Ein fehlendes Detail macht die Anfangsmiete ungültig
Mieterinnen und Mieter müssen neu detaillierter informiert werden, wie sich der Mietzins des Vorgängers zusammensetzt. Diese Regeln gelten per sofort.
Veröffentlicht am 1. Oktober 2025 - 16:02 Uhr
Ein Dokument für die Altpapiersammlng? Weit gefehlt: Das Formular zur Anfangsmiete gibt Aufschluss darüber, ob die Vermieterin zu viel verlangt.
Wer in eine neue Wohnung zieht, bekommt allerlei Material: neue Schlüssel, die Hausordnung, Waschkarten und den Notfallkontakt des Hauswarts.
In der ganzen Flut von Papierkram versteckt sich mancherorts ein weiteres Dokument: ein unscheinbares Formular über die «Mitteilung des Anfangsmietzinses».
Es ist dort vorgeschrieben, wo Wohnungsnot herrscht: in den Kantonen Zürich, Genf, Basel-Stadt, Freiburg, Luzern und Zug sowie in gewissen Gemeinden in den Kantonen Neuenburg und Waadt.
Schlüssel für einen günstigeren Mietzins
Das Formular informiert neue Mieter darüber, wie viel ihr Vormieter für die Wohnung bezahlt hat und wie hoch ihre Anfangsmiete ist. Und wie sie diese anfechten können, wenn sie glauben, dass sie überhöht ist.
Der Bundesrat hat entschieden, dass auf diesem Formular seit dem 1. Oktober 2025 auch stehen muss, auf welchem Referenzzinssatz der bisherige Mietzins basiert und welcher der zuletzt gültige Wert der Teuerung war.
Ein bürokratisches Detail? Weit gefehlt! Denn das Formular ist womöglich der Schlüssel für einen günstigeren Mietzins.
Versteckte Erhöhungen werden plötzlich sichtbar
Mit den neuen Angaben sollen Neumieterinnen und
Angenommen, die Vormieterin hat 2500 Franken für die Wohnung bezahlt – bei einem Referenzzins von 1,75 Prozent. Eine Senkung hat sie nie beantragt. Wenn der neue Anfangsmietzins nun ebenfalls 2500 Franken beträgt, liegt trotzdem eine versteckte Mietzinserhöhung vor.
Denn: Der Referenzzinssatz ist inzwischen gesunken und liegt aktuell bei 1,25 Prozent. Die Senkung, welche die neuen Mieter deshalb zugute hätten, verschwindet. Und falls der Referenzzins je wieder schrittweise auf 1,75 Prozent steigt, kann der Vermieter eine Erhöhung kassieren.
Was, wenn die Angaben fehlen?
Weitreichende Folgen hat die neue Vorschrift auch, wenn die Vermieterin sie ignoriert: Verwendet sie weiterhin das alte Formular, ist der Anfangsmietzins, den sie verlangt, nicht gültig vereinbart.
Das bedeutet: Als Mieter kann man verlangen, dass das Gericht festlegt, wie viel man für die Wohnung bezahlen muss.
Hinschauen lohnt sich für Mieterinnen und …
Was heisst das nun konkret für Mieterinnen und Mieter? Wer neu einzieht und ein Formular erhält, schaut es genau an. Steht dort, auf welchem Referenzzins und welchem Wert für die Teuerung die vorherige Miete beruhte?
Wenn ja, muss man prüfen, ob sich die Zahlen im Vergleich zum Vormieter verändert haben. Ist dem so, lohnt sich eine rechtliche Beratung, etwa durch das Beratungszentrum des Beobachters.
Dasselbe gilt, wenn die neu vorgeschriebenen Angaben fehlen. Dann muss man sich überlegen, ob man die Miete gerichtlich festlegen lassen will.
… auch für Vermieter
Und was müssen Vermieter tun? Sie müssen darauf achten, ihren Mietenden ab jetzt nur noch das aktualisierte Formular zu schicken. Sonst laufen sie Gefahr, dass die verlangte Miete nicht gilt und das Gericht sie berechnet – auf Klage der neuen Mieter.
- Medienmitteilung des Bundes: Für mehr Transparenz im Mietrecht: Bundesrat ändert Verordnung
- Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG): Änderung vom 21. März 2025
- Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG): Art. 19 Formular zur Mitteilung von Mietzinserhöhungen
und anderen einseitigen Vertragsänderungen - Obligationenrecht: Art. 270 Anfangsmietzins
- Bundesamt für Wohnungswesen: Hypothekarischer Referenzzinssatz
Beobachter-Abonnenten und ‑Abonnentinnen können mit dem Musterbrief «Anfechtung des Anfangsmietzinses» Beschwerde bei der zuständigen Schlichtungsbehörde einlegen, wenn einer der Anfechtungsgründe erfüllt ist. Einfach ausfüllen, ausdrucken und unter Umständen mehrere Hundert Franken sparen.