Vermieter Egloff* und Mieter Keel* sind nicht gut aufeinander zu sprechen. Doch jetzt sitzen sie im selben Warteraum in Meilen ZH. Bald werden sie gemeinsam an einen Tisch gesetzt. Die dreiköpfige Schlichtungsbehörde will versuchen, die Wogen zu glätten, die sich zwischen den beiden aufgetürmt haben. Erst erklärt die Vorsitzende den Ablauf des Verfahrens – in für Laien verständlicher Sprache. Dann gehts los.

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Kläger Keel: «Vor drei Monaten hat ein Sturm meine Sonnenstore zerfetzt. Ich habe das dem Vermieter mehrmals gesagt und auch geschrieben, aber er unternimmt nichts. Ich will, dass die Store endlich ersetzt wird. Darum habe ich den Mietzins bei der Schlichtungsstelle hinterlegt. Ich habe im August geschwitzt wie ein Hund. Ich verlange eine Mietzinsreduktion
 

Der Kläger zeigt Fotos von einer zerfetzten gelben Stoffmarkise.
 

Vorsitzende: «Ist das für den Moment alles, was Sie sagen wollen?»
Kläger Keel: nickt
Vorsitzende: «Gut, dann können Sie jetzt Stellung nehmen, Herr Egloff.»
Beklagter Egloff: «Kein Wunder, ist die Store kaputt. Der Mieter lässt sie immer draussen. Wenn er eine neue will, muss er sie selber zahlen Mietwohnung Wer muss die Reparatur bezahlen?

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Wurden die Mängel in Ihrer Mietwohnung nach einer Fristsetzung immer noch nicht behoben, können Sie dem Vermieter Druck aufsetzen. Mit dem Musterbrief «Hinterlegung des Mietzinses bei der Schlichtungsbehörde» sowie weiteren Vorlagen zur Beanstandung von Mängeln können Sie als Beobachter-Abonnent den Stein ins Rollen bringen.

Im Mieterland Schweiz sind solche Streitigkeiten alltäglich. Die Schlichtungsbehörde für Miet- und Pachtsachen ist dabei immer erste Instanz. Sie ist paritätisch zusammengesetzt, es ist immer jeweils eine Vertreterin der Vermieter- und ein Vertreter der Mieterseite dabei. Die Verhandlung führt meist ein Jurist. Das Verfahren ist kostenlos, ein etwaiger Dolmetscher auch.

Die Erfolgsquote der Schlichtungsbehörden ist hoch. Zum Glück, denn vor der nächsten Instanz, dem Mietgericht, können hohe Gerichts- und Anwaltskosten entstehen, die von den Parteien je nach Sieg oder Niederlage getragen werden müssen. Ausserdem muss die klagende Partei meist fristgerecht einen Kostenvorschuss leisten, damit das Mietgericht seine Arbeit aufnimmt. Gerade in einem Kündigungsschutzverfahren kann dieser mehrere tausend Franken betragen.

Kläger Keel: «Es stimmt nicht, dass ich die Store immer draussen lasse. Als es passierte, war kein Unwetter angekündigt. Ich ging am Morgen zur Arbeit und konnte gar nichts unternehmen, als der Sturm aufkam.»

Die Schlichtungsbehörde ermittelt den Sachverhalt. Sie stützt sich dafür auf die mündlichen Erklärungen an der Verhandlung und auf die eingereichten Dokumente. Die Behörde muss verstehen, was die Parteien wollen und warum. Es ist ihre Pflicht, Fragen zu stellen, bis der Sachverhalt klar ist. Das ist besonders wichtig, wenn die Parteien nicht anwaltlich vertreten werden. Die Behörde kann auch in Augenschein nehmen und zum Beispiel die betroffene Wohnung anschauen. Das Verfahren dauert dann länger.

Vorsitzende: «Wie alt ist die Sonnenstore?»
Kläger Keel: «Steinalt!»
Vorsitzende: «Sie sind nicht an der Reihe, Herr Keel.»
Beklagter Egloff: «Die Store ist etwa 20 Jahre alt. Sie war aber in einem Topzustand, als Herr Keel vor drei Jahren eingezogen ist. Er ist ein unsorgfältiger Mieter. Seine Wohnung ist sehr unordentlich.»
Vorsitzende: «Das hat mit der Sache nichts zu tun. Gibt es noch Fragen?»
Mietervertreterin: «Wie hoch soll die Mietzinsherabsetzung sein?»
Kläger Keel: «Zehn Prozent.»
Vorsitzende: «Gut, dann machen wir jetzt eine Verhandlungspause, um uns zu beraten. Wir holen Sie in einer Viertelstunde wieder.»
 

Die Parteien verlassen den Gerichtssaal. Die Behörde diskutiert, wie der Fall nach Recht und Billigkeit zu lösen ist, und wird ihren Vergleichsvorschlag präsentieren.
 

Vorsitzende: «Eine Sonnenstore aus Stoff hat eine Lebensdauer von 15 Jahren. Im vorliegenden Fall ist sie rund 20 Jahre alt, die Lebensdauer ist also abgelaufen. Der Vermieter muss sie ersetzen, auch wenn sie beim Einzug in gutem Zustand war. Eine Mietzinsreduktion gibt es nicht, da es um einen Bagatellmangel geht. Unser Vorschlag lautet: Der Beklagte verpflichtet sich, die Store bis Ende Oktober zu ersetzen, und der Kläger verzichtet auf die Mietzinsreduktion. Die hinterlegten Mietzinse werden dem Beklagten ausbezahlt.»
Kläger Keel: «Für mich so in Ordnung.»
Beklagter Egloff: «Ich bin überhaupt nicht einverstanden. Der Mieter ist unsorgfältig, und ich soll zahlen?»
Vermietervertreter: «Das Prozessrisiko vor Mietgericht ist aber hoch.»
 

Der Beklagte Egloff bleibt uneinsichtig.
 

Vorsitzende: «Wir unterbreiten Ihnen gern einen Urteilsvorschlag. Er wird Ihnen schriftlich zugestellt. Wenn Sie einverstanden sind, gilt, was darin steht. Wenn nicht, können Sie ihn innert 20 Tagen ohne Begründung ablehnen. Die ablehnende Partei bekommt die Klagebewilligung Gerichtsverfahren So macht man kurzen Prozess . Mit dieser müssen Sie innert 30 Tagen Klage beim Mietgericht einreichen.»

*Namen geändert

Tipps: So leiten Sie eine Schlichtung ein

Wenn es nicht gelingt, Streitigkeiten mit dem Vermieter im Gespräch zu klären, bleibt nur der Gang zur Schlichtungsbehörde.

  • Zuständigkeit: Zuständig ist immer die Schlichtungsbehörde am Ort des Mietobjekts. Eine Übersicht finden Sie unter www.mietrecht.ch.
  • Kosten: Das Schlichtungsverfahren in Miet- und Pachtsachen ist kostenlos, ebenso ein allfällig benötigter Dolmetscher.
  • Einleitung des Verfahrens: Stellen Sie das Begehren schriftlich. Manche Schlichtungsbehörden stellen dafür Formulare bereit. Alle, die den Mietvertrag unterschrieben haben , egal ob Vermieter oder Mieter, müssen auch das Schlichtungsgesuch unterzeichnen. Vergessen Sie nicht, von allfälligen Unterlagen Kopien beizulegen. Fehlendes kann man innerhalb einer gesetzten Frist nachreichen.
  • Vertretung: Die Parteien müssen grundsätzlich persönlich erscheinen. Sie dürfen aber eine Begleitung mitbringen: einen Anwalt oder eine beliebige andere Person. Wenn sie anwaltlich vertreten sind, spricht der Anwalt für sie.
  • Widerruf des Vergleichs: Wenn ein Vergleich unterzeichnet ist, ist er rechtskräftig und für beide Parteien verbindlich. Falls man unsicher ist, kann man einen Widerrufsvorbehalt von mindestens zehn Tagen verlangen. Dann hat man Zeit, darüber nachzudenken und sich rechtlich beraten zu lassen.
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Die Vermieter sind verpflichtet, die Liegenschaft während der gesamten Mietdauer zu unterhalten. Aber längst nicht alles, was dem Mieter nicht gefällt, ist auch ein Mangel im Sinne des Mietrechts. Guider zeigt Beobachter-Abonnenten auf, welche Rechte Mieter haben und wie sie mithilfe eines Musterbriefs die Vermieterin auf Mängel aufmerksam machen können.

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Quelle: Beobachter Edition
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