
Veröffentlicht am 4. Dezember 2025 - 11:39 Uhr

Wer zu Gingerbeer und Matetee statt zum Alkohol greift, vermeidet auch den unschönen Brummschädel nach dem Fest.
Das jährliche Weihnachtsfest im Büro: Die USM-Möbel sind mit glitzernden Girlanden verziert, Mandarinen und Schoggitaler liegen in Pappschalen, Spray-Schneesterne zieren die Fensterfronten.
«Ein Prosit auf ein erfolgreiches Jahr und eine frohe Weihnachtszeit!», ruft die Geschäftsführerin und hebt ihr Weissweinglas. Ein Chor von «Prost!» hallt durch den Raum, die Gläser klirren.
Ein schrilles Pfeifen ertönt, als die Frau vom Marketing das Kabel in die Musikanlage steckt, um ihre Weihnachts-Playlist laufen zu lassen. Der Buchhalter ist schon beim dritten Gin Tonic, als er die Nikolausmütze aufsetzt und als Erster zu tanzen beginnt. An den Kater denkt er natürlich noch nicht.
Knatsch um Alkohol im Bundeshaus
Mit jedem Gläschen lockern sich die Zungen, die Stimmung steigt, die Hemmschwelle sinkt. Und das nicht nur in der Firma: Auch sonst sind die Terminkalender gefüllt mit feuchtfröhlichen Events – vom Advents-Cüpli bis zur Silvesterparty.
Hier finden Sie Strategien, die helfen, den Spagat zwischen Genuss und Mass zu meistern und den Alkoholkonsum etwas herunterzuschrauben.
Planung ist das halbe Leben
Verschaffen Sie sich eine Übersicht. Wo stehen Situationen an, in denen viel ausgeschenkt wird? «Es lohnt sich, den Konsum im Voraus bewusst zu planen», sagt Regina Esser, Co-Chefärztin am Zentrum für Suchtmedizin Arud. So lassen sich etwa alkoholfreie Tage oder die Anzahl Drinks festlegen.
Zum Beispiel: Ich trinke am Donnerstag am Weihnachtsmarkt statt Glühwein nur alkoholfreien Apfelpunsch. Oder: Ich lasse mir von Bürokollegen nichts Hochprozentiges mehr aufschwatzen. «Eine Trink-App oder ein Trinktagebuch kann helfen, die konsumierte Menge zu dokumentieren.»
Weniger ist mehr
Auch wenn die Party bereits in vollem Gange ist, kann man noch einen Gang runterschalten. Zum Beispiel, indem man die ersten paar Runden mit Wasser bestreitet oder jedem alkoholischen Getränk jeweils etwas H₂O hinterherschüttet. Wasser lässt sich auch aus dem Weinglas gut geniessen – mit dem Vorteil, dass niemand vorschnell Wein nachschenkt.
Auch wer sich vornimmt, langsamer und vielleicht etwas genüsslicher an seinem Glas zu nippen, trinkt weniger – und bekommt nicht gleich Nachschub aufgedrängt.
Geheimtipp für Biertrinkerinnen: Wenn eine Flasche leer ist, zuerst mit Wasser auffüllen, bevor es eine neue gibt.
Alkoholfreie Alternativen ausprobieren
Es muss nicht immer Orangensaft sein. Zum Glück gibt es unzählige genüssliche Alternativen wie alkoholfreie Biere und Weine, Mocktails oder Limonaden. Schlagen Sie für den Apéro mit Freunden eine Bar vor, die solche Alternativen anbietet. Oder fragen Sie die Chefin, ob am Büroapéro auch alkoholfreies Bier serviert wird.
Und sonst: Bringen Sie selbst einen Kasten mit – oder ein paar Flaschen Ihres liebsten Gingerbeers, Gurkenwassers oder Matetees. Gut möglich, dass Sie damit einen Nerv treffen und sich auch andere Gäste darauf stürzen.
Neue Sphären erkunden
Meiden Sie Situationen, die ein Verlangen nach Alkohol auslösen. Konkret: Orte, an denen viel ausgeschenkt und getrunken wird. Dafür muss man aber nicht zu Hause bleiben – wie wäre es mit Eislaufen statt Glühweinstand, Sonntagsbrunch statt Abendessen, Winterspaziergang statt Cüpli-Bar?
Womöglich erleben Sie zusammen mit Freundinnen und Freunden nicht nur etwas Neues, sondern haben auch andere Gespräche – und später eine besondere Erinnerung an ein gemeinsames Erlebnis.
Grenzen setzen, Nein sagen
Viele sagen ungern Nein – auch beim gemeinsamen Trinken. Verständlich: Wir sind auf Harmonie gepolt und mögen keine Konflikte. Deshalb kann es helfen, sich schon im Vorfeld gewisse Sätze zurechtzulegen, weshalb man nichts trinkt. Zum Beispiel: «Schöne Idee, aber mir ist heute nicht nach Alkohol. Ich nehme gern ein Glas Mineral mit einem Schnitz Zitrone.» Oder: «Nein, danke. Ich will morgen fit sein.»
Wenn Sie befürchten, dass Ihr trinkfreudiges Gegenüber das nicht akzeptiert, oder wenn Sie sich nicht auf Diskussionen einlassen wollen, ist eine Notlüge völlig legitim: «Ich kann heute leider nicht trinken, weil ich Antibiotika nehmen muss.»
Zu Hause kürzertreten
Vielleicht wollen Sie sich den Glühwein mit Ihrer Freundin nicht nehmen lassen – aber womöglich das abendliche Bier vor dem Fernseher? Meist ist es etwas einfacher, den Konsum in den eigenen vier Wänden zu reduzieren. Etwa indem man den Alkohol aus den Kühlschränken und Gestellen verbannt.
Und wer schon beim Einkaufen geneigt ist, zur Flasche zu greifen, kauft am besten in Läden ein, wo Alkohol gar nicht verfügbar ist.
Es hilft, auch zu Hause alkoholfreie Alternativen griffbereit zu haben. Alkoholfreie Biere gibt es inzwischen in fast jedem Supermarkt. Aber auch eine Auswahl verschiedener Tees kann Freude machen.
Wenn das gewohnte Glas Wein nach dem Essen wegfällt, ist es sinnvoll, ein neues Ritual zu entwickeln. «Viele gehen stattdessen gemütlich spazieren, entspannen sich beim Yoga oder gehen sogar joggen», sagt Regina Esser vom Zentrum für Suchtmedizin.
Verbündet euch!
Gemeinsame Vorsätze verbinden. Tun Sie sich mit einer Person zusammen, die ebenfalls nicht oder weniger trinkt. Sie können sich gegenseitig unterstützen – indem Sie sich Wasser nachschenken oder sich als Gesprächspartner anbieten, wenn alle anderen bereits lallend ihre peinlichen Dance-Moves auspacken.
Wenn Ihr nüchterner Gefährte nicht mit Ihnen vor Ort ist, können Sie immer noch eine Textnachricht schreiben – etwa falls Sie kurz davor sind, Ihre guten Vorsätze über Bord zu werfen.
Und auch wenn beim Vorhaben, weniger zu trinken, niemand mitmachen will: Binden Sie Ihr Umfeld ein. Informieren Sie es über Ihre Entscheidung und bitten Sie darum, das zu respektieren. Das kann helfen, damit Sie sich nicht ständig erklären müssen. «Wenn andere Bescheid wissen, erhält man eher Unterstützung und gerät weniger in Versuchung», sagt Expertin Regina Esser.
Sich an das Warum erinnern
Auch wenn wir es manchmal nicht hören wollen: Ethanol ist Gift. Darauf zu verzichten, macht uns zu gesünderen, glücklicheren Menschen. Motivieren Sie sich selbst, indem Sie sich daran erinnern, weshalb Sie weniger trinken wollen – sei es, weil Sie nicht jeden Sonntag verkatert und beschämt im Bett verbringen wollen. Oder weil Sie erholsamer schlafen möchten. Oder weil Sie Geld sparen möchten. Oder weil Sie schauen wollen, ob Ihre Haut besser wird.
Es braucht Zeit, neue Verhaltensmuster zu lernen. Seien Sie also nachsichtig, wenn Sie mal mehr als geplant konsumiert haben. Wichtig ist, sich dadurch nicht demotivieren und entmutigen zu lassen – und weiterzumachen. Im besten Fall lernen wir etwas aus dem «Rückfall», wenn wir die Situation analysieren. Was war der Auslöser? Was kann ich nächstes Mal tun, um nicht in alte Muster zu verfallen?
Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals am 28. November 2024 veröffentlicht.
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