Auf Facebook Marketplace hat sich Isabelle Amstutz diesen Sommer ein Schnäppchen geangelt: eine Gartenlounge für 595 Franken, in Raten bezahlbar.

Nun liest man immer wieder, dass auf diesem Portal Vorsicht geboten ist Facebook Marketplace Ein Flohmarkt mit Risiken . Das Risiko, das Käufer und Verkäufer tragen, ist gross: Beide wissen nicht in jedem Fall, mit wem sie es zu tun haben, denn viele Informationen gibt Facebook nicht preis.

Doch der Verkäufer ist Isabelle Amstutz sympathisch. Die beiden tauschen Nachrichten auf dem Facebook-Messenger aus, der Verkäufer spricht von möglichen Ratenzahlungen, schon ist die Lounge bestellt.

Den Namen «Roselle AG» liest Amstutz zum ersten Mal, als sie eine E-Mail mit der Kaufbestätigung erhält. Bis zu diesem Zeitpunkt war ihr nicht klar, dass es sich beim Kontaktmann um einen Händler der Firma handelt. Nach der Bestellung löscht er die Konversation auf Facebook und meldet sich nicht mehr.

Zwei Monate warten

Gleich nach der Bestellung, am 18. Juli, erhält Amstutz die Rechnung der Roselle AG per E-Mail. Weder die Höhe der besprochenen Raten noch eine Frist sind auf dem Schreiben ersichtlich. Nach einer Zahlungserinnerung überweist Amstutz die Hälfte der 595 Franken am 26. Juli. Obwohl der Händler auf Facebook eine Lieferung nach der ersten Ratenzahlung versprach, bekommt Amstutz zwar eine Zahlungsbestätigung, aber keine Lounge. Der Versand werde erst nach der zweiten Zahlung eingeleitet, heisst es plötzlich. Amstutz beschwert sich, zahlt Ende August aber erneut ein.

Bis Mitte September geschieht nichts, dann schreibt Roselle AG, Amstutz’ Lieferzeitgarantie sei erloschen, weil sie «ausserhalb der Zahlungsfrist oder unvollständig bezahlt» habe. Nur gab es weder eine solche Zahlungsfrist noch die Auflage, den ganzen Betrag vollständig zu bezahlen.

Als Amstutz abermals nach dem Liefertermin fragt, heisst es, der Lieferant habe noch nicht geliefert. «Sobald die Ware jedoch in den Versand geht beim Hersteller, bekommen Sie gleich eine Info dazu.» Als die Luzernerin eine Stornierung androht, weist die Firma auf die Stornierungsbedingungen hin und erweckt damit bei Amstutz den Eindruck, sie müsste bis zu 17.5 Prozent des Gesamtbetrages zahlen und bekäme den Rest nur noch in Form von Gutscheinen , wenn sie vom Vertrag zurücktreten würde.

Roselle AG reagiert nicht

Nach bald drei Monaten will Isabelle Amstutz nicht mehr warten. Die Lounge benötigt sie im Winter nicht. Auf Empfehlung des Beobachters schickt sie ein Einschreiben an die Roselle AG. Darin setzt sie eine Frist von sieben Tagen und kündigt eine Vertragsaufhebung an, sollte die Lounge nicht geliefert werden. «Dabei handelt es sich selbstverständlich nicht um eine Stornierung mit Kosten, sondern um einen Rücktritt , weil Roselle AG den Vertrag nicht erfüllt hat», erklärt Doris Huber. «Frau Amstutz hat Anspruch darauf, ihr Geld zurückzubekommen.»

Zwei Wochen später erhält die Luzernerin ihr Einschreiben zurück: Es wurde von der Roselle AG nicht abgeholt. Auf eine E-Mail des Beobachters reagiert die deutsche Firma mit der Schweizer Zweigstelle in Zug nicht. Auch unter der für «für Whatsapp-Service» aufgeführten Telefonnummer meldet sich nur eine italienischsprachige Combox.

Firma fällt nicht zum ersten Mal schlecht auf

Isabelle Amstutz ist nicht die einzige Kundin, die Probleme mit der Roselle AG hat, welche neben Möbeln auch Kleider, Elektronik und Werkzeug verkauft. Auf reklamation.ch sind seit dem Sommer zwei Beschwerden eingegangen: Eine Kundin kämpft mit einem Inkassobüro Mahnung Muss ich fürs Inkasso zahlen? , da ihre Stornierung vom Händler nie weitergeleitet wurde. Eine andere wurde darüber informiert, dass der gewünschte Artikel nicht mehr lieferbar sei – eine Rückzahlung erfolgte nicht.

Auf Ricardo, wo Händler der Roselle AG ebenfalls für deren Produkte warben, wurde die Firma sogar gesperrt. «Das Verhalten von Roselle ist total exzessiv. Das können wir nicht tolerieren, weshalb wir uns entschieden haben, Roselle vom Handel auf Ricardo auszuschliessen», sagt Geschäftsführer Francesco Vass gegenüber dem Kassensturz.

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Jasmine Helbling, Redaktorin
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