
- Ewigkeitschemikalien: Der Bund kippt eine grosse Studie zu PFAS
- Weniger Tempo 30: Der Bundesrat will die Gemeinden zurückbinden
- Altersvorsorge: Die Arbeitnehmer sind beunruhigend schlecht informiert
- Häusliche Gewalt: Bald könnten weniger Militärwaffen zu Hause herumliegen
- Und das Zitat der Woche kommt vom Chef
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Ewigkeitschemikalien: Der Bund kippt eine grosse Studie zu PFAS
Darum gehts: Wegen des Spardrucks hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) eine Langzeitstudie zu PFAS gekippt. Das sind Chemikalien, die aufgrund ihrer wasser-, fett- und hitzeabweisenden Eigenschaften nur sehr langsam zerfallen und sich im Körper von Tier und Mensch anreichern können. In der Studie sollte untersucht werden, wie sich diese Chemikalien – und gewisse Pestizide – auf die Gesundheit auswirken.
Warum das wichtig ist: Die Studie war sehr ambitioniert: Hunderttausend Freiwillige im Alter zwischen 20 und 69 Jahren hätten während mindestens 20 Jahren regelmässig Urin- und Blutproben abgegeben, und ihre Gesundheit wäre systematisch erfasst worden. Trotzdem hätten sich die Kosten mit rund 12 Millionen Franken pro Jahr im Rahmen gehalten. Die Grüne Partei kritisiert den Schritt scharf und will im Parlament dafür kämpfen, dass das Geld doch noch zur Verfügung gestellt wird.
Das sagt der Beobachter: Der Entscheid ist fahrlässig und falsch. Ausgerechnet jetzt, da das Bewusstsein in der Politik für das Thema endlich da ist, kippt man aus Kostenüberlegungen jene Studie, die endlich eine solide Datengrundlage schaffen sollte. Bleibt zu hoffen, dass das Parlament den Bundesrat hier zum Umdenken zwingt.
⇒ Jetzt lesen: PFAS rücken im Parlament in den Brennpunkt
Über «Das war richtig wichtig»
Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Wir liefern Ihnen immer freitagmittags drei bis vier wirklich wichtige Nachrichten – kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. Auch als E-Mail abonnierbar.
Weniger Tempo 30: Der Bundesrat will die Gemeinden zurückbinden
Darum gehts: Der Bundesrat will strengere Regeln dafür schaffen, wann Tempo 30 auf Hauptverkehrsachsen durch Städte und Dörfer eingeführt werden darf. Er tut das im Auftrag des Parlaments, das per Motion verlangt hatte, Tempo 30 auf Siedlungsstrassen zu verbieten. So weit geht der Bundesrat nicht. Neu soll aber nachgewiesen werden müssen, dass die Einführung keinen Ausweichverkehr durch die Quartiere verursacht.
Warum das wichtig ist: Schon jetzt war es so, dass die Kantone ein Veto hatten, wenn eine Gemeinde auf einem Hauptstrassenabschnitt Tempo 30 einführen wollte. Nun verlieren sie noch mehr Autonomie. Der Verband der Schweizer Gemeinden reagiert denn auch verärgert auf den Plan des Bundesrats. Er kritisiert insbesondere, dass der zuständige Verkehrsminister Albert Rösti die Sache eigenmächtig per Verordnung regeln will.
Das sagt der Beobachter: Der viel gelobte Föderalismus interessiert in Bern für einmal offenbar niemanden. Von oben herab wird hier die Autonomie der Gemeinden und Städte eingeschränkt. Zumal es auch auf gewissen Hauptstrassen gute Argumente für Tempo 30 gibt – und die Frage erlaubt bleiben soll: Was ist mehr wert, eine zügige Durchfahrt oder mehr Sicherheit und weniger Lärm?
⇒ Jetzt lesen: Der Bundesrat macht eine Kampfansage an die Städte
Altersvorsorge: Die Arbeitnehmer sind beunruhigend schlecht informiert
Darum gehts: Forscher und Ökonominnen der Hochschule Luzern haben getestet, wie gut Erwerbstätige über die eigene Vorsorge Bescheid wissen. Das Resultat: Zwei Drittel der Befragten können grundlegende Fragen entweder nicht beantworten oder liegen falsch. Darunter zum Beispiel: Wer in die Säule 3a einzahlen kann oder ob das PK-Ersparte im Todesfall automatisch und in vollem Umfang an den Ehe- oder Lebenspartner geht.
Warum das wichtig ist: Die Altersvorsorge hat dramatische Auswirkungen darauf, wie wir das letzte Drittel des Lebens verbringen. Das ist also kein Thema, das zu ignorieren man sich leisten kann. Zumal viele der Befragten sich durchaus Sorgen machen. 60 Prozent glaubten nicht, dass sie dereinst im Alter genügend Geld aus der ersten und der zweiten Säule – also der AHV sowie der beruflichen Vorsorge – haben werden.
Das sagt der Beobachter: Fairerweise muss man sagen, dass gerade die zweite Säule der Altersvorsorge – die Pensionskasse – nicht ganz einfach zu verstehen ist. Unser PK-Check vermittelt die Grundbegriffe und welche Kennzahlen wichtig sind:
⇒ Jetzt lesen: Wie gut ist Ihre Altersvorsorge?
Armeewaffen: Nach zehn Jahren aus dem Haus
Darum gehts: Armeewaffen, die das Militär den Soldaten nach der Dienstpflicht als Eigentum überlassen hat, sollen künftig wieder eingezogen werden – sofern der Inhaber die Waffe seit mehr als zehn Jahren nicht mehr im Schiesssport genutzt hat. Diese Forderung, von SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf in einer Motion erhoben, stösst unerwarteterweise auch beim Bundesrat auf offene Ohren. Nach Ansicht der Regierung kann mit dieser Massnahme die Prävention im Bereich der häuslichen Tötungen gestärkt werden.
Warum das wichtig ist: Männer, die ihre (Ex-)Partnerin töten: Die Schweiz erlebt dieses Jahr eine erschreckende Serie von Femiziden. Gemäss einer Studie des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann hat dies viel mit dem Vorhandensein von Schusswaffen in privaten Haushalten zu tun. Denn das Wissen, dass eine Waffe leicht verfügbar ist, «ermöglicht einem potenziellen Täter eine einfachere Tatbegehung», heisst es in der Untersuchung. Somit stellen auch frühere Armeewaffen in Privatbesitz einen Risikofaktor dar. Dies anerkennt nun auch der Bundesrat, der frühere Forderungen für Verschärfungen im Umgang mit solchen Waffen stets abgelehnt hat.
Das sagt der Beobachter: Wie viele Femizide in der Schweiz mit Armeewaffen verübt wurden, ist unklar. Aber mit jeder leicht zugänglichen Schusswaffe, die aus dem Verkehr gezogen wird, verringert sich das Risiko für eine missbräuchliche Verwendung. Deshalb ist es richtig, dass unbenutzte Waffen wieder eingezogen werden. Denn auch wenn der Staat zahlreiche Armeewaffen privatisiert: Er steht für deren spätere Nutzung weiterhin in der Verantwortung.
⇒ Jetzt lesen: Die Armee der Zukunft
Das Zitat der Woche
Diese Woche sind in den meisten Haushalten die Unterlagen für die nächsten eidgenössischen Abstimmungen reingeflattert. Am 28. September entscheidet die Stimmbevölkerung, ob der Eigenmietwert abgeschafft werden soll. Klingt erstmal ziemlich trocken und technisch – betrifft aber ganz grundsätzliche Fragen. Darum zitieren wir uns ausnahmsweise selbst. Beziehungsweise den Beobachter-Chefredaktor:
«Eine Kluft bei einem existenziellen Gut wie Wohnen bringt soziale Spannungen. Darum kann man die Steuer auf den Eigenmietwert auch als eine Art Spende für Gerechtigkeit und sozialen Zusammenhalt betrachten.» – Dominique Strebel
Den ganzen Kommentar lesen Sie hier. Und hier finden Sie eine sachliche Einordnung zur Abstimmung. Inklusive der besten Argumente für und gegen die Abschaffung des Eigenmietwerts.
Geschrieben haben diesen Überblick diesmal Daniel Benz und Oliver Fuchs.
Wir bleiben für Sie dran. Bis nächste Woche.