Wie sich Vermieter gegen tiefere Mieten sperren
Wenn der Referenzzinssatz sinkt, sollten Mieter aktiv eine tiefere Miete fordern – und gewappnet sein gegen die Ausreden der Vermieter.
Veröffentlicht am 8. Mai 2025 - 08:46 Uhr durch
Gegen eine Mietzinsanpassung wehren sich viele Vermieter mit verschiedenen Ausreden, eine davon ist die Ortsüblichkeit.
Ein Begehren um Mietzinsreduktion lässt manchen Vermieter kreativ werden. So wurde etwa einer Beobachter-Beraterin beschieden, man könne leider keine Senkung bewilligen, weil sie «gerade einmal fünf Monate in der genannten Wohnung wohnhaft» sei. Dass nun eben genau in dieser Zeit der hypothekarische Referenzzinssatz gefallen war, ignorierte die Verwaltung schlicht.
Referenzzinssatz – was bedeutet das?
Im September 2008 gab das Bundesamt für Wohnungswesen erstmals den Referenzzinssatz bekannt. Dieser viermal jährlich publizierte Wert stützt sich auf den Durchschnittszinssatz der Banken für ihre inländischen Hypothekarforderungen. Er löste die kantonal unterschiedlichen Zinssätze für variable Ersthypotheken ab, die zuvor für die Mietzinsberechnung galten.
Zu Beginn betrug der Referenzzinssatz 3,5 Prozent – danach ging es nur abwärts, bis er sich im März 2020 auf einem Rekordtief von 1,25 Prozent befand (siehe Entwicklung unten). Im Juni 2023 ist er erstmals wieder auf 1,5 Prozent angestiegen und im Dezember 2023 gar auf 1,75 Prozent. Seit dem 4. März 2025 liegt der Referenzzinssatz nun wieder bei 1,5 Prozent. Auf der Website des Bundesamtes für Wohnungswesen finden Sie den aktuellen Referenzzinssatz.
Den Mietzins anpassen
Mieter müssen selber aktiv werden: Mietzinsveränderungen erfolgen oft nicht automatisch. Schiesst das Zinsbarometer nach oben und geht es um eine Erhöhung, werden viele Vermieter in der Regel rasch aktiv. Anders bei Senkungen: Hier müssen oft die Mietenden selber tätig werden und eine solche von der Vermieterin verlangen.
Aber nicht alle haben aktuell Anspruch auf eine Senkung: Wem die Miete seit Dezember 2023 nicht erhöht wurde und wer zwischen Dezember 2023 und Februar 2025 auch keinen neuen Mietvertrag abgeschlossen hat, hat sehr wahrscheinlich keine Senkung zugute. Alle anderen hingegen sollten die Miete mit Hilfe eines Mietzinsrechners überprüfen und gegebenenfalls per Einschreiben vom Vermieter eine Senkung verlangen.
Oft stossen Mieterinnen und Mieter mit ihrem Gesuch auf Gegenwind: Vermieter bringen manchmal die verschiedensten Argumente gegen eine Mietzinsreduktion – darunter auch faule Ausreden.
Argumente gegen eine Mietzinssenkung
Orts- und Quartierüblichkeit
Dass die Orts- und Quartierüblichkeit für eine höhere Miete spreche, ist ein sehr beliebtes Argument gegen eine Mietzinssenkung – und grundsätzlich auch zulässig. Wenn denn eine Vermieterin auch nachweisen kann, dass der reduzierte Zins tiefer wäre als die Mieten in der Umgebung, muss sie ihn nicht oder nur teilweise reduzieren.
An einen solchen Nachweis werden allerdings hohe Anforderungen gestellt. In der Regel braucht die Vermieterin dafür fünf ähnliche Objekte im gleichen Quartier.
Und «ähnlich» heisst: Wohnungen, die nach Lage, Grösse, Ausstattung, Zustand und Bauperiode vergleichbar und unabhängig voneinander sind, also verschiedenen Vermietern gehören und sich in unterschiedlichen Liegenschaften befinden. Sonst scheitert das Argument am – nicht erbrachten – Beweis.
Allgemeine Kostensteigerung
Die Freude von Mieterinnen über eine Mietzinsreduktion trüben Vermieter auch gerne mit der Begründung gestiegener Betriebs- und Unterhaltskosten. Darunter fallen auch höhere Gebühren, Objektsteuern, Versicherungsprämien sowie Unterhaltskosten, die nicht separat als Nebenkosten ausgeschieden sind. Hier kann der Vermieter oder die Verwaltung mit der allgemeinen Kostensteigerung argumentieren und diese mit dem Anspruch der Mieterin auf eine Mietzinssenkung verrechnen.
Das Bundesgericht verlangt zwar, dass der Vermieter die Kostensteigerung konkret nachweist, weil das aber kompliziert und aufwendig ist, lassen die meisten Schlichtungsbehörden eine pauschale Kostensteigerung zwischen 0,25 und 1 Prozent pro Jahr zu, sofern die Mieterschaft die Pauschale nicht anficht.
Ungenügende Rendite
Das Gesetz sieht für Mietwohnungen und Geschäftsräume eine zulässige Rendite vor, und diese wird durch eine allfällige Mietzinsanpassung natürlich beeinflusst.
Das Mass der Dinge ist die Nettorendite. Deren Berechnung ist relativ aufwendig, weil sie unter anderem die durchschnittlichen Unterhalts- und Betriebskosten für die Liegenschaft berücksichtigt. Sie gilt für Liegenschaften, die älter als zehn Jahre sind und darf gemäss Bundesgericht maximal 2 Prozent über dem aktuellen Referenzzinssatz liegen, derzeit also bei 3,5 Prozent.
Achtung: Sobald der Referenzzinssatz über 2 Prozent beträgt, darf die Nettorendite nur noch maximal 0,5 Prozent über dem aktuellen Referenzzinssatz liegen.
Etwas simpler ist die Berechnung der Bruttorendite, die für neuere Liegenschaften (bis etwa zehn Jahre alt) zugelassen wird: Sie verzichtet auf den Einbezug von Unterhalts- und Betriebskosten, weil deren Durchschnitt anfangs noch nicht ermittelt werden kann. Die Bruttorendite darf gemäss Bundesgericht – bis zu einem Referenzzins von 2 Prozent – bei 5,5 Prozent liegen.
Es gibt verschiedene Gründe, die zu einer Mietzinssenkung führen können. In der Praxis von Bedeutung ist aber lediglich die Mietzinssenkung aufgrund von Hypothekarzinssenkungen. Mithilfe von nützlichen Vorlagen erfahren Beobachter-Abonnentinnen und ‑Abonnenten, wie sie das Senkungsbegehren erfolgreich bei der Vermieterin stellen.
Wertvermehrende Investitionen
Wenn eine Vermieterin eine neue Küche mit besserem Komfort, neue Fenster oder gar einen Balkon einbaut, müssen die Mieter wegen dieses Mehrwerts eine höhere Miete in Kauf nehmen.
Diese Erhöhung darf die Vermieterin einem Senkungsanspruch des Mieters natürlich gegenüberstellen – sofern sie korrekt vorgeht. Sie muss diese auf einem amtlichen Formular mitteilen, das dem Mieter spätestens zehn Tage vor Beginn der Kündigungsfrist zugeht.
Teure Hypothek – oder gar keine
Beliebt – vor allem bei privaten Vermietern – ist das Argument, dass sich ihre Hypothekarbelastung nicht reduziert habe und sowieso viel höher sei als der aktuelle Referenzzinssatz. Oder dass gar keine Hypothek mehr auf dem Haus liege.
Das mag zwar zutreffen, doch auch wenn die Hypothek des Hauseigentümers nicht dem mietrechtlichen Modell entspricht, ist es dennoch auf alle Mietverhältnisse anzuwenden (Ausnahmen: Index- und Staffelmiete).
Und es gilt in beiden Richtungen: Wenn sich der Referenzzinssatz erhöht, darf ein Vermieter den Zins anheben, selbst wenn gar keine Hypothek mehr auf seiner Liegenschaft lasten sollte.
Mindestmietzins
Einige unprofessionelle Eigentümer versuchen es mit einem Mindestmietzins im Vertrag, sodass der Anfangsmietzins auch bei einer Senkung des Referenzzinssatzes nicht unterschritten werden sollte.
Eine solche Bestimmung ist nicht gültig. Die gesetzlichen Vorschriften über die Mietzinsgestaltung sollen die Mietenden schützen und sind zwingend.
Angleichung im Haus
Manchmal muss eine Vermieterin eine Wohnung günstiger vermieten, damit sie nicht zu lange leer steht. Wenn sie das bei der nächsten Senkung des Referenzzinssatzes mit dem Argument ausgleichen möchte, der Mieter wohne ohnehin schon günstiger als die anderen im Haus, scheitert sie damit.
Es gibt weder einen Anspruch auf gleiche Mietzinse für gleiche Mietobjekte, noch muss ein Mieter sich mit seinen Nachbarn solidarisch zeigen.
Höherer Schätzwert
Der Schätzwert eines Mietobjekts tut nichts zur Sache. So kann sich der Eigentümer zwar ein Bild vom Wert, allenfalls auch von dem auf dem Markt erzielbaren Mietzins machen – als Argument gegen eine Mietzinsreduktion ist eine solche Schätzung aber nichts wert.
Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals im März 2014 veröffentlicht und wird laufend aktualisiert.
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