Christiane Brunner: «Männer legt eure Löhne offen»

Christiane Brunner: «Männer legt eure Löhne offen»

Christiane Brunner

Christiane Brunner, Grande Dame der Frauenbewegung, organisierte vor 28 Jahren den grössten Streik in der Schweizer Geschichte. Der Kampf sei noch lange nicht vorbei, sagt sie.

Quelle: Lea Meienberg

Beobachter: Was machen Sie am 14. Juni, am Frauenstreiktag?
Christiane Brunner: Ich werde am Computer sitzen und das Ganze im Internet verfolgen. Am Frauenstreik von 1991 sah ich all die Bilder, die ganze Vielfalt, erst im Nachhinein in den Medien. Heute kann ich alles online live anschauen.


Sie sind eine Ikone der Frauenbewegung – warum gehen Sie nicht auf die Strasse?
Ich bin 72 und nicht mehr so fit. Wegen meiner Gehbehinderung kann ich nicht den ganzen Tag draussen rumlaufen. Als Ikone sehe ich mich übrigens nicht. Ich habe mich mein ganzes Leben für Frauen eingesetzt und für sie gekämpft, das ist alles.


Sie haben fünf Buben grossgezogen. Werden Ihre Söhne streiken?
Na ja, eigentlich geht es ja mehr um meine Schwiegertöchter. Meine Söhne helfen ihren Frauen natürlich, sie werden die Kinder betreuen, damit die Frauen den Rücken frei haben. Eine ist Radiojournalistin, sie wird streiken. Alle Frauen in ihrer Redaktion werden das tun, die Sendungen an jenem Tag werden nur von Männern gemacht. Das finde ich grossartig.


Wieso braucht es genau jetzt einen Frauenstreik?
Nur schon durch die Ankündigung des neuen Streiks wurden Frauen plötzlich sichtbarer, in den Medien, der Kultur, in fast allen Branchen. Ein gutes Zeichen. Aber Frauen müssen noch mehr gefördert werden. Man darf nie aufhören mit dem Aufbegehren. Sobald man aufhört, geht es rückwärts. Die Frauen müssen immer weiterkämpfen, dranbleiben.
 

• 18,3 Prozent beträgt der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern in der Gesamtwirtschaft (2016).
• 44 Prozent dieser Lohndifferenz sind nicht durch objektive Faktoren zu erklären (Bildung, Dienstjahre, Führungsfunktion).


Wieso wurde denn nicht früher wieder gestreikt? Wieso blieb es fast 30 Jahre lang so ruhig?
Es hat sich einiges bewegt in den letzten Jahrzehnten, aber doch viel zu wenig. Fortschritte gab es beim Eherecht oder beim AHV-Splitting. Aber gerade beim Lohn herrscht Stillstand – von Lohngleichheit sind wir immer noch weit entfernt. Die Gleichstellung ist zwar seit 1981 in der Bundesverfassung verankert, aber die Realität sieht anders aus. Arbeitgeber, die Frauen tiefere Löhne zahlen, müssten von Gesetzes wegen sanktioniert werden können. Da gibt es noch viel zu tun.


Was hat den Ausschlag gegeben, dass die Frauen jetzt wieder laut werden?
Ein Auslöser war sicher die MeToo-Debatte. Sie hat der Frauenbewegung grossen Aufwind beschert. MeToo hat gezeigt: Wenn Frauen zusammenstehen, bekommen sie Macht und können etwas bewirken. Die ganze Bewegung, die aus den USA stammt und in vielen Ländern nachhallt, hat ja etwas Tabubrechendes. Das hat den Frauen sehr geholfen. 1991 war es eher Wut, die uns angestachelt hat, heute ist es diese Macht. Zusammen sind wir stark.


Die Wut ist weg?
Sie ist schon noch da. Weil alles so langsam geht. Das Parlament und der Bundesrat machen zum Beispiel nur kleine Revisionen am Gleichstellungsgesetz, bremsen alles aus. Das macht mich immer noch wütend.
 

«Das Gleichstellungsgesetz ist zwar da, aber seine Anwendung – oder besser Nicht-Anwendung – ist schlimm. Wir haben dafür gekämpft, aber es ist ernüchternd, wie damit umgegangen wird.»

Christiane Brunner, SP-Politikerin


Wie gross ist die Solidarität unter den Frauen?
Sehr gross. Wenn sie sich selber bewusst sind, was für Ungerechtigkeiten sie in der Ehe, in der Familie, im Arbeitsleben erlebt haben, werden sie sich immer wieder dagegen wehren und anderen helfen. Mein Leben lang waren Frauen mit mir solidarisch. Durch MeToo ist nun auch Sexismus ein Thema geworden. 1991 wäre das undenkbar gewesen.


Was war Ihr grösster Erfolg beim ersten Frauenstreik?
Ich wusste ja nicht, ob der Streik klappt oder nicht. Wenn es ein Flop geworden wäre, wäre ich schuld gewesen. Es war etwas total Neues. Dass dann so viele Frauen mitgemacht haben, habe ich nicht erwartet. Eine halbe Million Teilnehmerinnen! Das war sehr emotional. Und sogar das Wetter spielte mit.


Viele männliche Kritiker sagten damals, das war ja gar kein richtiger Streik. Das war nur ein farbiges Happening mit vielen lila Luftballons. Hat Sie das getroffen?
Für mich war die Hauptsache, dass so viele Frauen mitgemacht haben. Wie sie sich beteiligten, war mir ehrlich gesagt egal. Ich fand die bunte Mischung toll. Ein Happening ist ja etwas Schönes. Wenn die Wut der Frauen und ihre Forderungen mit Freude rübergebracht werden konnten, umso besser! Ernsthaftes und Augenzwinkerei schliessen sich doch nicht aus. Im Gegenteil.


Wie haben Sie damals die Frauen mobilisiert?
Wir mussten alle Flyer und Plakate selber verteilen. Das war sehr zeitaufwendig, ich reiste durch die ganze Schweiz und führte unzählige Gespräche. Wir hatten kein Handy, kein Internet. Heute ist es natürlich via Social Media viel einfacher, und deshalb erwarte ich auch noch viel mehr Frauen am diesjährigen 14. Juni. Eine Million wäre doch schön.
 

Vertreten Frauen ihre Anliegen anders als Männer?
Streiks in Männerkreisen sind oft sehr aggressiv, Frauen sind spielerischer, weniger hart, mehr lustbetont. Oft viel kreativer.


«Meine höchste Forderung ist und bleibt die nach Lohngleichheit.»

Christiane Brunner, SP-Politikerin


Wofür müssen die Aktivistinnen von heute denn kämpfen?
Die Forderungen haben sich teilweise etwas geändert. Auf Gesetzesebene ist heute eigentlich alles da, es müsste «nur» noch umgesetzt werden. Es geht jetzt mehr um Respekt und Integrität. Sachen, die die MeToo-Bewegung ans Licht gebracht hat.


Ist es heute schwieriger oder einfacher, Frauenanliegen zu vertreten?
Es war immer schwierig und bleibt es auch. Das Gleichstellungsgesetz ist zwar da, aber seine Anwendung – oder besser Nicht-Anwendung – ist schlimm. Sogar Richter und Anwälte kennen es oft nicht. Wir haben dafür gekämpft, aber es ist ernüchternd, wie damit umgegangen wird. Einfacher macht den heutigen Kampf, dass das Engagement für Frauenrechte besser akzeptiert ist. Ich habe zwar nie einen Genderkurs besucht, aber mich schon mein Leben lang als Feministin bezeichnet, auch als das noch als Schimpfwort galt. «Rote Emanze» nannten sie mich damals. Heute können sich junge Frauen problemlos als Feministin outen. Aber insgesamt ist zu wenig passiert, und das nervt mich gewaltig.


Damit sich etwas bewegt, braucht es auch die Männer. Wie haben sie sich verändert?
Jetzt brauche ich eine Zigarette. (Sie steht auf und zündet sich am Fenster eine Brunette rot an.) Ohne Männer geht die Gleichberechtigung nicht, das stimmt. Die Männer müssten ihre Löhne offenlegen. So simpel. Das ist immer noch ein Tabu in der Schweiz. Man kann ja keinen Prozess anstossen, wenn man nicht weiss, wie viel der andere verdient. Lohntransparenz ist zentral.


Sind die Männer denn nicht offener geworden?
Sie engagieren sich mehr in der Familienarbeit, das ist schön. Aber das reicht halt nicht.


Was ist Ihre Hauptforderung?
Meine höchste Forderung ist und bleibt die nach Lohngleichheit. Der Lohn hat Einfluss darauf, wie gut sich Beruf und Familie vereinen lassen. Sobald das Kind da ist, steckt meist derjenige Elternteil zurück, der weniger verdient. Und das ist fast immer die Frau. Sie bleibt also zu Hause oder arbeitet Teilzeit, während der Mann durchstartet. Das hat aber Auswirkungen auf die zweite Säule, die Rente der Frau wird geringer. Diese Lohnungleichheit zieht sich eben durch das ganze Leben. Es braucht ganz dringend eine Kontrollinstanz, die da draufschaut. Diese Option wurde ja vor ein paar Monaten im Parlament verworfen. Das hat mich sehr geärgert! Wir Frauen hätten sofort den Bundesplatz stürmen müssen.

Zur Person

Christiane Brunner wird 1947 in Genf geboren. Sie arbeitet als Juristin beim Bundesamt für Sozialversicherungen, später als Anwältin in einer Kanzlei.

1981 wird sie für die SP in den Genfer Kantonsrat gewählt, 1991 in den Nationalrat. 1991 organisiert sie den ersten Frauenstreik mit einer halben Million Teilnehmerinnen. 1993 sorgt ihre Nichtwahl in den Bundesrat für Aufruhr – Ruth Dreifuss rückt nach. 1995 wird Brunner Ständerätin und gehört dem Rat bis 2007 an. Im Jahr 2000 übernimmt sie das Präsidium der SP für vier Jahre. Brunner ist die erste Frau an der Spitze einer grossen Gewerkschaft und des Gewerkschaftsbunds.

Sie hat fünf Buben grossgezogen, einen eigenen, einen Adoptivsohn und drei Stiefsöhne. Sie lebt mit ihrem Mann Jean Queloz in Genf.

Interview: Birthe Homann und Daniel Benz

Nicole Janouschek: «Unbezahlte Arbeit gehört entschädigt!»

Nicole Janouschek: «Unbezahlte Arbeit gehört entschädigt!»

Nicole Janouschek

Nicole Janouschek hat ihren Beruf aufgegeben, um ihre schwerbehinderte Tochter zu pflegen. Die Care-Arbeit reisst ein Loch in ihre Altersvorsorge. Das muss sich ändern. 

Quelle: Lea Meienberg

«Es gibt Tage, da fürchte ich um meine psychische Gesundheit. Die Sorgen, die ständigen Arztbesuche, die Erschöpfung. Wie meine Situation aussehen würde, wenn unsere Ehe nicht halten würde – darüber darf ich gar nicht nachdenken. Es bleibt mir nichts anderes, als zu hoffen, dass mein Mann bei einer Trennung fair wäre. Solange es keine Entschädigung gibt für Care-Arbeit, reissen die Betreuungsjahre eine Lücke in die Vorsorge. Wie viele Frauen ziehe ich den Kürzeren.
 

37 Prozent weniger Altersrente erhalten Frauen im Schnitt.


Der Moment, als uns die Ärzte das Bild von Jaras Hirn zeigten, ist präsent wie am ersten Tag. Jara und Jael sind Zwillinge, fünf Jahre alt. Drei Wochen vor der Geburt wurde Jaras Grosshirn durch Sauerstoffmangel fast vollständig zerstört. Als Pflegefachfrau wusste ich sofort, was das heisst. In mir tat sich ein Abgrund auf.

Zeit zum Trauern blieb nicht. Meine drei Kinder – mein Sohn war erst zwei – brauchten mich. Die Ärzte gaben Jara eine Lebenserwartung von Tagen, maximal Wochen. Sie war vollständig gelähmt, trank kaum, litt unter Epilepsie und starken Spasmen. Sie hatte Schmerzen und schlief nachts keine Minute. Wie sollten wir das schaffen?

Das Leben auf den Kopf gestellt

Erst als wir nach Hause durften, hatten mein Mann und ich Zeit, uns bewusst zu werden, dass unser Leben nie mehr so sein würde wie vorher. Jan ging wieder arbeiten, ich blieb daheim. Jara brauchte mich rund um die Uhr. Natürlich hatte ich Angst, den Anschluss im Beruf zu verlieren. Bis zur Geburt der Zwillinge war ich zu 40 Prozent berufstätig gewesen. Und jetzt? Mein Mann führt ein Ingenieurbüro und sagt, er könne als Selbständiger nicht Teilzeit arbeiten. Und ohne sein volles Gehalt würden wir finanziell nicht durchkommen. Für meine eigenen Ambitionen fehlt mir die Kraft. Ich beruhige mich damit, dass ich dank Jara pflegerisch am Ball bleibe.

Zur Pflege des schwerbehinderten Kindes kommt die Bürokratie. Kaum hat man das Würmchen auf dem Arm, muss ein IV-Antrag gestellt werden. Von diesem Moment an ist man in der Mühle: Wie stark ist das Kind eingeschränkt? Wie viel Unterstützung hat man wofür zugut? Wir brauchen eine Anwältin, um den Durchblick zu behalten. Es gibt Momente, in denen mich das enorm wütend macht. 
 

5,6 Milliarden Stunden unbezahlte Arbeit leisten die Frauen in der Schweiz pro Jahr.


Wir haben aber Glück im Unglück – unsere Tochter ist so schwer behindert, dass wir Hilfe bekommen, wenn wir sie am richtigen Ort beantragen. Doch ich wünschte mir eine Case-Managerin, die uns den Papierkram abnimmt. Jara muss gewaschen und künstlich ernährt werden, täglich inhalieren, braucht ein Korsett und Unterschenkelschienen, muss ins Stehbrett. Im Moment kriegen wir 40 Stunden Kispex pro Woche durch die IV. Die Hälfte davon brauchen wir für die Nachtwachen. Und dann habe ich habe ja noch zwei andere Kinder, die ihre Mama brauchen.

Bei zu viel Stress «chlöpft» es

Kürzlich waren wir wieder fünf Tage im Spital. Solche Zeiten bringen uns alle an die Grenzen: Schlechte Nächte, die Angst, nicht herauszufinden, was Jara fehlt, lassen Wut, Trauer und Ohnmacht aufkommen. Dann werde ich dünnhäutig, es ‹chlöpft› in der Familie. Wenn ich krank würde, bräche unser ganzes System zusammen. Ich kenne Jara am besten und habe ein Sensorium dafür entwickelt, wie es ihr geht. Das ist eine unglaubliche Verantwortung.

In ganz struben Zeiten werde ich neidisch auf meinen Mann. Ich sehe ihn vor mir, wie er in Ruhe zu Mittag isst, sich ungestört unterhalten kann. In solchen Momenten würde ich sofort tauschen, obwohl ich natürlich weiss, dass er im Geschäft unter Druck steht.

Was wirklich helfen würde, wäre ein Hospiz, ein Ort, an dem Fachleute unser krankes Kind begleiten. Dann könnte ich einmal ein paar Tage Yogaferien machen. Jan sagt heute schon: Geh! Mach! Aber ich traue mich nicht. Was, wenn Jara genau dann krank wird?

Ins Heim? Diese Frage stellt man uns immer wieder. Natürlich würde das einiges vereinfachen. Ich kann es nicht rational erklären, aber: Das kommt für mich nicht in Frage. Es würde mir das Herz abdrücken. Jara gehört zu uns.»

(aufgezeichnet von Tanja Polli)

Nora Bienz: «Mehr Frauen in die Chefetage!»

Nora Bienz: «Mehr Frauen in die Chefetage!»

Nora Bienz

Nora Bienz ist angehende Intensivmedizinerin. Die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz ist in der Medizin besonders ausgeprägt – auch weil die Chefs Männer sind. 

Quelle: Lea Meienberg

«Ich hatte einen Plan. Ich wusste, wo ich hinwollte. Schon während des Studiums habe ich meine praktischen Ausbildungen so gelegt, dass ich irgendwann einmal an einem Operationstisch in der Gynäkologie stehen konnte. Die Chirurgie, dafür brannte mein Herz. Die manuelle Herausforderung, die Intensität der Arbeit, die knappe Zeit für wichtige Entscheidungen, der ganze Druck – darin bin ich aufgegangen.

Ich bin heute, acht Jahre nach dem Studium, nicht Chirurgin. Trotz meines Plans, trotz meiner Leidenschaft. Ein chirurgischer Chefarzt würde mit Blick auf meine medizinische Laufbahn wohl sagen: Sie hat es einfach zu wenig gewollt. Das stimmt. Wenn Wollen bedeutet, dass man alles andere dafür aufgeben soll, dann habe ich die Chirurgie zu wenig gewollt.

Ich sage mit Blick auf meine medizinische Laufbahn: Es gibt eine Reihe von Gründen, warum ich meinen Traum von der Chirurgie aufgegeben habe. Dass ich eine Frau bin, ist einer davon.

Um es gleich vorwegzunehmen: Ich bin glücklich, wo ich heute bin. Fachärztin der Inneren Medizin. Wenn alles gut geht, habe ich den zweiten Facharzt für Intensivmedizin Ende 2021 in der Tasche. Aber ich kann und will mich nicht länger damit zufriedengeben, dass wir Frauen in der Medizin immer wieder an die gläserne Decke stossen.

In der Mehrheit, aber nicht im Kader

Aktuell beträgt der Frauenanteil bei den Staatsexamen rund 60 Prozent. Die Medizin ist zunehmend weiblich. Doch die Chefarztetage bleibt männlich. Die Frauen kommen oben nicht an. Am Inselspital in Bern beträgt der Frauenanteil im Kader gerade mal 14 Prozent. Das grösste Spital in der Deutschschweiz. Das darf nicht sein.

Ähnlich klein ist der Frauenanteil in den Fachbereichen der Chirurgie. In der Orthopädie sind es bloss 10 Prozent Frauen. Und diese Zahl hat wenig damit zu tun, dass sich Frauen halt eher für typisch ‹weibliche› Fachrichtungen wie Kinder- oder Hausarztmedizin interessieren. So erklärte es der oberste Schweizer Arzt, FMH-Präsident Jürg Schlup, letzten Herbst in der Sendung ‹10 vor 10›.

Bei solchen Aussagen geht mir der Laden runter. Sie stimmen einfach nicht. In meinem Umfeld häufen sich die Fälle von jungen und talentierten Ärztinnen, die alles mitbringen, was es für eine steile Karriere braucht, aber einfach nicht weiterkommen. Oder dort nicht weiterkommen, wo sie ursprünglich weiterkommen wollten. Warum? Weil die Spitalstrukturen noch immer von Männern für Männer geprägt sind.

Besser qualifiziert, aber nicht gewählt

Ein Beispiel: Eine junge Chirurgin aus meinem Umfeld ist lange gut vorwärtsgekommen. Eigentlich hatte sie das Niveau einer Oberärztin, aber nicht sie wurde befördert, sondern ein männlicher Kollege. Einer, der jünger war als sie, mit weniger Erfahrung. Meiner Kollegin hatte man gesagt, dass gerade keine Oberarztstelle frei sei. Die Wahrheit ist: Frauen in den Dreissigern haben einfach schlechte Karten. Meine Kollegin hätte irgendwann Mutter werden können, dann hätte sie gefehlt. Da wählte man lieber den weniger qualifizierten Mann.

Das Hauptproblem ist: Die ältere Generation von Chefärzten oder leitenden Ärzten sind mehrheitlich Männer. Die meisten haben eine Frau zu Hause, die ihnen den Haushalt und die Kinder abnimmt, das Sozialleben organisiert. Dafür können sie praktisch im Spital leben. Das sind oft Chefs, die denken, dass man nur ein guter Arzt sein kann, wenn man immer präsent ist. Für Ärztinnen ist das schwierig. Genau in der Zeit, in der Familienplanung eine Rolle spielt, müssen sie in ihre medizinische Karriere investieren.

Logisch, man kann im Leben nicht alles haben. Das ist ein Fakt. Aber ganz ehrlich? Mutter sein und Karriere machen sind jetzt weiss Gott nicht wahnsinnige Ansprüche ans Leben. Für Väter funktioniert es ja auch.
 

27 Prozent weniger verdienen Ärztinnen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen.


Auch wenn sich Chirurginnen gegen eine Familie entscheiden, ist ihre Situation anders als die der Chirurgen. Das wird vielen Ärztinnen im Laufe der Facharztweiterbildung bewusst. In der Chirurgie braucht man einen Förderer, man muss ellbögeln, drängen und schauen, dass man zu den spannenden Operationen kommt. Wenn eine Frau diese Ader zeigt, wird sie nicht selten als karrieregeile Zicke wahrgenommen. Ein Mann mit denselben Eigenschaften gilt hingegen als ehrgeizig und zielstrebig. Das ist nicht nur in der Medizin ein Problem. Ähnliches höre ich auch aus anderen Branchen.

Ein anderes Beispiel aus meinem Umfeld: Beim Mitarbeitergespräch hielt der Chef einer Kollegin vor, dass ihr eine der wichtigsten Eigenschaften eines Chirurgen fehle: Sie sei einfach zu wenig von sich selbst überzeugt.

Genau wie ich wusste sie bereits seit dem Studium, dass sie Chirurgin werden wollte. Sie legte ihre Praktika zielstrebig darauf aus, inklusive Wahlstudienjahr in den USA. Für die beste Chirurgin hielt sie sich nicht, sie war ja erst am Anfang der praktischen Ausbildung. Ihre männlichen Kollegen hatten offenbar weniger Probleme, sich selbst richtig gut zu finden.

Die Kollegin hat sich mittlerweile für eine andere Fachrichtung mit weniger Hierarchie und mehr Flexibilität entschieden. Auch sie ist eine der vielen talentierten Ärztinnen, die auf dem Weg in die Chefetage rausgeekelt wurden.

400 Stunden Überzeit reichen nicht

Ich selber begann an meiner Fachrichtung zu zweifeln, als mich der Chef beim Bewerbungsgespräch für die gynäkologische Anschlussstelle fragte, ob ich denn bereit sei, privat zurückzustecken. In meinem ersten Jahr habe ich zusätzlich zu meiner 50-Stunden-Woche 400 Stunden Überzeit gemacht. Ausserdem hatte ich damals fast keine weiblichen Vorbilder in der Chefetage, oder keine, die glücklich waren.

Ich klettere viel, gehe bergsteigen und mache Skitouren. Das braucht Freizeit, die ich nicht mehr wirklich hatte. Auch meine Arbeit als Präsidentin der Berner Sektion des Verbands von Assistenz- und Oberärztinnen kam zu kurz. Ich rechnete nicht damit, dass sich die Arbeitsbedingungen in der Chirurgie bald grundlegend ändern würden.

Mein damaliger Chef hatte mir seine Arbeitseinstellung vorgelebt. Er war Chirurg durch und durch. Ferien bedeuteten für ihn, dass er nicht am Klinikalltag teilnehmen, keine Sprechstunden durchführen musste, sondern nur operieren durfte. Am frühen Nachmittag war er fertig, dann machte er Feierabend. Das waren Ferien für ihn. Er war glücklich. Aber ich hätte so niemals glücklich werden können.
 

«Talentierte Ärztinnen kommen nicht weiter. Obwohl sie alles mitbringen.»

Nora Bienz, Ärztin


Wir Ärztinnen sollten uns die männlich geprägten Strukturen und Kulturen in der Medizin weniger gefallen lassen. Aber das Problem ist halt: Mindestens bis wir die Facharztprüfung geleistet haben, sind wir abhängig von unseren Chefs. Sie nehmen die Prüfung ab. Das führt dazu, dass man Sachen schluckt, die eigentlich nicht in Ordnung sind. 

Den Männern geht es in dieser Hinsicht nicht besser. Es gibt immer mehr Ärzte, die sich einen Ausgleich neben dem Beruf wünschen. Mehr Zeit für Hobbys und soziale Kontakte. Oder einen Familientag für die Väter. Aber leider gibt es noch immer jene, die bereit sind, für ihre Karriere alles zu opfern. Und wenn man als Chef, der alles geopfert hat, die Auswahl hat, dann wählt man natürlich den, der genauso bereit ist, alles zu opfern.

Das Warten auf den Kulturwandel

Es gibt aber auch Geschichten, die Hoffnung machen. In Solothurn teilen sich zwei Frauen eine stellvertretende Chefarztstelle mit je einem 60-Prozent-Pensum. Und es funktioniert gut. Wie lange es wohl geht, bis auch die mehrheitlich männlichen Chefärzte erkennen, dass die Medizin dringend frische Strukturen und einen Kulturwandel braucht, damit talentierte Ärztinnen nicht auf halbem Weg ausscheiden?

Jetzt bin ich 33. Ich habe hohe Ansprüche. An mich als Ärztin, aber auch an die Arbeitsbedingungen in der Medizin. Das Ziel: den Facharzt bis 2021 machen. Wenn ich irgendwann noch Kinder will, dann muss ich mich in den nächsten zwei, drei Jahren dafür entscheiden. Mit kleinen Kindern müsste ich meine Karriere sicher für einige Zeit einfrieren. Ich liebe meinen Beruf. Ehrlich gesagt weiss ich nicht, wie ich mich entscheiden werde.»

(aufgezeichnet von Anina Frischknecht und Birthe Homann

Franziska Zemp: «Stellt Mütter ein, sie sind ein Gewinn!»

Franziska Zemp: «Stellt Mütter ein, sie sind ein Gewinn!»

Franziska Zemp

Franziska Zemp ist Neuropsychologin und hat zwei kleine Kinder. Sie ärgert sich, dass Muttersein in der Berufswelt nicht positiver gewertet wird.

Quelle: Lea Meienberg

«Seit ich Mutter bin, bin ich viel effizienter im Job. Ich gebe Vollgas, bin total motiviert. Ich kann mich besser organisieren, weil ich muss. Und ich habe meinen Perfektionismus abgelegt. Die Firmen müssten sagen: ‹Wow, so cool, eine Teilzeitmutter. Die stellen wir an.› Doch es heisst immer wieder: ‹Die muss doch früh nach Hause und fehlt wegen kranker Kinder.› Die Gesellschaft sollte endlich merken, wie wertvoll arbeitende Mütter sind. Ihre Effizienz und Motivation sind gewinnbringend. Die Firmen sollten mehr Mütter einstellen.
 

59 Prozent der Frauen gehen einer Teilzeitarbeit nach. Bei den Männern sind es 18 Prozent.


Die hohen Kosten für die Kita ärgern mich ebenfalls. Sie fressen fast die Hälfte meines Lohns weg, obwohl wir zwei vergünstigte Plätze haben. Dass ich arbeiten gehe, rechnet sich momentan also nicht. Der Staat gibt mir einen Anreiz, ein Studium zu machen, damit ich danach Vollzeit Kinder grossziehe. Das ist absurd.

Bevor ich schwanger wurde, haben mein Mann und ich nie über die Arbeitsteilung gesprochen. Es war selbstverständlich, dass ich als Neuropsychologin weiterarbeiten würde. Aus dem Berufsleben aussteigen könnte ich nicht. Nach sechs Monaten Mutterschaftsurlaub mit dem zweiten Kind war ich sehr glücklich, wieder arbeiten zu können. Mit den Kindern war es schön, aber anstrengend. Es war, als hätte ich sechs Monate pausenlos durchgearbeitet. Dass der Haushalt so einen grossen Stellenwert erhielt, hat mir aufs Gemüt geschlagen.

Zwei Tage Fremdbetreuung reichen

Ich bin pro Kita. Aber es ist genug, wenn meine Kinder zwei Tage pro Woche fremdbetreut werden. Wenn mein Mann und ich zur Arbeit pendeln, sind sie bis zu elf Stunden dort. Das ist sehr lang. Den dritten Tag übernehmen meine Eltern. Die anderen zwei Wochentage schaue ich den Kindern.

Mehr als drei Tage will ich derzeit nicht arbeiten. Die dreijährige Tochter und der einjährige Sohn würden mir zu sehr fehlen. Als die Ältere in der Trotzphase war, warf ich mir ab und zu vor, ich hätte zu wenig Zeit für sie. Es ist noch immer herausfordernd. Aber ich bin sicher, dass meine Familie von meiner Freude am Beruf profitiert.
 

23 Prozent der Frauen mit Kindern unter vier Jahren sind nicht erwerbstätig.


Ich habe viel Energie, bin ehrgeizig und suche die Herausforderung. Deshalb habe ich mich entschlossen, eine zweijährige Weiterbildung zu machen neben meinem 50-Prozent-Job am Kinderspital St. Gallen. Zusammen mit dieser Ausbildung arbeite ich 60 Prozent. Für mich ist die Belastungsgrenze damit erreicht.

Der Mann kocht häufiger

Mein Mann ist in Indien aufgewachsen und fürs Studium an der ETH in die Schweiz gekommen. Er arbeitet zu 100 Prozent als Umweltingenieur, aber den Haushalt teilen wir uns. Wenn ein Kind krank ist, wechseln wir uns ab mit Zu-Hause-Bleiben. Er kocht viel häufiger als ich. Ich organisiere mehr die Freizeit mit den Kindern. Oft müssen wir am Sonntagabend noch schnell sauber machen, bevor am Montag früh meine Eltern aus Wattwil kommen, um den Tag mit den Kindern zu verbringen. Sie sind sehr engagiert. Ohne sie ginge es nicht. Unsere Kinder lieben ihre Grosseltern.

Meinem Mann war immer klar, dass er 100 Prozent arbeiten würde. Als Ausländer hatte er grosse Probleme, nach dem Studium eine Festanstellung zu finden. Ich finde es gut, dass er Vollzeit arbeitet. Ihm hat sich nun unerwartet eine 80-Prozent-Stelle aufgetan. Das freut uns sehr. Bald übernimmt er einen Tag pro Woche die Kinder. Das wird für uns alle vier lehrreich.
 

«Ich wünsche mir, dass mehr Väter ihr Pensum reduzieren. Und mehr Firmen Teilzeitstellen anbieten.»

Franziska Zemp, Neuropsychologin


Ich finde nicht, dass Mütter und Väter zwingend je gleich viel Zeit mit den Kindern verbringen müssen. Ich glaube, Mütter haben häufig das grössere Verlangen nach Kinderzeit. Das heisst aber nicht, dass sie besser mit Kindern umgehen können als Väter. 

Ich wünsche mir jedenfalls, dass mehr Väter ihr Pensum reduzieren und mehr Firmen Teilzeitstellen anbieten. An den Frauenstreik gehe ich deswegen aber nicht. Das ist mir zu einseitig. Die Männer müssten mitlaufen. Ich ziehe persönliche Überzeugungsarbeit dem Demonstrieren vor. Wenn Männer erst einmal Teilzeit arbeiten, werden sie schnell merken, wie viel ihnen das Jonglieren zwischen Job und Kind persönlich bringt.»

(aufgezeichnet von Yves Demuth)

Anne-Sophie Keller: «Frauen, seid mal dreist wie Männer!»

Anne-Sophie Keller: «Frauen, seid mal dreist wie Männer!»

Anne-Sophie Keller

Anne-Sophie Keller kämpft gegen stereotype Rollenbilder. Frauen sollen mehr Chuzpe zeigen, sagt die Autorin und Journalistin.

Quelle: Lea Meienberg

«In meinem Kinderzimmer herrschte das Matriarchat: zwei Dutzend Barbies, ein Ken. Mehr männliche Rollen waren nicht vorgesehen in diesem Kosmos. Natürlich verstehe ich die Kritik an Barbie. Ihre Körpermasse sind komplett unrealistisch, das kann Gift sein fürs Selbstvertrauen junger Mädchen. Ich fand aber einen gesunden Umgang mit der Plastikpuppe. Ich steckte sie nicht einfach in hübsche Kleidchen und bürstete pausenlos ihr blondes Haar. Nein, ich schickte meine Barbie zur Arbeit – in einem rosaroten Auto.

Baumhütten bauen, Flüsse stauen, Sachen halt, die man gemeinhin Buben zuschreibt, das war nicht so meine Welt. Ich leitete das Prinzessinnen-Ressort in unserer Familie. Ein Grund dafür war sicher der Mangel an starken Frauenfiguren, die Vorbild hätten sein können. Es gab Pippi Langstrumpf aus den Büchern – damit hatte es sich aber schon. 

Mein Vater ging Alimente verdienen, die allein erziehende Mutter bestritt ein kleines Sekretariatspensum. Normale, mittelständische Welt in Thun. Meinen Eltern mache ich keinen Vorwurf, ihrer Generation schon. Damals dachte man: Alles kommt gut. Dabei lief wenig bis gar nichts in den Neunzigern. In Sachen Gleichstellung sind wir meilenweit vom Ziel entfernt. Ich bin noch täglich daran, mich zu emanzipieren.

Frühe Gehirnwäsche

Wenn ich Mädchen sehe, die mit Glitzerschuhen und Handtäschchen in den Kindergarten spazieren, irritiert mich das. Die Nachfrage für geschlechterspezifische Produkte scheint ungebrochen. Da findet ganz früh im Leben eine Gehirnwäsche statt. In den Läden bekommt man ja kaum mehr ein Unisex-Duschgel. Entweder das rosa Glitzer-Prinzessinnen-Bad oder das blaue Piraten-Abenteurer-Bad.

Für Eltern ist es schwierig, diesen Mist nicht zu kaufen. Kinder wollen das! Dazugehören wollen ist menschlich, klar. Schnell wird daraus schädlicher Gruppendruck. Die Mädchen, die ich hüte, haben ein iPad-Spiel, bei der sie einer Figur Pickel und Falten wegretuschieren können. Furchtbar.
 

28 Prozent der Mädchen zwischen 5 und 7 bekommen Taschengeld. Bei den Buben sind es 43 Prozent.


Wer früh in eine Rolle gezwängt wird, kämpft ein Leben lang mit den Folgen. Ich kenne keine Frau, die sich nie Gedanken macht über ihr Gewicht oder ihr Aussehen. Ich sehe es in meinem Kolleginnenkreis. Alles gut ausgebildete, emanzipierte und intelligente Frauen. Doch das Gefühl, nicht zu genügen, das Gefühl, sich anpassen zu müssen, kennen wir alle. Eltern müssen sich bewusst sein: Es macht etwas mit der Tochter, wenn sie ihr Kinderzimmer mit einem gertenschlanken Püppchen teilen muss. Im schlimmsten Fall entwickelt ein junges Mädchen eine Essstörung.

Plötzlich Sachen tun, die frau gar nicht will

Beim Job, auf Festivalbühnen, in der Politik: Frauen sind überall untervertreten. Die Gründe dafür sind bereits in der Kindheit zu finden. Mädchen bekommen später Sackgeld, sie müssen viel öfter zu ihren jüngeren Geschwistern schauen. Viele lernen nie, ihre Bedürfnisse zu kommunizieren. So gleiten sie in eine passive Rolle, und plötzlich machen sie Dinge, die sie eigentlich gar nicht wollen.

Auch ich bin vor diesen Klischees nicht gefeit. Mit zwanzig zog ich nach Zürich. In der WG-Sprache heisst Rollenverteilung ‹Ämtliplan›. Mit meinem Mitbewohner, einem ETH-Studenten, teilte ich die Putzarbeit. Eine Woche er, eine Woche ich. Klar war hingegen, wer kaputte Sachen repariert: er.

Wer denkt, Sexismus finde bei der Arbeit nicht statt, hat Tomaten auf den Augen. Ich wurde noch drei Jahre nach Stellenantritt ‹Schätzeli› genannt. Es gab anzügliche Bemerkungen, übergriffige, grenzwertige Sprüche. Auch von Chefinnen. Wer aufmuckt, begibt sich nicht selten in Teufels Küche. Als ich einmal wie ein Mann meinen Lohn verhandelt hatte, gab es Stunk. Wenn sich frau als durchsetzungsfähig zeigt, gilt frau sofort als zickig. 

Männer krallen sich die interessanten Jobs, Frauen räumen die Tassen vom Sitzungstisch. Man will nett sein – und wird nicht ernst genommen. Den ‹toughen Shit›, den traut man dir dann nicht mehr zu. Frauen brauchen die Chuzpe, auch mal dreist zu sein. Sie sollten öfter sagen: ‹Ich mache das jetzt. Punkt.›»

(aufgezeichnet von Peter Aeschlimann)

Was der erste Frauenstreik 1991 bewirkt hat

Was der erste Frauenstreik bewirkt hat
1991

Am 14. Juni ruft der Schweizerische Gewerkschaftsbund den ersten landesweiten Frauenstreik der Schweiz aus. Unter dem Motto «Wenn Frau will, steht alles still» demonstrieren rund 500'000 Frauen. Es ist der bisher grösste politische Streik des Landes.

1993

Die offizielle SP-Bundesratskandidatin Christiane Brunner wird nach einer politischen Schlammschlacht nicht gewählt. Tausende Frauen gehen auf die Strasse. Die breite 
Protestbewegung führt eine Woche später zur Wahl der SP-Gewerkschafterin Ruth Dreifuss als Bundesrätin. Der sogenannte Brunner-Effekt prägt die Schweizer Politik 
in den folgenden Jahren.

Christiane Brunner und Ruth Dreifuss im Jahr 1993
Quelle: Keystone/Str
1996

Das Gleichstellungsgesetz tritt in Kraft. Es stellt verbindliche Regeln für die Umsetzung des Gleichstellungsartikels auf und enthält auch ein Verbot der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz.

2002

Die Fristenregelung wird mit 
72 Prozent Ja-
Stimmen angenommen. Sie 
erlaubt einen straffreien Schwangerschaftsabbruch während der 
ersten 12 Wochen.

2004


Die Vergewaltigung in der Ehe und in hetero- oder homosexuellen Partnerschaften 
wird zum Offizialdelikt.

2005


Nach drei erfolglosen Anläufen findet die Vorlage für eine Mutterschaftsversicherung eine Volksmehrheit. Damit wird ein Verfassungsartikel aus dem Jahr 
1945 endlich umgesetzt.

2010


Mit der Wahl von Simonetta Sommaruga in den Bundesrat wird die Schweiz erstmals von einer Frauenmehrheit regiert.

Die Mitglieder des Schweizer Bundesrats im Jahr 2010
Quelle: Keystone / Alex Spichale
2017


Women's March auch in Zürich und Genf. Die 
MeToo-Bewegung (gegen Gewalt an Frauen, sexuelle Belästigung und Sexismus) geht viral.

2019


Die 1.-Mai-Demonstrationen in der ganzen Schweiz 
stehen im Zeichen des zweiten Frauenstreiks.

1.-Mai-Demonstration
Quelle: Ennio Leanza/Keystone
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Dominique Strebel, Beobachter-Chefredaktor
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