Kann ich Mutter zwingen, ins Heim zu ziehen?
Lassen die geistigen oder physischen Fähigkeiten nach, kann ein Heim die Lösung für die Eltern sein. So gehen Angehörige mit der schwierigen Frage um.
aktualisiert am 14. Juni 2022 - 13:04 Uhr durch Corinne Strebel
Mein Vater ist wegen seiner Demenz nicht mehr in der Lage, seine Finanzen zu erledigen und mit Banken und Versicherungen zu korrespondieren. Wer soll übernehmen?
Wenn Ihr Vater keinen Vorsorgeauftrag errichtet hat, der nun im Fall seiner Urteilsunfähigkeit von der Erwachsenenschutzbehörde in Kraft gesetzt werden würde, braucht er einen Beistand oder eine Beiständin, der oder die sich um seine Rechte und Pflichten kümmern kann. Was man unter einer Beistandschaft versteht, lesen Sie im Beobachter-Artikel «Ein Beistand nach Mass» .
Meine Mutter weigert sich, ins Heim zu ziehen, obwohl sie wirklich kaum noch allein leben kann. Kann sie gezwungen werden?
Unter Umständen. Wenn Ihre Mutter nicht mehr urteilsfähig ist, könnte die Erwachsenenschutzbehörde eine Fürsorgerische Unterbringung anordnen – aber nur dann, wenn Hilfestellungen wie Mahlzeitendienst oder Spitex nicht mehr genügen und Ihre Mutter sich ernsthaft gefährdet.
Wenn sie hingegen urteilsfähig ist und die Schwierigkeiten des Alleinlebens meistert, sieht der Fall anders aus: Ihre Sorge um sie könnte einen zwangsweisen Heimeintritt nie und nimmer rechtfertigen. Der Wunsch Ihrer Mutter, den Lebensabend in den eigenen vier Wänden zu verbringen, wäre in diesem Fall zu akzeptieren. Wie Sie die aktuelle Wohnsituation Ihrer Mutter prüfen können, erfahren Sie in dieser Checkliste (exklusiv für Beobachter-Mitglieder).
Mein Vater zeigt Anzeichen von Demenz. Er muss wohl bald ins Heim, doch er sträubt sich sehr dagegen. Was können wir tun?
Sie dürfen Ihren Vater nicht gegen seinen Willen in ein Heim oder eine Klinik einweisen lassen – auch wenn seine geistige Gesundheit abnimmt. Das geht nur, wenn er sich gefährdet und sich nicht helfen lässt. Und es braucht dafür einen Entscheid der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) oder eines vom Kanton bezeichneten Arztes.
Suchen Sie auf jeden Fall erst andere Lösungen. Aber wenn alles nichts nützt: Wenden Sie sich an die Kesb am Wohnort Ihres Vaters und reichen Sie eine sogenannte Gefährdungsmeldung ein. Die Behörde prüft dann, ob mildere Mittel wie etwa eine ambulante Betreuung möglich wären, um Ihrem Vater die nötige Unterstützung zukommen zu lassen. Erst wenn dem nicht so ist, prüft sie eine zwangsweise Einweisung ins Heim, eine sogenannte fürsorgerische Unterbringung.
Müssen meine Kinder für meinen Heimaufenthalt aufkommen, wenn mein Vermögen irgendwann aufgezehrt ist?
In aller Regel können Heimaufenthalte mit Ergänzungsleistungen zur AHV finanziert werden, wenn kein Vermögen vorhanden ist, kein Geld verschenkt wurde oder wie in Ihrem Fall für die bisherige Heimfinanzierung verwendet wurde.
Nur in einigen wenigen Fällen muss ergänzende Sozialhilfe beantragt werden. Wenn diese gewährt wird, können die Kinder zur gesetzlich verankerten Verwandtenunterstützungspflicht herangezogen werden – allerdings nur, wenn sie «in günstigen Verhältnissen leben», wie es im Gesetz heisst.
Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Sie zur Verwandtenunterstützung verpflichtet werden, erfahren Sie im Merkblatt.
Wie kann ich verhindern, dass mein Vermögen fürs Heim draufgeht? Mit Schenkungen oder Erbvorbezug?
«Spare in der Zeit, so hast du in der Not», sagt der Volksmund. Wer sein Erspartes aber verschenkt, muss mit schmerzhaften Konsequenzen rechnen, wenn für die Finanzierung eines Alters- oder Pflegeheims Ergänzungsleistungen nötig werden. Erbvorbezüge und Schenkungen werden nämlich behandelt, als würde das Geld noch auf dem eigenen Konto liegen.
Der Zeitpunkt des Verzichts spielt grundsätzlich keine Rolle; auch mehr als fünf Jahre zurückliegende Schenkungen werden angerechnet, auch wenn ein anders lautendes Gerücht seit Jahren die Runde macht. Wahr ist, dass das hinzugerechnete «Verzichtsvermögen» jährlich per Jahresanfang um 10'000 Franken reduziert wird.
Welche Folgen eine Hausübertragung an die Kinder noch haben könnte erfahren Sie in diesem Merkblatt.
Meine Geschwister kümmern sich nicht um unsere Eltern, nur ich pflege sie. Kann ich dafür eine Entschädigung verlangen?
Ja, von den Eltern, nicht aber von den Geschwistern. Sie können auch nicht darauf zählen, dass Ihr Engagement beim Erben honoriert wird, denn das Erbrecht sieht keine Entschädigung für die Pflege von Familienangehörigen vor. Wenn Sie mit Ihren Eltern nichts vereinbaren, sind Sie nach deren Tod auf den Goodwill der Miterben angewiesen. Wie Sie eine Entschädigung mit Ihren Eltern regeln können, erfahren Sie im Beobachter-Artikel «Wer zahlt mir Lohn?» .
Nicht nur für die Eltern kann die Pflege zur Belastung werden, sondern auch für die Kinder. Beobachter-Mitglieder erhalten in der Checkliste «Pflege im Alter» weitere Infos, wie sich körperliche Alarmzeichen bemerkbar machen und welche Hilfsstellen sie zur Entlastung ansprechen können.
Betreuung & Erwerbstätigkeit
Silvan Rüegg
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