Das war diese Woche richtig wichtig
Wurde die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher? Und wo gings rückwärts? Der Überblick des Beobachters für die Woche vom 6. Oktober 2025.
Liebe Leserinnen und Leser
Willkommen zu «Das war richtig wichtig». Hier ordnen wir immer freitags die wichtigsten Nachrichten der vergangenen Woche für Sie ein. Das sind mal wieder ziemlich viele, denn gerade tagt das Parlament zur Herbstsession. Wir haben Ihnen darum am Schluss einige weitere Nachrichten knapp aufgelistet – anstelle des Zitats der Woche.
Die Themen diesmal:
- Handelskrieg: Trump zieht immer neue Zölle hoch – wie geht's der Schweiz?
- Wohnraum: Darfs es ein bisschen weniger sein?
- Verkehr: Die geschrumpften Ausbaupläne des Bundes
- Und das Zitat der Woche entstand am 7. Oktober.
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Handelskrieg: Trump zieht immer neue Zölle hoch – wie geht's der Schweiz?
Darum gehts: Was haben Lastwagen, Badezimmerschränke und französische Filme gemeinsam? Alle will sie der US-Präsident bald mit hohen zusätzlichen Zöllen belegen. Für weitere Produktkategorien laufen die Vorbereitungen, etwa für medizinische Geräte. Ein Ende ist nicht in Sicht. Langsam werden in der Schweiz die Auswirkungen spürbar: Im Tech-Kanton Zürich und im Maschinenbau-Kanton St. Gallen steigen die Gesuche für Kurzarbeit.
Warum das wichtig ist: Auf der Negativseite: Zumindest öffentlich gibt es keine Hinweise, dass die Schweizer Diplomatie grosse Fortschritte gemacht hätte, die USA von den besonders hohen 39 Prozent Zoll abzubringen. Im Gegenteil. Trotzdem ist nicht aller Tage Abend: Die Wirtschaft und die Politik in der Schweiz arbeiten intensiv an Alternativen. Seit dem 1. Oktober hat die Schweiz ein Freihandelsabkommen mit Indien, die Verhandlungen mit den Mercosurstaaten in Südamerika sind abgeschlossen und das Abkommen mit China wird ausgeweitet.
Das sagt der Beobachter: Viel stärker als in der Schweiz machen sich die Zölle anderswo bereits bemerkbar: in den USA. So steckt der Agrarsektor zum Beispiel in der Krise, weil China als Retourkutsche keine amerikanisches Soja mehr kauft. Wie wir vor ein paar Wochen an dieser Stelle geschrieben haben: «Präsident Trump hat bekommen, was er wollte: die höchsten Handelsschranken seit 100 Jahren. Das war allerdings der einfache Teil. Jetzt kommt die Bewährungsprobe.»
⇒ Jetzt lesen: Trumps Handelskrieg in der Analyse
Wohnraum: Darfs es ein bisschen weniger sein?
Darum gehts: 47 Quadratmeter bewohnt eine Person im Landesdurchschnitt. In der Stadt Zürich sind es nur rund 40 Quadratmeter – Tendenz leicht sinkend. Entgegen der Meinung vieler nimmt der Wohnraum pro Person auch schweizweit kaum zu. Zwischen 2012 und 2023 stieg er um 0,5 Quadratmeter im Schnitt gemäss einer neuen Auswertung des Bundesamts für Statistik. Am meisten Wohnraum verbrauchen alleinlebende Thurgauerinnen mit 93,4 Quadratmetern, schrieb der «Blick». Dabei handelt es sich vermutlich oft um Witwen, die allein in Einfamilienhäusern zurückbleiben.
Warum das wichtig ist: Beim Thema Zuwanderung hat die Angst vor Wohnraumknappheit (steigende Mieten, Verdrängung, Leerkündigungen, unerschwingliches Eigentum) die Angst vor Arbeitslosigkeit längst abgelöst. Selbst «neutrale» Beobachter überbieten sich mit Lösungsvorschlägen. Politologe Michael Hermann schlug im Mai ein Vormiets- und Vorkaufsrecht für diejenigen vor, die schon lange an einem Ort leben. Ex-Banker Konrad Hummler will Einfamilienhausbesitzer mit Luxussteuern bestrafen und eine gesetzliche Quadratmeter-Obergrenze einführen.
Das sagt der Beobachter: Das Thema brennt unter den Nägeln. Es ist begrüssenswert, wenn sich alle mit Vorschlägen überbieten – auch absurden. Damit endlich eine Diskussion in Gang kommt, die überfällig ist. Möge die beste Idee gewinnen. Pflästerlipolitik beim Thema Wohnen reicht nicht mehr.
⇒ Jetzt lesen: Uns gehen die Wohnungen aus
Über «Das war richtig wichtig»
Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Wir liefern Ihnen immer freitagmittags drei bis vier wirklich wichtige Nachrichten – kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. Auch als E-Mail abonnierbar.
Verkehr: Die geschrumpften Ausbaupläne des Bundes
Darum gehts: Diese Woche haben Experten der ETH ein Gutachten zu den Prioritäten im Verkehr für die nächsten 20 Jahre vorgelegt. Klingt trocken, birgt aber viel Zündstoff. Den Bericht hatte der Bund in Auftrag gegeben, nachdem die Stimmbevölkerung den nächsten Ausbauschritt für die Nationalstrassen abgelehnt und sich herausgestellt hatte, dass die geplanten Bahnprojekte Milliarden teurer werden als geplant. Der Bericht soll die Grundlage dafür sein, konkrete Projekte zu beerdigen oder zu verzögern.
Warum das wichtig ist: Sparen, ja, aber bitte woanders! Beim Verkehr prallen handfeste Interessen aufeinander: Stadt gegen Land, Ballungsräume gegen Peripherie, Individualverkehr gegen Umweltschutz. Es war also klar, dass der Bericht viel böses Blut auslösen würde. Beispiel: In der Zentralschweiz freut man sich, dass der Durchgangsbahnhof Luzern vollumfänglich gebaut werden soll. Die grossen Bahnprojekte im Grossraum Basel hingegen sollen viel später entstehen. Der ETH-Bericht ist zwar nicht bindend, dürfte aber enormen Einfluss auf den weiteren Prozess haben.
Das sagt der Beobachter: Klar, dass die Verschiebungen und Verzögerungen in den betroffenen Regionen besonders zu reden geben werden. Man kann es aber auch so sehen: Das Gutachten der ETH schlägt immer noch 500 Verkehrsausbauprojekte im Umfang von total 112,7 Milliarden Franken vor. Und im Verkehr schafft mehr Angebot auch mehr Nachfrage. Schon etwas älter, aber immer noch relevant ist der Text, in dem wir fragen: Gäbe es denn Alternativen zum endlosen Ausbau?
⇒ Jetzt lesen: Der Verkehrskollaps droht
Das Zitat der Woche
Diese Woche hat sich der Überfall der Hamas auf Israel zum zweiten Mal gejährt. Es war das schlimmste Massaker an jüdischen Menschen seit dem Zweiten Weltkrieg. Der Terrorangriff hat eine Spirale von Hass, Angst, Wut und Krieg in Gang gesetzt, die noch immer dreht. Am Ort des Geschehens, aber auch in der Schweiz:
«Es gibt ein Davor und ein Danach.» – Timrah Schmutz, Geschäftsleiterin der jüdischen Organisation Gescher
Die Organisation Gescher wurde gegründet, um in der Schweiz Brücken zu schlagen zwischen den durch den Gazakrieg verhärteten Positionen. Seit dem Ausbruch des Krieges haben antisemitische Vorfälle stark zugenommen. Etwa das Gleichsetzen von jüdischen Menschen mit der Politik der israelischen Regierung und den Kriegsverbrechen gegen Zivilisten in Gaza. Seit gestern gibt es endlich Hoffnung auf Frieden. Im yirtzeh Hashem! In schāʾa llāh!
Geschrieben haben diesen Überblick diesmal Yves Demuth und Oliver Fuchs.
Bis nächste Woche. Wir bleiben für Sie dran.